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Märchen, Der Falke unter dem Hut ab 9 Jahre

Titel: Märchen, Der Falke unter dem Hut ab 9 Jahre
Autoren: Viele Verschiedene
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vor den Sultan zu gelangen. Seine Kleidung aber wies ihn als Armen aus, folglich würde man ihn nicht vorlassen. Sollte er ein Gedicht verfassen? Das bekäme Sultan Sojun kaum zu Gesicht.
    Ich muß es anders beginnen, das Interesse des Herrschers auf mich zu lenken, dachte er. Den Kopf wird es nicht kosten.
    Eines Tages hatte Mirali mit einem gerissenen Händler gewettet und dreihundert fette Hammel gewonnen. Jetzt schien ihm der Zeitpunkt gekommen, sein Vorhaben zu verwirklichen.
    Er trieb die Herde auf den Markt in die Hauptstadt des Sultans und bot sie zum Kauf an. Das Volk umdrängte die fetten Hammel und erkundigte sich nach dem Preis. Mirali schüttelte den Kopf und sagte ganz ernsthaft: „Ich stunde jedem Käufer das Geld für einen Hammel bis nach dem Tode des Padischahs.“ Als die Leute das hörten, wurden ihm die Tiere fast aus den Händen gerissen. Der Marktvorsteher aber ging eilig zu Sultan Sojun in den Palast und berichtete: „Mein Padischah, heute hat ein Mann eine Herde Hammel auf den Markt getrieben. Er verkauft sie und erklärt, daß er das Geld erst nach deinem Tode haben will.“
    Sultan Sojun befahl, den Händler unverzüglich zu ihm zu bringen. Als nun Mirali vor dem Padischah stand, fragte dieser: „Schurkischer Kaufmann, weshalb stundest du das Geld für die Hammel bis nach meinem Tode? Du wirst doch jetzt Gott bitten, daß ich recht bald sterben möge?“
    Mirali sah die höhnischen Augen der Wesire und erwiderte: „Deine Ratgeber haben dich wie immer falsch beraten, Padischah. Ihre Gedanken blieben auf halbem Wege stehen. Es ist richtig, ich habe den Kaufpreis der Hammel bis nach deinem Tode gestundet. Aber nur ich allein werde jetzt Gott um deinen baldigen Tod bitten, die dreihundert Leute aber, die meine Hammel kauften, werden für dein langes Leben beten. Nun überlege selbst, wessen Gebet Gott eher erhören wird: das von einem Menschen oder von dreihundert!“
    Solche Worte war der Sultan von seinen Räten nicht gewohnt. Die unerschrockene Antwort gefiel ihm so gut, daß er Mirali sogleich zu seinem Wesir ernannte.
    Das Volk jubelte. „Unserem Mirali ist es gelungen, zum Ohr des Sultans vorzudringen.“
    „Er wird uns vergessen“, sagten die einen. „Er wird uns helfen“, die anderen.
    Es war nicht leicht, Wesir des Sultans zu sein und nach seinen Launen zu tanzen.
    An einem Wintertag - die Berge waren mit Schnee bedeckt - stritt Sultan Sojun mit Mirali.
    „Wenn ein Mensch sich in den Bergen verirrt“, sagte der Padischah, „und dort übernachtet, ohne ein Feuer anzuzünden, muß er erfrieren.“
    Mirali dagegen war überzeugt, daß man auch ohne Feuer in den Bergen nicht erfriert.
    In der Hitze des Streites befahl Sultan Sojun: „Wenn es dir in den winterlichen Bergen so warm ist, dann begib dich noch heutigentags auf den höchsten Schneegipfel und übernachte dort ohne Feuer! Bist du danach heil und gesund, dann werde ich goldgefüllte Säcke in Manneshöhe aufeinanderschichten und dir schenken.“
    Mirali willigte ein. Er nahm vierzig Decken mit und erstieg den vom Sultan Sojun bestimmten Berg. Dort breitete er neununddreißig Decken übereinander und legte sich, in die vierzigste gehüllt, darauf. So verschlief er die Nacht und wachte am Morgen schweißgebadet auf. Er kehrte in den Palast zurück und forderte das versprochene Gold.
    „Hast du nachts wirklich kein Feuer angezündet?“
    „Nein“, antwortete Mirali.
    Der Sultan, der Mirali hatte beobachten lassen, fragte weiter: „Hast du von dem Berge aus irgendein Feuer gesehen?“
    „Ja, Padischah, etwa zehn Werst von mir entfernt leuchtete ein schwacher Feuerschein. Wahrscheinlich saßen dort deine Aufpasser an ihrem Lagerfeuer.“ Mirali lächelte spöttisch.
    „Siehst du!“ meinte Sultan Sojun. „Du bist nur deshalb nicht erfroren, weil dich das Feuer erwärmt hat!“
    Und er versagte Mirali die versprochene Belohnung.
    Mehrere Tage vergingen.
    Sultan Sojun brauchte Miralis Rat, und er schickte einen Boten, um ihn zu holen.
    „Richte dem Sultan aus“, sagte Mirali zu dem Boten, „daß ich kommen werde, nachdem das Wasser im Krug gekocht hat und ich meine Schale Tee getrunken habe.“
    Lange wartete der Sultan auf Mirali, schließlich sandte er einen zweiten Boten zu ihm.
    „Das Wasser kocht noch nicht“, antwortete Mirali. „Sobald es gekocht hat, komme ich.“
    Sultan Sojun wartete bis zum Abend vergeblich auf Mirali. Schließlich ging er selbst zu ihm.
    „He, Mirali“, rief er, „was fällt dir
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