Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mara und der Feuerbringer, Band 3: Götterdämmerung (German Edition)

Mara und der Feuerbringer, Band 3: Götterdämmerung (German Edition)

Titel: Mara und der Feuerbringer, Band 3: Götterdämmerung (German Edition)
Autoren: Tommy Krappweis
Vom Netzwerk:
Weissinger dazu übergegangen, seinen Chor alles ausrufen zu lassen, was von der alten Religion noch übrig war. Und der Erfolg gab ihm recht: Immer deutlicher wurden die Schemen der Götter, und immer näher kamen sie. Neugierig, fast wie kleine Kinder schienen sie sich aufgeregt auszutauschen und jeden neuen Fakt zu diskutieren. Dafür war der Professor inzwischen von den direkten Namen abgerückt und dazu übergegangen, Reste der alten heidnischen Religion im Heute aufzuzählen.
    »Odins Totenheer, Wutanes her und alle sine man: der Fasching, das Perchtenspringen!«
    »Totenkult: Leichenschmaus, Beisetzung in Kleidern!«
    »Die Firmung!«
    »Die Haltung der Hände beim Beten!«
    »Kirchen auf euren alten Opferplätzen!«
    »Die Feen!«, rief Mara dem Professor zu.
    »Die Feen!«, rief der Professor übermütig und hängte hinten dran: »Wurden aus euren Nornen! Ach ja, und das Martinsfest, die Umzüge, die Johannisfeuer, das Fruchtbarkeitsopferfest Ostern mit Eiern und Hasen und … «
    Der Professor stockte, als hinter ihm ein atonales Durcheinander aus Stimmen aufbrandete, als der Chor versuchte, seinen Kettensatz nachzusprechen.
    »Oh, Verzeihung«, sagte er und wendete sich Hilfe suchend an Steffi: »Was fällt dir noch ein?«
    »Na sieh mal an«, neckte ihn seine Exfrau. »Also, da wäre zum Beispiel der gesamte Themenkreis des Volksglaubens mit dem Seelenglauben, dem Widergängerglauben oder das Fortleben des Glaubens an Seherinnen in Form von Hexenglauben und … «
    »Steffi, ich bitte dich! Wie soll ich das denn jetzt so schnell umformulieren, dass es sich gut verständlich plärren lässt?«, unterbrach Professor Weissinger sie barsch.
    »Was weiß ich, du bist doch der Plärrer von uns beiden«, gab diese eingeschnappt zurück. »Dann überleg dir eben selbst was!«
    »Heimdall … ist ein äh … Detektor für Ampelschaltungen?«, rief Mara wackelig dazwischen, und die beiden Professoren sahen sie verwundert an.
    »Ähm … außerdem ist Heimdall ein Speichersystem für Videos und eine … puh … Open-Source-Plattform?« Irgendwie hatte Mara sogar das Gefühl, dass die Götter sie fragend anblickten und hatte dafür vollstes Verständnis.
    »Ähm … mein Handy«, sagte sie und hob erklärend ihr Mobiltelefon hoch. »Hab nur mal Heimdall eingegeben, in die Suchmaschine.«
    Sie sah in die geweiteten Augen ihrer Mutter und wusste auch ohne seherisches Talent, an was sie dachte. Mama dachte an die Handykosten des letzten Österreichaufenthalts …
    »Ja, das ist ein isländisches Handynetz, keine Ahnung was das kostet, Mama, aber ich bin schon froh, dass wir hier in Asgard überhaupt irgendein Netz empfangen, und ich glaube, dass … «
    »Ist schon gut, Mara!«, sagte da ihre Mutter und legte beruhigend die Hand auf Maras Schulter. »Mach weiter.«
    Mara nickte und las so laut vor, wie sie konnte: »Odin ist eine Designfirma, ein Restaurant, ein, oh Mann, Open Disk Image … Dings, ein Sportverein, ein Organisationsdienst für … was ist denn das? Egal, Odin ist auch ein Reiterhof, ein Hotel, eine Fahrradmarke und ein … Sofa?«
    Professor Weissinger lachte. »Was für eine großartige Idee, Mara! Also dann, meine Damen, die Dirigentschaft liegt nun bei unserer jungen, genialischen Seherin.«
    Die Liste der nach den alten Göttern benannten Dinge, Firmen, Marken, Orte und massenweise Soft- und Hardware war fast endlos. Unter Freyas Namen fanden sich Strick- und Bademoden, Unterwäsche und ein Reformhaus. Freyr war ein Sessel, ein Schloss, und laut einem User in irgendeinem Game-Forum »voll doof«. Zu Thor fanden sich unzählige Links zu Comics und dem Hollywoodfilm, aber eben auch zu allem möglichen Neonazi-Gesocks, das Mara natürlich aussparte, unter anderem, weil sie echt keine Lust hatte, irgendwann doch noch hirnlos Gedenkplatten zu grüßen.
    Bei einer Skischule mit dem Namen des nordischen Gottes Ullr hielt sie inne. Eine Warnmeldung poppte in dem kleinen Bildschirm ihres Handys auf: Ladezustand kritisch – bitte laden Sie Ihren Akku auf.
    »Ah, der Akku!«, rief sie aus.
    »Ah, der Akku!«, papageite ihr der Chor nach, als wäre eine Batterie nach dem nordischen Gott Ah benannt.
    Der Professor sah sie fragend an, und Mara hielt ihm das Handy entgegen.
    »Der Akku ist am Ende«, sagte sie leise und wagte dann einen vorsichtigen Blick in den Himmel. Von dem war nicht mehr viel zu sehen, denn das meiste war bereits von Aschewolken bedeckt. Wie lautlose, schwarze Walzen rollten sie unaufhaltsam
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher