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Man tut, was man kann (German Edition)

Man tut, was man kann (German Edition)

Titel: Man tut, was man kann (German Edition)
Autoren: Hans Rath
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Neuerliche Verabredung. Smalltalk nebst Vertiefung der Tagesordnungspunkte des ersten Abendessens, dabei ab und an Körperkontakt, der wie zufällig wirkt. Abschiedskuss, der sich in einen leidenschaftlichen Kuss verwandelt. Sex. Nochmal Sex. Optional nochmal Sex.
    «Hast du schon den Fisch probiert?»
    «Noch nicht.»
    «Der ist wirklich gut. Ich persönlich esse ja ziemlich gerne Fisch.»
    Ich schaute mich mal kurz dezent um, bevor ich mich weiter reinritt.
    Nach Günther, dem blöden Arsch.
    Günther, der mir die Vernissage überhaupt erst eingebrockt hatte, war nämlich derweil mit dem eigentlichen Grund unseres Besuches keinen Millimeter weitergekommen. Günther ist ein einundvierzigjähriger Dauersingle, der seine Chancen bei den Frauen glatt verdoppeln könnte, wenn er sich von dem Flokati-Imitat, das ihm im Gesicht baumelt und das er stolz «Vollbart» nennt, trennen würde. Er hält die Fusseln für ausgesprochen männlich und unterstreicht diese vermeintlich maskuline Ausstrahlung gern mit grobgestrickten Pullovern und legeren Hosen, weil er glaubt, beides würde ihm einen Hauch von Seefahrerromantik verleihen. Meinen Einwand, dass die meisten Frauen sich bei seinem Anblick im Geiste hochschwanger und umringt von einer Horde ärmlich gekleideter Kinder an einer einsamen Steilküste stehen sehen, wo sie verzweifelt nach den heimkehrenden Fischerbooten Ausschau halten, ignoriert Günther beharrlich und verweist darauf, dass er ja mit Seefahrt nichts zu tun habe, sondern in der IT-Branche sei.
    Schon klar, Günther, aber das macht es nicht besser. Frauen, die deinen Bart sehen und erfahren, dass du in der IT-Branche bist, wähnen sich alternativ in den Fängen eines Computernerds, der lediglich Cracker und asiatische Gewaltvideos im Haus hat und nicht in der Lage ist, Gefühle zu zeigen – es sei denn, ein wildfremder Multiplayer auf der anderen Seite der Erdkugel segnet in irgendeinem Ballerspiel virtuell das Zeitliche.
    Zugegeben, immerhin passt Günthers Bart ganz gut zu seinem hünenhaften Aussehen. Er verkörpert die Ruhe und Gelassenheit eines Mannes, an dessen Schulter eine Frau sich anlehnen kann. Ich werde aber das Gefühl nicht los, dass Günther diese Teddybärentour inzwischen übertreibt. Er bewegt sich langsamer, als er sich eigentlich bewegen könnte, spricht langsamer, als er eigentlich sprechen könnte, und vor allem denkt er inzwischen auch langsamer, als er denken könnte. Deshalb ist es auch nur noch ein winziger Schritt, bis Günthers Ruhe und Souveränität für Tranfunzeligkeit und Begriffsstutzigkeit gehalten werden. Aber das will Günther alles nicht hören, denn Günther hat eine Mission, von der selbst ich ihn nicht abbringen kann. Günther, der Seefahrtromantiker, will in den Hafen der Ehe, und zwar subito.
    Zwei Dinge stehen dem im Weg. Erstens ist Günther ein sehr talentierter Programmierer, aber ein beschissener Geschäftsmann. Er hat eines der kommerziell erfolgreichsten Onlinespiele der Welt mitentwickelt, sich aber von seinen Kompagnons derart über den Tisch ziehen lassen, dass Günther noch heute in einer Studentenbude hockt, um einen Schuldenberg in Höhe des Matterhorns abzuzahlen, während seine ehemaligen Geschäftspartner sich in der Karibik die Sonne auf ihre Ärsche scheinen lassen. Günther ist also ein Bär mit dem Gemüt eines Vorschuldkindes, in naher Zukunft vermutlich mit dem Gemüt eines zurückgebliebenen Vorschulkindes.
    Zweitens gibt Günther sich auch deshalb gerne betont maskulin, weil er zu kaschieren versucht, dass in ihm eine ganze Hasenbandewohnt, wenn es um das Thema Frauen geht. Wenn Günther sich für eine Frau interessiert, dann tut er alles, aber auch wirklich alles, um sie kennenzulernen, mit Ausnahme dessen, dass er sie einfach anspricht. Stattdessen hat Günther grundsätzlich einen meist obskuren und immer rasend komplizierten Plan, um die Angebetete auf sich aufmerksam zu machen. Wenn ich seine Nummer im Display sehe, gehe ich deshalb davon aus, dass Günther mich zu Flamenco-Kursen, Slam-Poetry-Nächten oder auch schon mal auf eine Messe für Percussioninstrumente schleppt, weil dahinter einer von Günthers Plänen steckt, eine Frau näher kennenzulernen.
    Heute geht es um Iggy, die eigentlich Ingrid heißt, aber von allen Iggy genannt wird. Iggy ist eine dunkelhaarige, etwas früh gealterte, aber keineswegs unattraktive Kellnerin, die mal Modedesign studieren wollte, aber irgendwie in diversen Aushilfsjobs strandete. Ihrem Äußeren nach
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