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Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Titel: Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)
Autoren: Tonino Benacquista
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wiederfinden, der sich mit den fünfundzwanzig Prozent Gewinn, die dem capo zustanden, aus dem Staub gemacht hat. Verrückt war, dass der Typ sich bei seinen Eltern versteckt hielt. Nick und ich haben das nicht für möglich gehalten! Man musste schon ziemlich bekloppt sein, um auf eine solche Idee zu kommen. Das Häuschen der Eltern stand in einem Nest in Mercer County, genau zwei Autostunden von dem Taxidepot entfernt, das dem Polsinelli-Clan als Hauptquartier diente. Nick und ich fuhren also dort vor, um ihn abzuknallen, da wurden wir schon von seinen Eltern, beide Rentner, in Empfang genommen, herzlich begrüßt und um Geduld gebeten. Der Kleine mache gerade ein paar Besorgungen in der Stadt. Völlig verblüfft ließen wir uns Kaffee und Kekse servieren, und die beiden alten Herrschaften waren glücklich, Freunde ihres Sohnes kennenzulernen, und erzählten uns eine Menge Storys aus seiner Kindheit. Als der Kleine dann hereingeschneit kam, wussten wir natürlich nicht mehr, was wir tun sollten. Er kapierte natürlich sofort, warum diese beiden Typen auf seinem Sofa saßen und auf ihn warteten. Nick reagierte großartig, das muss ich zugeben, er hat den Kleinen an sein Herz gedrückt, ich dann ebenfalls. Der Junge hat das alles über sich ergehen lassen, und seine Eltern waren froh und zufrieden, bei diesem Wiedersehen unter Freunden dabei sein zu dürfen. Nick hat dann vorgeschlagen, in der Stadt noch gemeinsam etwas zu trinken, und der Kleine ist in sein Auto gestiegen, ohne irgendwelche Geschichten zu machen. Zuvor hatte er sich von seinen Eltern verabschiedet, wobei er seine Tränen nur schwer zurückhalten konnte, was seiner Mutter natürlich komisch vorgekommen war. Warum sollte sie ihren Sohn in den Arm nehmen, wenn der an der nächsten Straßenecke einen Kaffee trinken geht? Im Wagen dann hat der Kleine nicht mal um Gnade gefleht oder versprochen, das Geld zurückzuzahlen. Er wusste, dass es dazu zu spät war. Ich saß auf dem Beifahrersitz und war nicht gerade stolz auf mich. Ich sah zu Nick, der sich auch beschissen fühlte. Die beiden Alten hatten mit ihren trockenen Keksen alles verdorben. Es genügte, sich an den Blick seiner Mutter zu erinnern. Richtig stolz war sie, dass ihr Sohn so höfliche und gut gekleidete Freunde hatte. Was sollten diese gut gekleideten Freunde jetzt tun?
    » Steig aus, wir haben dich nicht gesehen. «
    » ...? «
    » Steig aus, du Arschloch, bevor wir es uns anders überlegen. «
    Ich habe ihm dann noch in leuchtenden Farben ausgemalt, was wir mit ihm anstellen würden, falls er plauderte oder es wagte, in sein altes Revier zurückzukehren. Auf der Rückfahrt sprachen Nick und ich kein Wort miteinander. Es gab nun ein Geheimnis, das uns verband bis zum Tag unseres Todes.
    Und dieser war jetzt, viele Jahre später, für einen von uns gekommen. Wir wussten beide, dass es einen von uns heute erwischen würde. Diese Geschichte noch einmal Revue passieren zu lassen hatte uns gutgetan, schließlich waren wir außer dem geretteten Knaben die Einzigen, die von ihr wussten. Was wohl aus ihm geworden ist?, fragten wir uns. Wir mussten lachen, und da war er auf einmal, dieser winzige Augenblick, da war sie, diese Hundertstelsekunde, auf die wir beide gewartet hatten. Ich zog meine Waffe und blies Nick das Gehirn weg.
    Da lag sein Körper nun auf dem Boden, ich sah ihn mir an und dachte über Freundschaft nach. Ist Freundschaft zwischen Mafiosi etwas anderes als zwischen normalen Menschen? Eines stand fest: Jede echte, wahre Freundschaft konnte nur der Tod beenden.
    Währenddessen versteckte sich Tom in der letzten Etage eines Gebäudes. Gut, ich nehme den Ausdruck » verstecken « zurück. Er hat sich nicht versteckt. Vielmehr hat er einen alten Traum wahr werden lassen: die Welt durch das Zielfernrohr einer Waffe zu betrachten.
    Wenn man ihn als kleinen Jungen gefragt hätte, was er einmal werden will, hätte er, ohne groß zu überlegen, geantwortet: Heckenschütze.
    Tötung aus dem Hinterhalt war für ihn kein dreckiger, niederträchtiger Mord mit Gebrüll und üblen Gerüchen. Das überließ er uns, den Mafiosi. Tom Quintiliani war über so etwas erhaben. Deshalb hatte er sich auch den höchsten Punkt in der Innenstadt ausgesucht. (Nur der Kirchturm war noch höher. Aber in den – das hat er mir später gestanden – hatte er es nicht geschafft einzubrechen. Respekt hatte er also vor gar nichts ...) Hier oben lag ihm ganz So Long zu Füßen. Alles war mit dem Zielfernrohr zum
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