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Man Down

Man Down

Titel: Man Down
Autoren: André Pilz
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so rührte mich das. „Du sagst: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein!“ Ich zog den Rotz hoch und bekam einen Hustenanfall. „Ich mein, der Kerl ist ein Verbrecher, viellleicht n richtig übler Schweinehund, aber er bereut, was er getan hat, und deshalb verzeihst du ihm, verzeihst ihm in einem einzigen Moment alles, was er in seinem Leben verbrochen hat. Er muss nicht mal ins Fegefeuer. Er muss nicht warten. Er kommt direkt in’ Himmel. Scheiße, das ist die beste Stelle im ganzen Buch.“ Ich schloss die Augen und küsste ihm die Füße. Und ich kam mir dabei nicht einmal dämlich vor.
    Die Nazis über mir feierten wieder mal ne Party. Wir sind arisch, wir sind die Herrenrasse dröhnte es aus den Boxen ihrer Höllenanlage. Und sie grölten alle mit. Und sie stampften mit ihren schweren Schuhen auf den Boden. Ich verdunkelte das Zimmer mit einem Karton. Trotzdem blieb es hell.
    Ich legte mich auf meine Matratze, die fürchterlich stank, weil sie noch feucht war. Ich legte ein paar Kleidungsstücke drauf, aber die waren genauso wenig trocken.
    Ich musste Jesus nicht sagen, dass das mit Angela und HIV nur ein Witz gewesen war. Der wusste doch eh alles. Der wusste von Florian, der wusste von den Drogen, der wusste von den Haaren auf Shanes Arsch, der wusste von jeder Schweinerei, dem konnte ich nichts vormachen.
    Wir sind arisch, wir sind die Herrenrasse.

9
    Ich schrieb den Bullen eine E-Mail. Ich fragte, ob sie an einem Deal interessiert wären. Zwei Tage später erhielt ich eine Antwort: Ich sei seit fünf Tagen überfällig. Ich solle mich unverzüglich in der Polizeidirektion einfinden, Uhrzeit egal.
    Ich wusste, ich würde die Bullen nicht nüchtern ertragen, also trank ich ein bisschen Wodka und zog mir auf dem Weg dorthin 50 Cent rein.
    Any motherfucker touch me, I’ll murder dem, I’ll murder dem, you don’t believe me wait and see, I’ll murder dem, you see I told you I’d murder dem.
    Und dann saß ich in einem Büro einem Typen gegenüber, der aussah wie Onkel Wilfried, nur ohne Toupet.
    „Sie wollen Selbstanzeige erstatten?“
    „Selbstanzeige?“
    „Was wollen Sie mir denn erzählen, Herr Samweber?“
    „Ich weiß nicht.“
    Der Bulle zog die Augenbrauen hoch.
    „Okay“, sagte ich und küsste das Kreuz meiner Halskette. „Ich kann Ihnen sagen, wer jede Menge Gras in ein Studentenheim nach München bringen ließ.“
    „Das wissen wir selbst. Das waren Sie.“
    „Ich war nur der Laufbursche. Ich kann Ihnen die Namen der Hintermänner nennen.“
    „Klingt gut“, sagte er, stand auf und kippte das Fenster. „Und was versprechen Sie sich davon?“
    „Was haben Sie zu bieten?“
    „Einen Kaffee erst mal.“
    Ich trank die Brühe sofort, obwohl sie viel zu heiß war und verbrannt schmeckte, und dann legte ich los, als wäre ich in einem Beichstuhl und könnte alle Sünden ablegen. Ich erzählte von meinem Unfall, meinen Schulden, erzählte von Öcal und Ugi und dass ich für die beiden Drogen von der Schweiz über Österreich nach Deutschland geschmuggelt hatte. Shane erwähnte ich nur am Rand, nannte ihn ein kleines Rädchen, einen Mann ohne Macht und böse Absichten. Als ich dem Typen sagte, um welche Menge es sich pro Fahrt gehandelt hatte, kippte der beinahe vom Stuhl. „Wissen Sie, was Sie da behaupten?“
    „Ich bin immer volles Risiko gegangen.“
    „Und Sie wurden kein einziges Mal kontrolliert?“
    „Nur das letzte Mal.“
    „Wie oft sind Sie gefahren?“
    „Vierzehnmal.“
    Er überlegte, er rechnete sich wohl aus, wie viel Gras ich nach München gebracht hatte.
    „Ich will nicht in’ Knast“, sagte ich, ehe er die Summe beisammen hatte.
    „Mit einem Fuß stehen Sie schon drin.“
    „Gibt’s nicht so was wie ne Kronzeugenregelung?“
    „Mensch, Samweber“, sagte der Bulle und beugte sich nach vorne, so weit, dass ich dachte, er würde mich gleich am Kragen packen und über den Tisch ziehen. „Sie haben kiloweise Drogen ins Land gebracht. Für einen Bruchteil davon würden Sie in anderen Ländern gehenkt werden.“
    „Ohne mich kommen Sie niemals an die Hintermänner ran.“
    Der Bulle rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Er kratzte sich an der Nase, er glotzte auf den Bildschirm des Computers auf seinem Schreibtisch. „Daran wären wir aber interessiert, Samweber. Ich will nicht leugnen, dass wir erleichtert wären, diese Akte zu schließen, wir ermitteln schon viel zu lange, binden unnötig Kräfte, die wir anderswo gebrauchen könnten.“
    „Ich
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