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Magische Verführung

Magische Verführung

Titel: Magische Verführung
Autoren: Nalini Singh
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überziehen.
    »Meine Flügel gefallen Ihnen«, sagte der Engel, und in seiner tiefen Bassstimme schwang gleich ein ganzer Chor von Stimmen mit, von denen sie nichts wissen und die sie auch nicht hören wollte.
    »Man kann nicht umhin, sie zu bewundern.« Mit eiserner Willenskraft hielt sie den Chor der Geisterstimmen auf Abstand. »Sie sind atemberaubend.« Nazarachs Flügel hatten die Farbe von poliertem Bernstein und waren ausnehmend schön geformt, jede einzelne Feder war ein Kunstwerk an sich. Ashwini fiel es schwer, nicht an eine Sinnestäuschung zu glauben. Im Flug sah er wahrscheinlich aus wie ein glitzernder Splitter der Sonne selbst.
    Nazarach schenkte ihr ein Lächeln, das womöglich herzlich gemeint war, doch entbehrte es jeder Menschlichkeit.
    »Genauso wenig kann man umhin, Ihre Schönheit zu bewundern, Gildenjägerin.«
    Die winzigen Härchen in ihrem Nacken stellten sich warnend auf. »Ich bin hier, um meine Arbeit zu erledigen.
    Wenn Sie Spielchen spielen wollen, dann haben Sie die Falsche ausgesucht.«
    Noch ehe Nazarach auf diese unverschämte Erwiderung reagieren konnte, trat Janvier vor. »Ashblade«, sagte er schnell und verwendete den Spitznamen, den er ihr verpasst hatte, »ist eine der besten Jägerinnen. Allerdings hält sie sich nicht gerne an Regeln.«
    »So, so!« Nazarach wandte sich nun Janvier zu. »Du lebst also immer noch, Cajun?«
    »Ja, trotz Ashs gegenteiliger Bemühungen.«
    Das schreckliche Lachen des Engels hallte von den Wänden wider, kroch ihr unter die Haut. Alter und Tod, Erregung und Schmerz lagen darin, ließen Vergangenes aufsteigen. Die Erinnerungen zerschmetterten Ashwini beinahe, schnürten ihr die Kehle zu; die furchtbare Hölle ihrer Kindheit, vor der sie schon ein Leben lang davonlief, drohte, sie ein für alle Mal zu verschlingen.
    3
    Doch diesmal war die Angst ihre Rettung. Die Furcht, für immer in ihrem eigenen Kopf eingesperrt zu sein, gab ihr die Kraft, gegen den Sog der Vergangenheit zu kämpfen und in die Gegenwart zurückzukehren. Als sich das Rauschen in ihren Ohren wieder gelegt hatte, hörte sie Nazarach sagen: »Vielleicht bitte ich dich zurück an meinen Hof, Janvier.«

    Janvier verneigte sich würdevoll, und einen Augenblick lang sah Ashwini ihn in Kleidern aus längst vergangenen Tagen vor sich, ein Fremder, der bei politischen Ränken ebenso virtuos mitmischte wie beim Kartenspiel. Sie ballte die Fäuste, doch im nächsten Moment ließ er schon wieder sein vertrautes Lachen erklingen. »Als Höfling habe ich nie richtig getaugt.«
    »Dafür konnte man mit dir immer die interessantesten Gespräche führen.« Der Engel trat an einen glänzenden Mahagonitisch, die Flügel nah am Körper gefaltet. »Du bist der Jägerin behilflich?«
    Ashwini überließ das Reden lieber Janvier. Derweil beobachtete sie Nazarach, spürte seine Macht wie Peitschenhiebe - eine Peitsche gespickt mit Glassplittern.
    »Die Geschichte mit dem Kuss fasziniert mich.« Janvier zögerte. »Aber mit Verlaub gesagt - irgendwie scheint mir der Streit zwischen Antoine und Callan deiner nicht würdig.«
    Nazarachs Mienenspiel erstarb. In seinem Gesicht stand mit einem Mal jene Ausdruckslosigkeit, wie man sie nur bei den wahrhaft Alten sah. »Antoine ist zu weit gegangen! Mit seinem Verhalten stellt er meine Autorität in Frage.«
    »Dann hat er sich verändert«, erwiderte Janvier kopfschüttelnd. »Der Antoine, den ich kenne, ist zwar ehrgeizig, aber er weiß um seine Grenzen. Und vor allem hängt er am Leben.«
    »Daran ist diese Frau schuld. Simone.« Der Engel reichte Ashwini eine Fotografie, dabei verweilten seine bernsteinfarbenen Augen einen Tick zu lange auf ihr. »Sie ist kaum drei Jahrhunderte alt und wickelt Antoine schon um den kleinen Finger.«
    »Warum ist sie dann noch am Leben?«, fragte Ashwini unverblümt. Als Engel war Nazarach selbst das Gesetz, und kein Gericht der Welt würde ihn zur Rechenschaft ziehen, wenn er einen seiner geschaffenen Vampire eliminierte.
    Nazarach stellte seine Flügel leicht aus, klappte sie dann wieder zusammen. »Offenbar liebt Antoine sie.«
    Ashwini nickte. »Wenn Sie Simone töten,- dann wendet er sich gegen Sie.« Und dann würde auch Antoine dran glauben müssen. Engel waren nicht gerade für ihre Mildtätigkeit bekannt.
    »Nach siebenhundert Jahren verliere ich nur äußerst ungern einen der wenigen, die ich aufrichtig schätze - seine jüngsten Verfehlungen ausgenommen.«
    Ashwini gab ihm das Foto der glutvollen Brünetten zurück
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