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MAMMON - Für Deine Sünden wirst Du büßen (German Edition)

MAMMON - Für Deine Sünden wirst Du büßen (German Edition)

Titel: MAMMON - Für Deine Sünden wirst Du büßen (German Edition)
Autoren: Matthias Jösch
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Vielleicht noch von dort.“ Er zeigte auf die Hafeneinfahrt auf der anderen Rheinseite. „Weiter nicht.“
    Sie starrten schweigend auf das dunkle Wasser.
    „Was bedeutet explantiert?“, fragte Lia.
    Bauer zog den Schal enger um seinen mageren Hals.
    „Er hat unfreiwillig irgendjemandem seine Organe gespendet. Und anschließend hat ihn jemand entsorgt.“
    „Unfreiwillig?“
    „Eine explantierte Leiche auf dem Weg zu ihrer letzten Ruhestätte sieht anders aus. Und reist normalerweise in einem Sarg. Wir sehen uns um zehn im Präsidium.“ Er stakste Richtung Straße davon.
    Lia wippte hin und her, sah aus dem Augenwinkel, wie eine junge Polizistin eine Chipstüte aus dem Schnee zog und sorgsam verpackte. Wenig später folgten zwei Zigarettenkippen und ein zertretenes Päckchen Streichhölzer.
    Ihre Augen tränten durch den kalten Wind, der immer wieder in Böen über den Rhein fegte. Lia drehte sich einmal um sich selbst und lief dann zurück zu ihrem Auto. Irgendwas an diesem Morgen war besonders bedrohlich, sie konnte es spüren, es war wie eine kalte Hand, die sich in ihren Nacken legte.
    Der Parkplatz vor dem Polizeipräsidium war noch fast leer, nur hinter wenigen Fenstern des Gebäudes brannte Licht. Als Lia den Schlüssel abzog, schloss sie einen Moment die Augen und versuchte, dieses Gefühl der Bedrohung loszuwerden. Würden sie jetzt mit der bei Mordfällen üblichen Routine beginnen? Sie ahnte bereits, dass ihre Erfahrungen und ihre normale Vorgehensweise ihnen dieses Mal nicht weiterhelfen würden. Sie hatte noch nie in ihrer Laufbahn von einem Mordfall mit solch einer Leiche gehört. Zerstückelt, zersägt, malträtiert, ja – aber explantiert?
    Sie stieg aus, schlug den Kragen ihres Mantels hoch und stapfte durch den gefrorenen Schnee auf das kasernenartige Gebäude zu.
    Im Büro schälte sie sich mit langsamen Bewegungen aus ihren schützenden Schichten. Erst als Fred mit drei Pappbechern dampfendem Kaffee kam, nahm sie den Praktikanten wahr, der sich am gegenüberstehenden Schreibtisch hinter dem Computerbildschirm verschanzt hatte. Vor den Fensterscheiben des Polizeipräsidiums setzte ein Schneesturm ein. Seit Wochen ging das so, klirrende Kälte und Stürme wechselten sich ab. Es war der längste und härteste Winter seit über 30 Jahren im Rheinland.
    „Wer hat dir erlaubt, an diesen PC zu gehen?“
    „Lia“, meinte Fred leise, „es ist nur ein PC.“
    Es ist sein PC, dachte sie bitter. Seit drei Monaten galt es als sicher, dass Julian nie wieder hier arbeiten würde, und genauso lange fürchtete sie, dass jemand ihr gegenüber seinen Platz einnehmen würde, und jetzt sollte es dieser schlaksige Praktikant sein?
    „Also, ich schlage vor, ihr sucht …“
    „Ihr?“ Lias Stimme war so schrill, dass Fred sie bat, mit ihm auf den Flur zu kommen. Ihre Augen funkelten, ihr Mund war ein dünner Strich.
    „Er kann nichts dafür. Du weißt, wie sehr er sich um das Praktikum hier bemüht hat, und du hast das damals unterstützt. Pet will hier was lernen, also reiß dich zusammen. Lass ihn leben! Klar?“
    Lia sackte in sich zusammen. Sie wusste, dass Fred recht hatte. Trotzdem war sie wütend. Sie zog das Zopfgummi aus ihren Haaren, um die Kopfhaut zu entspannen. Bereits einen Tag nach dem Unfall hatte die Computerabteilung Julians PC abholen wollen. Lia hatte gelogen und behauptet, die interne Ermittlung habe den schon an sich genommen, und dieser da sei für einen neuen Mitarbeiter. Niemand wusste davon, warum sie jetzt ihr Verhalten auch nicht erklären konnte.
    „Können wir?“, holte Fred sie aus ihren Gedanken.
    Gehorsam folgte sie ihm zurück ins Büro und sagte so freundlich wie möglich: „Gut, dann kümmern wir uns als Erstes um Vermisste und Unfälle der letzten Tage rund um den Rhein. Das mache ich, und sollte ich was haben, informiere ich Bauer, damit er hinfährt und sich ansieht, ob da noch Spuren sind. Rheinkniebrücke, Südbrücke und Hafen werden schon überprüft.“
    Fred öffnete zwei kleine Milchdöschen, schüttete den Inhalt in seinen und in Lias Becher und nickte ihr wohlwollend zu.
    „Und du, Pet, rufst alle Düsseldorfer Krankenhäuser an und fragst, wann die zuletzt eine Leiche explantiert haben“, fuhr Lia fort. „Wenn du es schaffst, auch die in der Umgebung. Sobald ich mit den Unfällen durch bin, helfe ich dir dabei.“
    Sie zog ihren Stuhl zu sich heran, nahm Platz und schaltete den PC ein.
    „Was ist das eigentlich genau, eine Explantation?“,
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