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Magazine of Fantasy and Science Fiction 10 - Wanderer durch Zeit und Raum

Magazine of Fantasy and Science Fiction 10 - Wanderer durch Zeit und Raum

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 10 - Wanderer durch Zeit und Raum
Autoren: V.A.
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klar, daß man das Gemälde noch im Laboratorium gestohlen hatte, nicht aus der Galerie, wo die Sicherheitsmaßnahmen so streng waren. »Es ist vorher schon passiert, aber sie geben es nicht zu.«
    Das Stimmengemurmel setzte erneut ein. Zweihundert Nasen witterten mit mir die neue Spur. Es ging nicht mehr allein um das Gemälde, sondern um die Ehre, es wiederzufinden. Was hing damit nicht alles zusammen? Ehrenlegion, ein Adelstitel, Erlaß der Einkommensteuer ...
    Später, als wir nach Hause fuhren, sagte George zu mir:
    »Das Gemälde wurde aus der Galerie gestohlen, Charles. Ich habe es dort hängen sehen, zwölf Stunden, bevor es geschah.« Er legte seine Hand auf meinen Arm. »Wir werden es finden mein Freund, verlaß dich darauf! Aber ich werde das Gefühl nicht los, daß der Dieb, wer immer es auch sein mag, nicht von dieser Welt stammt. Er hat etwas vollbracht, das völlig unmöglich war.«
     
    So also begann die Suche nach dem vermißten Leonardo.
    Ich kehrte bereits am folgenden Tag nach London zurück, blieb aber mit George in ständigem Kontakt. Wie alle anderen, die das Bild suchten, verhielten wir uns abwartend und lauerten auf einen brauchbaren Hinweis. In den überfüllten Auktionsräumen und Galerien hielten wir die Ohren offen, immer in der Hoffnung, ein verräterisches Wort zu hören, einen Hinweis aufzufangen. Das Geschäft hatte natürlich einen Aufschwung erfahren. Jeder Rubens oder Raphael war im Kurs gestiegen. Einmal würde sich der Dieb verraten, denn sicherlich war die »Kreuzigung« nicht das einzige Bild, das er gestohlen hatte. Er würde den Hehlermarkt mit kleineren, ungefährlicheren Objekten abtasten und sich dabei verraten. So laut auch die offizielle Jagd der Polizeiorgane in aller Welt sein mochte, auf den Handelsmärkten blieb vorerst alles ruhig.
    Um es gleich zu sagen: viel zu ruhig.
    Wäre alles mit rechten Dingen zugegangen, hätten wir etwas erfahren müssen. Wenigstens der kleinste Hinweis hätte in den Galerien oder auf Auktionen auftauchen müssen. Aber nichts geschah. Niemand sah oder hörte etwas. Aus Tagen wurden Wochen und schließlich Monate. Die Aufregung über den Diebstahl legte sich. Die Liste der gestohlenen Meisterwerke war um einen Namen reicher geworden.
    Mehr war vorerst nicht geschehen.
     
    Lediglich George de Staël gab die Suche nicht auf. Er verlor das Interesse nicht und rief mich in regelmäßigen Zeitabständen in London an. Meist wollte er Informationen über Bilderkäufe des achtzehnten Jahrhunderts haben, aber manchmal fragte er auch Dinge, die meine Neugier erregten. So nach und nach kam ich zu dem Schluß, daß alle seine Fragen in ein ganz bestimmtes Muster paßten. Sein Interesse galt, das wurde offensichtlich, beschädigten Gemälden, die später wieder restauriert wurden. Besonders Rubens und Raphael.
    Es war daher nicht verwunderlich, daß ich ihn vier Monate nach dem Diebstahl anläßlich seines Besuches bei mir in London als erstes fragte:
    »Nun, George, weißt du endlich, wer es gestohlen hat?«
    Langsam öffnete er seine große Aktentasche und lächelte mir zu.
    »Würde es dich sehr überraschen, wenn ich deine Frage mit ›ja‹ beantworte? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht, aber ich habe eine Idee. Eine Hypothese, das ist besser ausgedrückt. Ich dachte mir, du würdest sie vielleicht gern einmal hören.«
    »Natürlich, George. Dachte ich mir doch, daß du erfolgreicher sein wirst als die Polizei.«
    Er legte den Zeigefinger auf seine Lippen und gebot mir Schweigen. Wenn er auch immer noch lächelte, so bemerkte ich doch den Ernst in seiner Stimme, als er sagte:
    »Bevor du mich auslachst, Charles, muß ich dich darauf aufmerksam machen, daß ich selbst meine Theorie für phantastisch halte.
    Trotzdem ...«, er zuckte mit den Schultern, »... trotzdem gibt es keine andere Möglichkeit. Um meine Theorie zu beweisen, bin ich gekommen. Ich benötige deine Hilfe.«
    »Das ist doch selbstverständlich. Aber es wäre nett von dir, mir jetzt deine Theorie zu erklären. Ich kann es kaum noch abwarten.«
    Er zögerte plötzlich, als habe ihn der Mut verlassen, dann öffnete er kurz entschlossen das innere Fach seiner Aktentasche und nahm einen Stapel großer Fotos heraus, die er vor sich auf den Tisch legte. Soviel ich erkennen konnte, handelte es sich um die Reproduktionen von Gemälden, Teilvergrößerungen und Ausschnitten. Manche Stellen waren mit weißer Tinte umrandet oder anders gekennzeichnet. Immer wieder tauchte ein ovales,
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