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Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig

Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig

Titel: Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig
Autoren: Rebecca Birgit;Lolosoli Virnich
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auch die Anspannung der letzten Wochen, die Sorge um meine Scheidung wühlten mich auf.
    Eine halbe Weltreise später stand ich im amerikanischen Santa Fe auf dem internationalen Markt für Volkskunst. Voller Euphorie spazierte ich an Ständen vorbei, die schwer behangen Schmuck aus aller Welt präsentierten, und unterhielt mich mit Händen und Füßen mit Händlern aus Peru, Nepal, Indien, dem Senegal und Mali. Frauen aus der ganzen Welt umgaben mich, die genau wie ich mit ihren Kollektiven vom Verkauf von Perlenschmuck lebten.
    Alle machten ähnliche Erfahrungen: Die Menschen würdigten unseren Schmuck oft nicht genug und drückten unsere Preise gnadenlos. Die meisten Touristen hatten keine Skrupel und verhandelten mit uns, ohne die viele Arbeit, die Stunden und das Talent wertzuschätzen. Hier auf dem Markt hatten wir außerdem die Möglichkeit, uns mit Mitarbeitern der Hilfsorganisationen auszutauschen und auch mit Designern über Strategien zu sprechen, unsere Produkte aufzuwerten. Natürlich hofften die meisten, von internationalen Designern, die ethnische Muster in ihre Kollektionen einbauen, entdeckt zu werden.
    Noch ganz im Rausch der Bilder fuhr ich am nächsten Morgen mit meiner amerikanischen Freundin Wendy, einer Künstlerin, nach Pennsylvania zu einer befreundeten Schamanin. Ich war neugierig, aber auch ein wenig skeptisch. Ich wusste nicht, was mich erwartete. Eine alte Heilerin in diesem modernen Land? Nach einer langen Autofahrt durch die Berge, vorbei an meterhohen Kiefern und tosenden Wasserfällen erreichten wir schließlich ein abgelegenes Tal, in dem eine
Holzhütte stand. Eine einsame Rauchwolke stieg in die Luft und wir hörten schon von Weitem den Gesang der Heilerin. Plötzlich stand sie vor mir. Eine alte Frau mit sonnengegerbter Haut, langen schwarzen Haaren und tiefen Furchen in einem freundlichen Gesicht. Zufrieden lächelte sie mich an und umarmte mich. »Schwester, ich bin froh, dass du den langen Weg zu mir auf dich genommen hast. Du bist stark. Das spüre ich gleich. Aber du hast Sorgen«, sagte sie mit tiefer Stimme. Ich nickte. In Kenia herrschte eine fürchterliche Dürre und ich war gekommen, um mit der alten Indianerin um Regen zu beten. »Lass uns unsere Energie bündeln«, bat ich sie.
    Sie fasste meine Hand, führte mich auf ihr Land und begann mit mir, Holzscheite für ein Feuer zu stapeln. Als es brannte, erhob sie ihre Arme und lief mit mir um die lodernden Flammen. Einmal, zweimal, dreimal, viermal! Ich war verblüfft. Auch unsere weisen Samburus ziehen vier Kreise, wenn sie Kontakt zu den Ahnen aufnehmen. Wenn ich meine Augen schloss, hörte ich ihre Gesänge und sie klangen wie die der alten Indianerin. Unsere Stimmen verschmolzen zu einem Singsang und hörten sich dabei ganz ähnlich an. Dann reckten wir unsere Hände in den Himmel und beteten laut, jede in ihrer Sprache, und auch diese Melodien glichen einander.
    Als ich Stunden später mit den Frauen in Umoja telefonierte, waren sie ganz aufgeregt. Es hatte geregnet. Ein Wunder oder doch Zufall? Hatten die Götter unseren Gesang erhört? Jedenfalls konnte es, wenn überhaupt, nur ein sehr großer Zufall sein. Nach einer fürchterlichen Trockenheit hatte es tatsächlich wie aus Kübeln gegossen. Ein Segen. Die Frauen erzählten mir, wie sie vor Freude tanzend und singend durch das ganze Dorf gezogen waren. Wendy, die Schamanin, und ich waren selig. In diesem Moment fühlten wir uns wie Schwestern. Ich grinste und strahlte die beiden an. Ich fühlte mich bestätigt: Umoja – zusammen können wir Großes erreichen, wenn wir nur alle an einem Strang ziehen.

    Dann ging es weiter nach Washington. »Ich bin eine Frau. Hör, wie ich brülle.« Mit diesem Sprechgesang, wurden wir von einem begeisterten Publikum im Kennedy Center in Washington empfangen. Ich konnte es kaum fassen: Neben mir auf der Bühne stand Melinda Gates, die Frau des Microsoft-Herstellers. Genau wie sie wurde auch ich als besondere Führungspersönlichkeit von einem erlesenen Publikum geehrt. Vor mir saßen reiche Amerikaner. Männer in Smokings, Frauen in Abendkleidern und funkelndem Schmuck. Alle lächelten mich begeistert an.
    »Frauen wie Sie verändern die Welt«, sagte die Moderatorin und strahlte. »Sie sind stark wie kaum eine andere Frau in Ihrer Kultur.« Als die Jury ihre Begründung vortrug, schwebte ich wie auf einer Wolke. Sie lobten meinen Mut, meine Weitsicht und die Menschlichkeit, die ich ausstrahle. »Sie verkörpern das Beste, das
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