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Mariannes Traenen

Mariannes Traenen

Titel: Mariannes Traenen
Autoren: Andreas M.
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stimmt’s?“
    Marianne schwieg.
    „Ja, ich war verheiratet. Und ja, ich bin geschieden.“
    „Wieso? Was ist mit deiner Frau?“
    Rudolf hob die Schultern. „Um ehrlich zu sein – ich weiß es nicht. Ich habe sie seit fast zwei Jahren nicht mehr gesehen. Da hat sie mich verlassen. Die Scheidung geschah dann mehr oder minder anonym; das haben alles die Anwälte unter sich geregelt. Wo sie heute ist und wie es ihr geht – ich habe keine Ahnung.“
    „Zahlst du ihr denn keinen Unterhalt?“
    Rudolf schüttelte den Kopf. „Sie wollte keinen.“
    „ Und sie war Masochistin?“, hakte Kathrin nach. „Wieso hat sie dich verlassen? Hast du’s übertrieben?“
    Rudolf zögerte, bevor er antwortete. „ Eigentlich war es umgekehrt. Sie hat übertrieben.“ Er atmete tief durch. „Wenn man da von übertreiben sprechen kann.“
    „Sie hat übertrieben ?“, fragten Marianne und Kathrin beinahe gleichzeitig, und beide klangen gleichermaßen überrascht.

    „Sie wollte … mehr“, erklärte Rudolf, nun mit sehr leiser Stimme. „Sie wollte es total, umfassend … Echt , wie sie es nannte. Echt sollte es sein. Ja, sie wollte es echt, echte Sklaverei . Sie wollte, daß ich sie einschließe, im Keller halte, daß ich sie einkerkere. Sie wollte, daß ich Dinge mit ihr tue, denen sie normalerweise nicht zustimmen würde. Ich sollte sie dazu zwingen. Egal was – nur echt sollte es sein. Und als ich mich geweigert habe, hat sie sich Männer gesucht, die dazu bereit waren.“ Entgegen seiner Art sprach Rudolf, ohne die anderen anzuschauen.
    „Als ich einen Vertrag bei ihr entdeckte über ein Jahr Gefangenschaft mit Haltung in Ketten, erzwungener Prostitution und ohne ihre Möglichkeit, Praktiken abzulehnen oder vorzeitig auszusteigen, wurde mir klar, daß ich längst nicht mehr wichtig war. Daß das, was sie wollte, mit mir nichts mehr zu tun hatte. Da hatte sie sich schon von mir gelöst.“
    „ Wow!“, sagte Kathrin. „Das ist heftig!“
    „Das letzte, was ich von ihr gesehen habe “, fuhr Rudolf fort, „war wie sie nackt bei einem fremden Mann in den Kofferraum kletterte. Der hatte da so einen Hundekäfig drin. Sie hat mich nicht ein einziges Mal mehr angeschaut. Der Typ auch nicht. Der hat nur den Käfig abgeschlossen, ist eingestiegen und weggefahren. Kein Abschied, kein Auf Wiedersehen, nichts.“
    Rudolf nahm sein Glas vom Boden und trank es in einem Zug aus.
    „Nach einem Jahr kam ein Brief von ihr und ein zweiter von einem Anwalt. Sie wollte die Scheidung.“ Er sah auf. „Das war’s. Das war alles.“

    Konrad hatte sich aufgerichtet. „Ist sie bei dem Typ geblieben?“
    „Wie gesagt – ich weiß es nicht . Ich habe nur die beiden Briefe bekommen, das Scheidungsverfahren wurde eingeleitet, sie hat vor einem Richter in Görlitz ihren Willen erklärt – das war alles, was ich erfahren habe. Sie hatte mir offenbar nichts mehr zu sagen.“
    „Hast du nach ihr gesucht ?“, fragte Marianne zögernd.
    Rudolf schüttelte mit langsamer Bewegung den Kopf.
    „Warum nicht?“ Diesmal fragte Kathrin.
    „Wozu hätte ich sie suchen sollen? Es wäre zwecklos gewesen“, erklärte Rudolf. „Sie liebte mich nicht, das war offensichtlich. Sie wollte nur noch ihr Ding leben, in dieser Form war ich dazu nicht bereit, deswegen hat sie mich verlassen, Punkt. Das Andere war ihr wichtiger als ich, als unsere zehn Jahre Ehe, als ihr Kind. Wozu hätte ich sie also suchen sollen? Um ihr zu helfen? Sie will keine Hilfe. Sie will einen Käfig im Keller und ein Leben ohne Später, ohne Konsequenzen. Sie zu suchen wäre sinnlos.“

    „Du hast ein Kind?“
    „Ich habe eine Tochter. Die lebt bei meiner Schwester, wenn ich auf Tour bin.“
    „Du bleibst nicht an einem Ort?“ Aus Mariannes Frage klang eine unbestimmte Furcht. Doch Rudolf wollte darauf offenbar nicht antworten.
    „Wieso hast du mir geholfen?“
    „Du hast mir gefallen.“
    Marianne klappte die Kinnlade herunter bei der Eröffnung.
    „Und du hast mich darum gebeten.“
    „Aber … aber … was, wenn … wenn ich dir nicht gefallen hätte?“
    Rudolf zuckte mit den Achseln. „Das weiß ich nicht. Es war eben so und nicht anders. Eigentlich wollte ich ja nur eine Woche wandern. Stattdessen habe ich dich angekettet vorgefunden, und du bist eine sehr schöne und mutige Frau. Du hast mich um Hilfe gebeten, hattest dich jedoch zugleich für die Sklaverei entschieden, um deine bürgerliche Existenz und die deiner Tochter zu bewahren. Rechte über dich zu
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