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Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens
Autoren: Lena Klassen
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Gesicht. Es war dem König des Lichts gelungen, viele mit seinem Optimismus anzustecken, und diese erlebten das erhabene Triumphgefühl mit, als die Kampftruppe – jeder Fünfte mit einer brennenden Fackel in der Hand – aufbrach, um die Feinde aus den Wäldern zu vertreiben. Andere hingegen beobachteten den Auszug mit Sorge. Zu lang und zu intensiv hatte die Furcht in ihnen gelebt, als dass sie diese plötzliche Zuversicht hätten teilen können. Furcht lag in ihren Augen, und auch wenn niemand so alt war wie die Königin, so waren die Jahre, die diese Menschen erlebt hatten, doch lang und schwer genug gewesen, und die Bitterkeit wohnte in ihnen wie ein dunkler Feind, der durch Wände gehen konnte.
    Im Wald war es still. Das Leuchten des Flusses verschwand hinter den schwarzen Stämmen. Immer noch kämpfte der Frühling gegen die Kälte und die fortwährende Dämmerung. Nur zögernd öffneten sich die Knospen der Blätter, und die gelben Frühlingsblumen wirkten im Zwielicht merkwürdig blass. Die Luft war so von Dunkelheit getränkt, dass sie zu schwer zum Atmen schien. Die Fackeln verkümmerten zu winzigen Lichtpünktchen, die nicht zu strahlen vermochten. Jede Bewegung bereitete Mühe, und selbst die Pferde wurden immer langsamer und blieben schließlich stehen.
    »Der Wald gehört den Schatten«, flüsterte jemand, aber in der Stille trug seine Stimme weit.
    Farank wandte den Kopf. »Wer hat das gesagt?«
    Einer der Soldaten senkte den Kopf, ertappt. »Ich, Herr. Verzeiht, Majestät.«
    »Wir holen uns diesen Wald zurück«, sagte der König des Lichts. In seiner Stimme vibrierte die Helligkeit seiner Freude. Mattim. Mattim hat mir diesen Sieg geschenkt. »Magyria gehört dem Licht. Unsere Feinde werden vor uns zurückweichen, sie werden zurückkriechen in ihre Löcher und Höhlen und sich nie mehr hervorwagen. Sie werden sich auflösen in den finsteren Ritzen ihrer Verstecke. Hier reitet das Licht!«
    Er schien zu strahlen. Nicht einfach nur ein unscheinbarer Mann auf einem Pferd, sondern der Herr des Lichts, die Hoffnung einer Stadt und eines ganzen Königreichs. Auf einmal kam den Soldaten die Stille nicht mehr ganz so bedrückend vor und die Dämmerung nicht mehr so lähmend. Ihnen war, als könnte tatsächlich der Morgen anbrechen und eine rote Sonne sich über den Horizont schieben, als wäre es möglich, dass eine Verwandlung begann, gleich …
    Hauptmann Solta hob die Arme. »Hier reitet das Licht!«
    Mit neuem Mut ritten sie weiter. Bisher hatte sich weder ein Wolf noch ein Schatten gezeigt – vielleicht war sogar das schon ein gutes Zeichen. Die Feinde wagten sich nicht heran an den Träger des Lichts, sie versteckten sich, wimmernd vor Angst. Wer weiß – vielleicht würde dieser Tag ohne Kampf zu Ende gehen, vielleicht würden sie ihre Gegner tatsächlich vor sich her treiben können, ohne selbst angegriffen zu werden? Ein Lächeln spielte um die Mundwinkel der Soldaten, während sie selbstbewusst ins Gebüsch spähten. Hier kommen wir. Ja, seht nur hin, hier kommt das Licht!
    » Das gefällt mir nicht«, sagte Mirita.
    Die blonde Bogenschützin, ein Mädchen von siebzehn Jahren, kniff die Augen zusammen bei dem Versuch, in der Dunkelheit unter den Wipfeln etwas zu erkennen. Bäume und Strauchwerk standen hier so dicht, dass auch zu lichthellen Zeiten jeder hier hätte lauern können. Hunderte würden vorbeireiten, ohne etwas zu bemerken.
    »Was hast du denn jetzt wieder auszusetzen?« Piet, der dunkelhaarige Krieger an ihrer Seite, hatte bei den Worten des Königs anerkennend genickt. Stolz hob er die Fackel in seiner Hand. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als die Feinde zurückzuschlagen.
    Mirita wusste das, denn er konnte kaum über etwas anderes sprechen. Darüber und über all das, was er tun würde, wenn der Tag zurückgekehrt war und die Sonne den Himmel verzauberte und alles wieder so war, wie es sein sollte. Stundenlang konnte er Reisen durch Magyria planen, zu den vergessenen Städten des Ostens oder den verlassenen Dörfern des Südens, zu den Menschen, die gelernt hatten, das Wolfsgeheul zu ignorieren. Vielleicht hatten sie sogar ihre eigenen Waffen entwickelt, um standzuhalten. Es gab so viel, von dem man nichts mitbekam, wenn man in der umlagerten Hauptstadt wohnte.
    »König Farank hat uns erklärt, dass die Schatten von ihrer Kraftquelle abgeschnitten sind. Zum ersten Mal seit Jahren haben wir die Chance, sie zu vernichten. Was stört dich denn daran?«
    »Ich glaube nicht,
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