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Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne

Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne
Autoren: V.A.
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sich.
    Der Geschäftsführer packte ihn an der Krawatte und zog ihn halb über den Tisch. »Ich habe Ihnen doch gesagt, daß Sie von unserem Speisesaal aus nicht mehr ›Mist‹ im Radio sagen sollen, Sie verfluchter Schweinehund!«
    Muscadine entwand Frimmer den Telefonhörer. »Ich war in der Tat jenes ausgesetzte Kindlein, Ma'am. Ich bin dein innigst geliebter Sohn, Mutter.«
    »Skippy«, sagte die Frau am Telefon. »Nach vier Jahrzehnten!«
    Frimmer griff nach dem Leuchter und versuchte den Geschäftsführer in Brand zu setzen. Der dickliche Mann traf ihn mit der Faust am Ohr. »Tut mir leid, daß Mister Muscadine einen so schlechten Tag erwischt hat«, sagte der Geschäftsführer gleichzeitig zu Gilroy.
    »Ich schicke dir etwas, Mutter«, versprach Muscadine der alten Dame. Er schraubte sich die linke Hand ab und benützte ein Steakmesser, um die kleinen Schrauben zu lösen. »Und noch etwas anderes.«
    Gilroy hatte den Tisch zwischen sich und Muscadine, so daß er nicht sofort eingreifen konnte. »Langsam«, mahnte er eindringlich. »Sprich über deine Bücher.«
    Muscadine schraubte sich auch den rechten Fuß ab und stellte ihn auf den Tisch. »Wo bist du jetzt, Mutter?«
    »Draußen auf der Clay Street – in der Telefonzelle am Kinderspielplatz. Kommst du mit mir nach Hause, Skippy?«
    »Nein, ich kehre in eine bessere Heimat zurück, als sich diese Welt träumen lassen könnte. Die Welt ist einfach zuviel für mich, und ich bin zuviel für diese Welt.« Muscadine sprang plötzlich auf. »Ich versinke allmählich, leb wohl, leb wohl.« Er ließ seinen Fuß zurück und humpelte erstaunlich schnell hinaus.
    Gilroy legte den Telefonhörer auf und rannte hinter ihm her.
    Die Jagd ging auf der Straße weiter. Taxis, nebelverhangene Hügel und die Golden-Gate-Brücke bildeten einen stilvollen Hintergrund für diese Tragödie. Muscadine machte endlich jenseits von Sausalito halt, wo sich bewaldete Hügel bis zum Meer hinabzogen. Dort bezahlte er sein Taxi und lief zwischen den Bäumen weiter.
    Gilroy bezahlte sein Taxi ebenfalls und schickte es fort. Es hatte keinen Zweck, Muscadine noch Publikum für seine Schaustellungen zuzuführen. Die beiden Taxis rollten davon, und Gilroy bewegte sich langsam hügelabwärts.
    Muscadine war überall am Strand verstreut. Die Arme, der andere Fuß, Beine, ein Gewirr aus miniaturisierten Bauteilen. Alles lag im nassen grauen Sand.
    Muscadines Lockenhaupt ruhte bereits fast am Wasser. »Das Ufer des Vergessens«, erklärte er Gilroy.
    »Du Blödmann! Wie hast du es fertiggebracht, dich so rasch zu demontieren?«
    »Meine Begabung ist versiegt, und ich habe meine Mutter enttäuscht. Nun ist alles zu Ende.« Der Kopf sprang ins dunkle Wasser.
    Als Gilroy das Ufer erreichte, versank der Kopf bereits und zischte dabei leise.
     
    Gilroy stellte die beiden Kartons, die er hinter einem Supermarkt in Sausalito gefunden hatte, neben Dr. Pragnells Katze ab. »Ich habe mir nicht die Mühe gemacht, die andere Hand und den Fuß im Restaurant zurückzuverlangen.«
    »Ich habe das Interview verfolgt«, antwortete Dr. Pragnell. »Vielleicht habe ich Muscadine überprogrammiert. Wenn wir ihn jetzt wieder zusammensetzen, muß ich offenbar einiges ändern.«
    Gilroy nahm wieder auf dem Magazinstapel Platz. »Sie sind doch auch Arzt, nicht wahr?«
    »Ganz recht.«
    »Dann können Sie einen Totenschein ausstellen.«
    »Für wen?«
    Gilroy deutete auf die beiden Kartons. Auf einem stand in roter Schrift Gallo-Wein. »Er hat sich in den sechs Bestsellern, die er gehabt hat, ziemlich verausgabt.« Gilroy hüstelte. »Letztes Jahr hat seine Beliebtheit erheblich abgenommen. Deshalb haben wir ihn mit diesem Buch auf eine große Rundreise geschickt.«
    »Das sind alles Kleinigkeiten, die sich beseitigen lassen.«
    »Sie haben bisher nur fünf Prozent von Muscadines Einnahmen bekommen«, stellte Gilroy fest. »Könnten Sie eine Maschine bauen – keinen Androiden, nur eine Maschine –, die einfach in der Ecke steht und schreibt, was wir wollen? Sie könnte ein paar Bücher schreiben, und wir würden fifty-fifty teilen. Dacoit & Sons würde vor Wut fast aus der Haut fahren, aber der Verlag könnte nichts gegen uns unternehmen, ohne selbst zuzugeben, daß Muscadine ein Roboter war. Später können Sie nach Belieben weitere Androiden bauen.«
    »Was hätte die Maschine zu schreiben, Norm?«
    »Viele Leute – besonders Journalisten und Kritiker – bringen mich automatisch mit Muscadine in Verbindung«,
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