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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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sich ihr zu nähern, doch bevor sie bei ihr waren, schrie Nina: »Ich war so egoistisch, ich werde mich immer dafür hassen«, und kroch mit gesenktem Kopf auf allen vieren unter den Tisch, wo sie sich wie ein Embryo auf der Seite zusammenrollte und liegen blieb. Nur ein tiefes Schluchzen war noch zu hören. Evelina schlüpfte aus ihren Pantöffelchen, tappte zu ihr, beugte sich unter den Tisch und streichelte über Ninas Schultern. Nina aber fing sofort wieder an zu schreien, ihre langen Beine scherten über den Boden und traten nach Evelina. Magdalena zuckte zurück, und auch Evelina nahm wieder Abstand. Ratlos standen sie um Nina herum,
wie um ein ehemals zahmes, jetzt tollwütiges Tier, und hörten ihren Schreien zu. »Ich habe nichts mehr, kapiert ihr das denn nicht?! Nichts mehr!« Nina kauerte wieder auf allen vieren, die Stirn auf den Boden gelegt.
    Â»Sofia«, wimmerte sie irgendwann nur noch, »Sofia!«
    In diesem Moment ging die Haustür auf, und zwei Köpfe spähten in die Küche. »Rudolf!«, sagte Magdalena schwach.
    Â»Kind!« Er räusperte sich: »Rosemarie, das ist meine Enkelin Magdalena!«
    Hand in Hand standen die beiden in der Tür. Opa Rudolf in sommerlicher Wanderkluft mit kurzärmeligem kariertem Hemd, Rosemarie, ähnlich gekleidet, noch kleiner als er und drahtig, schaute mit unerschrockenen Mausaugen von einem zum anderen. Bevor Magdalena etwas sagen konnte, tat Rosemarie ein paar Schritte in den Raum, duckte sich und war mit erstaunlicher Gelenkigkeit zu Nina unter den Tisch gekrabbelt. Überrascht sah Magdalena, dass Nina sich von ihr aufrichten und in den Arm nehmen ließ. Ninas Kopf lag nun an ihrer Brust, sie hechelte unregelmäßig und durchnässte Rosemaries dunkelblaues Nordic-Walking-T-Shirt.
    Â»Wir stehen schon eine Weile vor der Tür und waren uns nicht ganz sicher, ob wir hier richtig sind«, sagte Rudi mit gedämpfter Stimme. »Aber die Dame in der Bar Elba hat es uns eigentlich recht anschaulich erklärt …«
    Ein leises Summen drang unter dem Tisch hervor. Rosemarie hielt Nina fest gepackt und wiegte sie in einem beschwörenden Rhythmus. Minutenlang sahen ihr alle dabei zu.
    Â»Setz dich doch«, sagte Magdalena endlich zu Rudi und brachte ihm einen Plastikstuhl, der an der Wand gestanden hatte. In ihren Ohren schrillte ein hoher Ton, sie atmete ein, dennoch hatte sie das Gefühl, keinen Sauerstoff in ihre Lungen zu bekommen.

    Â»Es tut mir leid, aber ich muss mal kurz raus hier!«
    Mit großen Schritten floh sie aus der Haustür, die Treppe hinunter, in den Zitronengarten.
    Â 
    Magdalena kletterte mit wackeligen Knien auf die Mauer, dort oben würde sie vielleicht ruhiger werden. Das Meer war heute hellblau und mit weißen Schaumstippen bedeckt, Windstärke sechs bis sieben war da draußen, schätzte sie. Der Brunnen war angeschaltet. Du mit deinem Plätschern, hatte Matteo gesagt, jetzt war der Garten von dem Geräusch erfüllt, und sie konnte es kaum ertragen. Sie hatte alles kaputt gemacht. Matteo wusste jetzt Dinge von ihr, die sie ihm lieber verheimlicht hätte. Unnötige Details über Roberto, die Waffe, ihr Schnüffeln in den Tagebüchern. Sie hatte ihm im Zorn gesagt, was sie von ihm und Nina hielt. Hoffentlich kam er nicht hinter ihr her.
    Aber da war er schon, sie konnte seine Schritte von allen anderen unterscheiden. Er tat, als sähe er sie nicht, griff prüfend nach den Ästen der Zitronenbäume, kontrollierte sie auf Schädlinge, langsam wanderte er von Baum zu Baum. Sie wollte zu ihm hinunterspringen, blieb aber sitzen.
    Â»Ich habe Tiziano gesagt, dass du ihn treffen willst!«, sagte er endlich zu der Mauer.
    Â»Dann werde ich ihn eben treffen«, rief sie zu ihm hinab.
    Â»Du musst nicht! Mach, was du willst!«
    Â»Danke, das tue ich ohnehin!«
    Â»Ach, das hätte ich gar nicht gemerkt.«
    War er nur gekommen, um sie zu beleidigen? Er war ein Einzelgänger, wenn sie nicht mehr da wäre, würde er noch wochenlang allein hier im Garten herumfuhrwerken und sich um die Pflanzen kümmern.
    Â»Was hat er gesagt, er kennt Heidi, war er mit ihr …zusammen?« Kein Wort schien mehr passend.

    Â»Das, was ich wusste, habe ich ihm erzählt, er war … er reagierte etwas verstört.«
    Â»Kein gutes Zeichen, wenn Männer verstört sind.«
    Magdalena hangelte sich rückwärts von der
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