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Magische Verführung

Magische Verführung

Titel: Magische Verführung
Autoren: Nalini Singh
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»Heute Abend sind Sie meine Gäste.«
    Ihr gefror das Blut in den Adern, und nicht einmal die Hitze Georgias vermochte, sie zu wärmen.
    Ashwini verbrachte die Nacht schlaflos auf dem Balkon ihrer Gäste-Suite. Ein Zelt im Garten oder ein Obdachlosenheim wären ihr lieber gewesen als dieses prunkvolle Heim, in dessen schrecklichen Gemäuern sie kein Auge zutat. »Wie viele Menschen hat Nazarach wohl auf dem Gewissen, was meinst du?« Normalerweise spürte sie diese Dinge durch bloßes Anfassen, aber dieser Ort war so durchsetzt von blutigen Erinnerungen, dass durch ihren Kopf nur ein endloses Echo hallte.
    »Tausende.« Janvier lehnte an der Wand neben der Chaiselongue, auf der sie saß. »Als Herrscher können es sich die Engel nicht erlauben, barmherzig zu sein.«
    Ashwini hielt ihr Gesicht in die nächtliche Brise. »Und trotzdem sehen einige in ihnen Götterboten.«
    »So sind sie eben. Niemand kann gegen seine Natur. Auch ich nicht.« Er wandte sich ihr zu und stützte sich mit den Händen auf den polierten Holzarm der Couch. »Ich brauche Blut, Cher.«
    Sie verspürte einen unerwarteten Stich in ihrer Brust, doch sie riss sich zusammen. »Ich vermute mal, dass du hier mit der Versorgung keine Probleme haben wirst.«
    »Ich kann mit meinem Biss Lust bescheren. Und es gibt genügend, die darauf stehen.« Mit dem Finger fuhr er über eine Narbe an ihrer Halsschlagader. »Wer hat dich hier markiert?«, fragte er mit rauer Stimme.
    »Ist auf meiner ersten Jagd passiert. Ich war jung und unerfahren. Der Vampir war mir so nahe, er hätte mir die Kehle rausreißen können.« Unerwähnt ließ Ashwini allerdings, dass sie ihn hatte so nahe herankommen lassen, den Tod spüren wollte. Bis zu jenem Moment, in dem ihr Blut die Luft schwängerte, hatte sie geglaubt, sie wollte sterben, um die Stimmen für immer zum Schweigen zu bringen. »Er hat mich gelehrt, das Leben zu schätzen.«
    »Ich werde Nazarach bitten«, sagte Janvier nach einer ganzen Weile, »auf die Blutreserven zurückgreifen zu dürfen, die er für seine Vampire bereithält.«
    Sie spürte, dass er etwas zurückhielt. »Warum sagst du mir nicht, was los ist?«
    »Nazarach will, dass ich dich allein lasse.« Janviers Atem strich ihr zärtlich über die Haut. »Ansonsten hätte er mir schon längst etwas gebracht. Ich soll auf die Jagd gehen.«
    Bei dem Gedanken, was Nazarach mit ihr vorhaben könnte, lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter. »Du ziehst seinen Zorn auf dich?«
    »Er hat mich zu gern, um mich wegen solch einer geringfügigen Verfehlung zu töten.« Noch immer verharrte er reglos. »Was haben all diese Schatten in deinen Augen zu bedeuten, Ashwini?«
    Sie erschreckte jedes Mal, wenn er sie mit ihrem richtigen Namen ansprach, als würde das ein unsichtbares Band zwischen ihnen knüpfen. »Und warum sehe ich so viele Geheimnisse in deinen?«
    »Schließlich habe ich schon über zweihundert Jahre gelebt«, flüsterte er mit einer Stimme, die so berauschend war wie die nach Magnolien duftende Nacht. »Ich bin nicht immer stolz auf das, was ich getan habe.«
    »Irgendwie überrascht mich das nicht.«
    Stille. Kein Lächeln kam über seine Lippen, er hatte sogar aufgehört zu atmen. »Sprich mit mir!«
    »Nein.« Noch nicht.
    »Ich bin sehr geduldig.«

    »Das wird sich zeigen.« Noch bevor sie den Satz vollendet hatte, wurde ihr klar, dass sie ihn damit herausforderte.
    Er beugte sich so nah zu ihr, dass ihre Lippen sich fast berührten. Sein Atem brannte heiß, seine Augen funkelten.
    »Ja, das wird es.«
    Ashwini duschte eiskalt. »Brrr!« Nachdem sie ihr Verlangen mit dem kalten Wasser zur Genüge gedämpft hatte, stellte sie auf heiß.
    Zischend traf das kochend heiße Wasser auf ihre Haut; sie sollte endlich einmal ernsthaft darüber nachdenken, warum sie mit einem Vampir flirtete, der ungeachtet seines Charmes so tödlich war wie ein Stilett. Aber die meisten ihrer Freundinnen hielten sie ohnehin für ein verrücktes Huhn. Wozu die Erwartungen enttäuschen? Sie gab nichts auf eine wohlgeordnete Existenz - schließlich hatte sie es neunzehn Jahre lang damit versucht und beinahe mit dem Leben dafür bezahlt, von ihrem Seelenzustand ganz zu schweigen.
    Erinnerungen stiegen in ihr auf. Auf einmal befand sie sich wieder in diesem ganz in Weiß gehaltenen Zimmer, die Gurte schnitten ins Fleisch. Der Geruch von Desinfektionsmittel, das leise Knarzen der gummibesohlten Schuhe ...
    und vor allem die Schreie; Schreie, die nur sie allein hörte. Später
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