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MARCO POLO Reiseführer Lüneburger Heide, Wendland

Titel: MARCO POLO Reiseführer Lüneburger Heide, Wendland
Autoren: Klaus Bötig
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beiden Seiten. Die Wohnung des Hofbesitzers am entgegengesetzten Ende des Hauses nimmt nur wenig Raum ein. Vor diesem Wohnbereich liegt das sogenannte Flett mit einer offenen Feuerstelle sowie den Schlaf- und Arbeitsräumen des Gesindes. Im aus dem Feuer aufsteigenden Rauch wurden Schinken und Wurstwaren geräuchert; zugleich konservierte der Rauch auch die Holzbalken und hielt Ungeziefer fern.
PFERDEGIEBEL
    Ein auffallendes Merkmal vieler Bauernhäuser sind die geschnitzten Pferdeköpfe als Giebelzier an den Enden des Dachfirsts. Im nördlichen Teil der Heide sind die Pferdeköpfe meist nach innen gedreht und einander zugewandt; im südlichen Teil überwiegen Giebel mit nach außen schauenden, einander abgewandten Pferdeköpfen. Dass sie als Windschutz für die Firstenden dienen, ist eindeutig; ansonsten ist ihre Bedeutung umstritten. Manche sehen in ihnen germanische Symbole für Krieg und Landnahme, andere sprechen ihnen eine Unheil abwehrende Funktion zu.
ROTE ROSEN
    Seit 2006 wird in Lüneburg die ARD-Soap „Rote Rosen“ gedreht, die es inzwischen schon auf über 1000 Folgen brachte. Die Geschichte um drei Generationen wirbt so ganz nebenbei an jedem Montag- bis Freitagnachmittag für die schöne, alte Salzstadt. Die Bewohner haben sich an die häufig im Stadtbild tätigen Filmteams gewöhnt, die Tourismusstrategen bieten Stadtführungen zu den Schauplätzen der Telenovela an.
STORCHENNESTER
    Störche sind in der Elbtalaue so häufig vertreten wie sonst nirgends in Niedersachsen. Über 100 Paare der auf der Roten Liste gefährdeter Tierarten stehenden Vögel nisten hier und brüten jährlich etwa 200–300 Junge aus. Naturschutzzentren informieren über sie und gewähren teilweise via Webcam Einblick in ihre Nester. Die Deutsche Storchenstraße führt Besucher von Standort zu Standort.
ZUCKER
    Im Herbst bringen die Rübenbauern im Umkreis von Uelzen ihre Feldfrüchte ins Werk der Nordzucker AG, die daraus Zucker und Melasse gewinnt, die u. a. für die Herstellung von Hefe und Spiritus benötigt wird. Drei Monate lang werden im Uelzener Werk täglich über 17 000 t Zuckerrüben verarbeitet. Am Ende des Quartals sind daraus dann über 230 000 t schönster Zucker geworden.
ZWISCHENLAGER
    In den Siebzigerjahren wurde der Beschluss gefasst, die unterirdischen Salzstöcke bei Gorleben im Wendland auf ihre Eignung als Endlager für radioaktive Abfälle zu untersuchen. 1995 entschied das Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz, dass die Arbeiten zulässig sind. 1996 wurde der erste Castor-Spezialbehälter mit abgebrannten Brennstäben aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague unter dem Schutz von 9000 Polizisten nach Gorleben gebracht, das nun nach offiziellem Sprachgebrauch zunächst voraussichtlich zumindest bis 2030 als „Zwischenlager“ dient. Seitdem finden nahezu jährlich solche Transporte unter massivem Polizeischutz statt. Wie der Buchstabe X aussehende, gelbe Andreaskreuze in Vorgärten und an Hauswänden künden vom Widerstand der Einheimischen nicht nur gegen die Castortransporte, sondern auch gegen die Fortsetzung der Arbeiten im „Erkundungsbergwerk“ Gorleben, das inzwischen auch immer mehr Wissenschaftler als ungeeignet für ein Atommüllendlager betrachten. Christliche Kreuze stehen auf Waldlichtungen direkt an Zwischenlager und Erkundungsbergwerk von Gorleben. An ihnen finden sich schon seit 1989 an jedem Sonntag um 14 Uhr viele Menschen beim „Gorlebener Gebet“ zu Anti-Atom-Andachten ein.

Bild: Straßencafé in der Lüneburger Altstadt
In der Heide isst man der Natur ganz nah. Regionale Spezialitäten stehen auf den Karten fast aller guten Restaurants; die Zutaten kommen häufig von heimischen Höfen.
    Schließlich ist die Heide überwiegend Agrarland – und noch dazu eins, in dem sich viele Bauern dem biologischen Anbau verschrieben haben. Besonders stark ist diese Ökobewegung im Wendland, wo das geplante Atommülllager in Gorleben zur Bewusstseinsschärfung der Bauern beigetragen hat.
    Am bekanntesten sind sicherlich die vielfältigen Heidschnuckengerichte. Etwa die Hälfte des jährlichen Nachwuchses, fast alle männlichen Schnucken und einige ältere Muttertiere, wird ab Ende August als Schlachtvieh verkauft. Von September bis November kommt das Fleisch frisch in den Handel, danach überwiegend tiefgefroren oder zu Wurst verarbeitet in Dosen. Heidschnucke schmeckt anders als Lamm. Das Fleisch sieht viel dunkler aus, ist fettarm und erinnert geschmacklich an Wild.
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