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Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Titel: Maigret - 43 - Hier irrt Maigret
Autoren: Georges Simenon
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gegen zehn Uhr auf, manchmal auch später.«
    »Was tat sie dann?«
    »Nichts.«
    »Fahren Sie fort.«
    »Ich stieß die Salontür auf und sah sie.«
    »Haben Sie sie nicht berührt?«
    »Ich brauchte sie nicht erst zu berühren, um zu wissen, daß sie tot war. Oder haben Sie schon einmal einen Menschen mit halbiertem Gesicht herumlaufen sehen?«
    »Weiter.«
    »Dann habe ich das Polizeikommissariat angerufen.«
    »Ohne die Nachbarn oder die Concierge zu alarmieren?«
    Sie zuckte die Achseln.
    »Wozu hätte ich die Leute alarmieren sollen?«
    »Und dann, nach dem Anruf?«
    »Habe ich gewartet.«
    »Und was taten Sie unterdessen?«
    »Nichts.«
    Es war geradezu haarsträubend einfach. Sie war also dageblieben und hatte gewartet, daß jemand an der Tür läutete, hatte sich vielleicht auch die Leiche angesehen.
    »Sind Sie sicher, daß Sie nichts angerührt haben?«
    »Ganz sicher.«
    »Haben Sie keinen Revolver gefunden?«
    »Ich habe gar nichts gefunden.«
    Kommissar Dupeu warf ein:
    »Wir haben überall vergeblich nach der Waffe gesucht.«
    »Besaß Louise Filon einen Revolver?«
    »Wenn sie einen besessen hat, so habe ich ihn jedenfalls nie gesehen.«
    »Gibt es hier verschlossene Schränke?«
    »Nein.«
    »Sie wissen also vermutlich, was sich in den Schränken befindet?«
    »Ja.«
    »Eine Waffe haben Sie nie gesehen?«
    »Nie.«
    »Sagen Sie, wußte Ihre Arbeitgeberin, daß Sie im Gefängnis waren?«
    »Ich habe es ihr erzählt.«
    »Und war sie nicht erschrocken?«
    »Sie fand es lustig. Es sollte mich nicht wundern, wenn sie selbst schon gesessen hätte.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Daß sie auf den Strich gegangen ist, bevor sie hier einzog.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Weil sie es mir erzählt hat. Aber selbst wenn sie es mir nicht gesagt hätte …«
    Man hörte Schritte auf dem Flur, und Dupeu ging, um die Tür zu öffnen. Es war Moers mit seinen Leuten; sie hatten ihre Apparate mitgebracht. Maigret sagte zu Moers:
    »Warte noch, bis ich hier fertig bin, und ruf inzwischen den Staatsanwalt an.«
    Désirée Brault faszinierte ihn, und ebenso faszinierte ihn alles, was man hinter ihren Worten ahnen konnte. Ihm war warm geworden; er zog seinen Mantel aus, setzte sich und trank seinen Kaffee in kleinen Schlucken.
    »Setzen Sie sich.«
    »Gern. Das hört eine Putzfrau nicht jeden Tag.«
    Und sie lächelte fast dabei.
    »Haben Sie eine Ahnung, wer Ihre Arbeitgeberin ermordet haben könnte?«
    »Nicht die geringste.«
    »Empfing sie oft Besuch?«
    »Ich habe sie nie Besuch empfangen sehen; außer einmal einen Arzt aus dem Quartier, als sie eine Bronchitis hatte. Allerdings gehe ich ja mittags weg.«
    »Wissen Sie nicht, ob sie Bekannte hat?«
    »Alles, was ich weiß, ist, daß in einem der Wandschränke ein Männerschlafrock hängt; es stehen auch ein Paar Männerpantoffeln und eine Zigarrenkiste drin. Soviel ich weiß, rauchte sie keine Zigarren.«
    »Wissen Sie, wer der Mann ist?«
    »Ich habe ihn nie gesehen.«
    »Kennen Sie seinen Namen nicht? Hat er nie angerufen, wenn Sie hier waren?«
    »Doch, manchmal.«
    »Wie nannte sie ihn?«
    »Pierrot.«
    »Ließ sie sich aushalten?«
    »Irgend jemand muß ja die Miete bezahlt haben, nehme ich an. Und das übrige.«
    Maigret stand auf, stellte seine Tasse hin und stopfte sich eine Pfeife.
    »Was soll ich jetzt tun?« erkundigte sich Désirée.
    »Nichts. Sie warten.«
    Er ging in den Salon zurück, wo die Leute vom Erkennungsdienst auf ein Zeichen von ihm warteten, um mit der Arbeit zu beginnen. Das Zimmer war aufgeräumt. In einem Aschenbecher neben dem Sofa war etwas Asche, auch Zigarettenstummel lagen dabei, davon zwei mit Lippenstiftspuren.
    Eine Tür, die halb offenstand, verband den Salon mit dem Schlafzimmer, und Maigret stellte mit Erstaunen fest, daß das Bett nicht gemacht war. Das Kopfkissen wies eine kleine Vertiefung auf, als habe jemand darauf geschlafen.
    »Ist der Arzt noch nicht da?«
    »Er ist nicht zu Hause. Seine Frau ruft gerade die Patienten an, die er heute morgen besuchen wollte.«
    Maigret öffnete ein paar Schränke und zog ein paar Schubladen auf. Kleidung und Wäsche waren die einer sich etwas geschmacklos kleidenden jungen Frau und keineswegs von der Art, wie man sie von einer Bewohnerin eines Appartements in der Avenue Carnot erwartet hätte.
    »Kümmere dich um die Fingerabdrücke und das übrige, Moers. Ich gehe inzwischen zur Concierge hinunter.«
    Kommissar Dupeu fragte:
    »Brauchen Sie mich noch?«
    »Nein, ich danke Ihnen.
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