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Man kann sich auch wortlos aneinander gewöhnen das muss gar nicht lange dauern

Titel: Man kann sich auch wortlos aneinander gewöhnen das muss gar nicht lange dauern
Autoren: Annette Pehnt
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das Leben einige Zeit süß und prall gemacht, und dann war seine Frau von Eindhoven mit ihrem Mann verzogen nach Norddeutschland, und er musste, anders kann man es nicht nennen, sich nach ihr sehnen, während er neben seiner eigenen Frau im Bett lag. Manchmal spielte er, er hielte Frau von Eindhoven in seinen Armen, während er bei seiner Frau lag, in einem richtigen Bett und nicht im Materialkeller, allen Liebespaaren gönnte er seitdem ein richtiges Bett, auf dem man sich gescheit übereinanderwerfen kann, und nicht halb im Stehen, ungeschickt abgestützt am Papierregal, mit zittrigen Beinen, überhaupt im Stehen, das taugte gar nichts, aber es war eben doch seine Frau und nicht Frau von Eindhoven, er musste aufpassen, dass sich die Hälse und Brüste und Bauchfalten nicht allzu sehr ineinanderschoben, sonst könnte er sie nachher nicht mehr trennen und wüsste nicht, mit wem er eigentlich frühstückte. Ein Sehnsuchtsfaden blieb, der sich manchmal hineinwob in die Tage und die Nächte, die Arbeitsstunden und die Ausfahrten im neuen Auto und das Kaffeetrinken, und dieser Faden band ihm nun die Hände und stimmte ihn wohlwollend und ein wenig erinnerungsselig und ließ ihn milde fragen, und Sie, Fräulein Ü., ist alles in Ordnung.
    Fräulein Ü. sagte gar nichts, ihr Gesicht war starr, und ihr Mund stand ein wenig offen, als habe sie etwas Furchtbares gesehen, dabei war er es doch nur, und er zog sich gleich wieder zurück, schon gut, die Herrschaften, wenn Sie dann die Pause beenden würden, und er ging rückwärts die Treppe wieder hoch und gratulierte sich zu seinem Taktgefühl und seiner Großzügigkeit, und zugleich schnürte ihm der Sehnsuchtsfaden ein wenig die Kehle zu, aber nicht zu sehr, und er musste schlucken.
    Rudi H. und Fräulein Ü. war gleichermaßen klar, dass der Materialkeller ihnen von nun an verboten war. Sie konnten hinabgehen, aber nur einzeln und nur, um Papier oder Kohlepapier oder Briefumschläge zu holen, und nur unter dem wachen, aber nicht unfreundlichen Blick des Filialleiters. Dies war eine veränderte Sachlage. Sie konnten nun entweder ihre Finger bei sich behalten, oder sie mussten sich regelrecht verabreden. Zum Ehebruch verabreden, dachte Rudi H. Bisher war es etwas anderes gewesen, eine Episode, ein Vorfall im Materialkeller, wie er sich eben ergeben kann im Leben. Aber eine Verabredung, womöglich im Hotel, und in welchem, man kannte ihn hier, die Stadt war klein, also in einer anderen Stadt, was würde das kosten, wie würde man es erklären können, wie würde Fräulein Ü., und zum ersten Mal dachte er über Fräulein Ü.s Lebensumstände nach, wie würde sie das erklären können, sie würden sich strafbar machen. Allein der Gedanke an Strafe erregte Rudi so außerordentlich, dass er sich unter dem Schreibtisch unauffällig an die Hose fasste, aber im Großraumbüro war alles Weitere undenkbar, er würde sich Fräulein Ü. aus dem Kopf schlagen müssen, er würde sich Birgit wieder angewöhnen müssen, ihren mageren Körper, ihre Haare, die seit einigen Monaten nach Rauch rochen, er wollte ihr ja treu bleiben, aber nun war auch noch die Schwiegermutter da, und ein Fernseher stand kurz vor der Anschaffung, er sprang auf und ging zu Fräulein Ü. hinüber.
    Ich würde Sie gern zum Essen einladen, stieß er hervor, rein dienstlich, morgen Abend. Sie nickte und errötete, es war kein sanftes mädchenhaftes Erröten, sondern ein blutrotes saftiges Glühen bis in den Ausschnitt hinunter, ihre Augenbrauen sahen sehr blond aus in dem roten Gesicht, und es war ausgemacht.
    Er erklärte Birgit die Sachlage, ein Geschäftsessen, höchst ungewöhnlich und unwahrscheinlich, mit wem sollte er denn Geschäfte machen abends um acht in der kleinen Stadt, aber sie fragte nicht einmal nach, sie war mit sich beschäftigt oder womit auch immer, jedenfalls nicht mit ihm, dachte Rudi und erfand trotzige Rechtfertigungen: Wenn ihr nichts auffiel, dann war es ja auch egal. Wenn sie noch nicht einmal nachfragte, würde es ihr auch an nichts fehlen. Sie konnte sich mit ihrer Mutter vor den Fernseher setzen, drei Programme, und Georg schlief nebenan, so schlecht war das nicht, und so schlecht war es auch wirklich nicht. Die Mutter hatte aus der neu eröffneten Feinschmeckerabteilung des Kaufhauses kernlose Trauben
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