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Maigret - 18 - Maigret in Nöten

Maigret - 18 - Maigret in Nöten

Titel: Maigret - 18 - Maigret in Nöten
Autoren: Georges Simenon
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verstanden sich nur zu gut, ohne es sich anmerken lassen zu wollen. Ducrau hatte das Tor nicht zufällig abgeschlossen, und es war auch kein Zufall, dass sie sich jetzt in dem verlassenen Gemüsegarten aufhielten.
    »Und das reicht Ihnen nicht?«, sagte der Kommissar so leise, so ganz nebenher, dass nicht ganz sicher war, ob er überhaupt gesprochen hatte.
    Ducrau blieb plötzlich stehen und starrte eine Melonenglocke an. Als er den Kopf wieder hob, hatte sich sein Gesichtsausdruck verändert. Vorhin hatte er keine Maske getragen. Er war ein verdrossener, unschlüssiger, besorgter Mann gewesen.
    Aber damit war es nun vorbei. Seine Züge hatten sich verhärtet. Auf seinen Lippen lag ein boshaftes Lächeln. Er sah nicht seinen Begleiter an, sondern die Umgebung, den Himmel, die Fenster des großen weißen Hauses.
    »Ich werde Besuch erhalten, nicht?«
    Und endlich traf sein Blick Maigret, er sah ihm in die Augen. Es war der Blick eines Mannes, der sich zur Zuversicht zwingt, der versucht, bedrohlich zu wirken, obwohl er seiner selbst nicht sicher ist.
    »Sprechen wir über etwas anderes. Wollen wir nicht trotzdem etwas trinken gehen? Wissen Sie, was mich wundert? Dass Sie bei Ihren bisherigen Ermittlungen sowohl Decharme als auch meine Geliebte außer Acht gelassen haben, ebenso wie …«
    »Ich dachte, Sie wollten über etwas anderes sprechen?«
    Aber Ducrau legte Maigret gutmütig die Hand auf die Schulter und fuhr fort:
    »Augenblick! Legen wir die Karten auf den Tisch, und sagen Sie mir erst, wen Sie der Tat verdächtigen.«
    »Welcher Tat?«
    Sie lächelten beide. Aus einiger Entfernung hätte man meinen können, sie scherzten gerade über irgendein harmloses Thema.
    »Aller Taten.«
    »Und wenn es für jede einzelne einen andern Schuldigen gibt?«
    Ducrau kniff die Augen zusammen: Die Antwort gefiel ihm nicht. Er stieß eine Tür auf, die zur Küche führte, wo seine Frau im Morgenrock einer schmuddligen Küchenhilfe Anweisungen gab. Sie geriet gleich aus der Fassung, weil man sie ungekämmt überrascht hatte, griff sich in die Haare und stammelte eine Entschuldigung, während ihr Mann knurrte:
    »Hab dich nicht so! Das ist doch dem Kommissar egal. Mélie, könntest du im Keller eine Flasche … eine Flasche was? … Champagner? Nein? Dann können wir uns auch selbst im Wohnzimmer bedienen.«
    Er schlug die Tür heftig hinter sich zu, und im Wohnzimmer begann er sofort mit den Flaschen zu hantieren, die auf dem Fenstersims aufgereiht standen.
    »Pernod? Enzian? Haben Sie gesehen? Und ihre Tochter ist noch schlimmer! Wenn sie nicht in Trauer wäre, müsste man damit rechnen, dass sie jeden Augenblick in einem rosa oder grünen Seidenkleid und mit einem Sonntagslächeln und honigsüßem Getue hier auftaucht.«
    Er füllte zwei Gläser, rückte mit seinem Sessel näher zum Kommissar.
    »Die Nachbarn mögen sich ruhig über uns lustig machen, besonders wenn wir, wie es bald der Fall sein wird, auf der Terrasse essen.«
    Er ließ seinen Blick langsam von einem Gegenstand zum nächsten schweifen. Das Wohnzimmer mit seinem großen Flügel zeugte von Wohlstand.
    »Auf Ihr Wohl! Als ich meinen ersten Schlepper kaufte, brauchte ich natürlich Zahlungserleichterungen. Es waren schon zwölf Ausfuhrgeschäfte sichergestellt, und die Bank war einverstanden unter der Bedingung, dass ich noch eines stromabwärts einbringe. Ich bat meinen Schwiegervater darum. Der aber hat sich geweigert, unter dem Vorwand, er könne es nicht verantworten, seine Familie ins Elend zu bringen! Und jetzt bin ich es, der die Alte unterhält.«
    Dieser Groll war spürbar so tief in ihm verwurzelt, dass es ihn elend machte, nur schon davon zu sprechen. Er versuchte das Thema zu wechseln und zog eine Zigarrenkiste zu sich heran.
    »Nehmen Sie eine? Wenn Sie lieber Ihre Pfeife rauchen, lassen Sie sich nicht dabei stören!«
    Und während er das sagte, zerknitterte er das gestickte Deckchen, das auf dem Tisch lag.
    »Mit solchem Kram vertrödeln sie ihre Zeit, und der Schafskopf von Offizier sitzt derweilen über dem Schachproblem, das auf der letzten Seite der Zeitung abgedruckt ist!«
    Er war mit seinen Gedanken anderswo, und Maigret, der ihn allmählich kannte, musste wieder lächeln, als er die Augen Ducraus so in keinem Zusammenhang mit seinen Worten sah.
    Seine Augen? Sie musterten unablässig den Kommissar, versuchten noch immer, ihn richtig einzuschätzen. War das erste Urteil richtig gewesen? Diese Frage lag in jedem seiner Blicke, und vor allem:
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