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Maennerschlussverkauf - Roman

Maennerschlussverkauf - Roman

Titel: Maennerschlussverkauf - Roman
Autoren: Natascha Sagorski
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Geruch des Mageninhalts der Frau neben mir langsam von meiner Bluse in die Nase kriecht. Das kann einfach alles nicht wahr sein!
    Voll zaghafter Hoffnung öffne ich zehn Sekunden später mein rechtes Auge und bete inständig, dass vor meinem Blickfeld wenigstens die eine oder andere Kokospalme auftauchen wird. Stattdessen blicke ich in ein immer noch grünes, nun aber mindestens ebenso verlegen dreinblickendes, fremdes Frauengesicht. Leider stehe ich immer noch in dem überfüllten Zug, und obwohl ich die Augen sofort wieder zusammenkneife, spüre ich, wie der lauwarme, halb verdaute Kaffee meinen Burberry-Trenchcoat, meine Bluse und schlussendlich auch meinen weißen BH von Victoria’s Secret durchweicht.
    »Wieso – verdammte Scheiße – immer ich???«, möchte ich brüllen, aber zum Jammern bleibt mir keine Zeit.
    Der Zug hält an. Ich blinzele. »München Hauptbahnhof!«, verkündet das weiße Schild vor dem Zugfenster höhnisch.
    Mein neues Leben hat begonnen.
    »Des kanntat jetz au jeder sogn!«, schnauzt mich der bayerische Sicherheitsmann, der offensichtlich kurz vor seiner längst überfälligen Pensionierung steht, eine halbe Stunde später an. Dabei mustert er mich und meine zwei Uraltkoffer misstrauisch von unten bis oben. Sein Blick bleibt an dem riesigen Fleck auf meiner Brust hängen. »Unnd a Frau Wagnrat, die konn i im Computer scho gar ned findn«, mault er weiter und zieht geräuschvoll mit einem noch misstrauischeren Blick auf meine Körpermitte die Nase hoch.
    Das hat mir jetzt gerade noch gefehlt. Ganze vierzig Minuten (keinesfalls selbst verschuldete) Verspätung und dann auch noch ein Pförtner, der mich für die Inkarnation alles nichtbayerischen Bösen mit Geruchsausdünstungsproblemen hält. Da ich nicht gleich einen auf »meine beste Freundin hat mir hier einen Job verschafft« machen, sondern ganz korrekt zu meinem ersten Tag antreten wollte, habe ich Leonie nicht angerufen, dass ich da bin, sondern mich offiziell beim Pförtner anzumelden versucht, wie jeder andere auch. Gut, außerdem ist mein Handyakku leer, aber so genau muss man es jetzt auch nicht nehmen.
    Verunsichert reiche ich dem Mann den zerknitterten E-Mail-Ausdruck mit der Bestätigung der Jobzusage, den Leonie mir gestern noch schnell geschickt hat. Leider ist das Blatt etwas feucht geworden, da ich es die ganze Zeit schützend vor den Kaffee-Kotze-Fleck auf meinem Trenchcoat gepresst habe.
    Demonstrativ widerwillig greift der Pförtner nach dem pitschigen Blatt Papier und entziffert mit zusammengekniffenen Augen den leicht verwischten Text. »Ah, zu der Leonie wollns, ja, warum sagens des denn ned glei!«, ruft er nun schon wesentlich freundlicher, wenn auch ziemlich vorwurfsvoll aus. Dann greift er zum Telefon und kündigt in bayerischem Kauderwelsch meine Ankunft an.
    Nachdem er den Hörer auf das Telefon geknallt hat, stemmt er sich stöhnend aus seinem Stuhl hoch, watschelt um den Tresen herum und krallt sich ungefragt meine zwei Koffer. Meinen entrüsteten Protest weist er mit einem energischen Kopfschütteln und einem gebellten »Des san nu mal die Sicherheitsbestimmungen!« zurück.
    Gerade als ich mich richtig aufregen will (denn mein Plan, mich unauffällig auf irgendeine Toilette zu verdrücken und schnell umzuziehen ist damit gestorben), saust ein türkisfarbener Wirbelwind in Escada eine Flügeltreppe hinunter, rennt auf mich zu und erdrückt mich fast mit einer Umarmung. Dass ich vornherum fleckentechnisch leicht gehandicapt bin und zudem abfärbe, merkt Leonie zu spät. »Iiiih, was stinkt denn hier so? Anna, bist du das?«
    Noch ehe ich antworten kann, hat sich Leonie meine Hand geschnappt und zieht mich in Richtung Aufzug, während sie sich parallel mit einem aus dem Nichts hervorgezauberten und offensichtlich parfümierten Taschentuch den halb verdauten Kaffee von ihrer Couture wischt.
    »Eine Frau hat sich im Zug auf meine Brust übergeben, der bayerische Sicherheitsheini hat gerade meine Ersatzklamotten eingesackt und jetzt …«, setze ich an, aber Leonie winkt bereits ab.
    »Spatzl, macht nix. Deine Pechsträhne ist ab jetzt vorbei. Du bist bei mir, und alles wird gut! Komm, wir gehen nach oben in den vierten Stock, ich zeige dir alles, und danach trinken wir schön in der Cafeteria einen Cappuccino. Manuel soll dir was anderes zum Anziehen besorgen, das kriegen wir alles hin. Ich find’s ja so schön, dass du da bist. Du wirst sehen, dass der Mistkerl dich betrogen hat, wird noch das Beste sein,
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