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Maenner wie Tiger

Maenner wie Tiger

Titel: Maenner wie Tiger
Autoren: Max Catto
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er sich dadurch erleichtern – sein Glas gegen den Vogel.
    Es zerknallte an der Dachrinne wie eine Granate, Splitter tanzten in der Sonne. Beleidigt grunzend flog der Aasgeier davon.
    Harry ging ins Haus. Charley rief ihm nach, demütig: »Senhor, Sie geben doch nicht mir die Schuld …?« – »Nein«, sagte Harry über die Schulter hinweg. Aber ich glaube, er gab sie ihm doch. Denn es war Charley gewesen, der drei Wochen vorher zu ihm gekommen war, das eine Auge, das echte, betrübt, das andere, das falsche, kalt wie das eines Kupplers, und es war Charley gewesen, der gesagt hatte: »Senhor Harry, Sie verzeihen mir, wenn ich es sage: Es ist höchste Zeit, daß wir uns weibliche Gesellschaft verschaffen!«
    »Warum?«
    »Warum?« wiederholte Charley verwirrt. »Es sind gesunde Männer, die gewisse natürliche Bedürfnisse haben.«
    »Du auch?«
    »ich? Nein, gewiß nicht.« Wieder war Charley verwirrt. Unschlüssig schielte er zu mir herüber, denn ich war ja auch da. Ich tat, als hätte ich ihn nicht gehört, und beschäftigte mich weiter mit den Gesteinsproben. Wahrscheinlich glaubte er, das Gespräch passe nicht für meine alten Ohren. »Nun ja, vielleicht doch ein wenig«, gab er stirnrunzelnd zu. Er beschloß, so zu tun, als sei es nur Harrys angelsächsische Reserve, die ihn ohne Antwort ließ. Daher fuhr er lachend fort: »Offen gestanden, Senhor Harry, wir sind ja alle aus dem gleichen Fleisch.«
    Charley stand vor Harrys Schreibtisch, atmete schwer und wartete auf Harrys Antwort.
    Dann begann er nochmals: »Senhor Harry …«
    »Deine Küche ist eine Sauerei.«
    »Das Klima ist schuld daran.«
    »Verlottert und verschmutzt ist sie. Schau dir deine dreckigen Hände an!« rügte Harry.
    »Das macht nichts«, versicherte ihm Charley, »ich koch’ heut’ nicht.«
    »Ach was! Hinaus mit dir!«
    »Und die andere Sache?« – »Welche?«
    »Was ich vorhin sagte: über Frieden und Seelentrost hier im Camp …«
    »Laß Frieden und Seelentrost meine Sorge sein.«
    »Senhor Harry, ich möcht’ Ihnen doch einen Gefallen erweisen!«
    »Warum?«
    »Warum?« Zum drittenmal war Charley verwirrt. Sein Gesicht schwamm im Fett reinster Aufrichtigkeit. »Weil ich Sie gern hab’«, sagte er.
    »Charley, ich habe so viel Arbeit.«
    »Vielleicht zu viel Arbeit …« In Charleys Stimme warnte etwas, das Harry seltsam berührte, ihn aufschauen ließ. »Hier im Camp herrscht eine gewisse Erregung, nicht Unruhe ist es, eher Trauer«, sagte Charley mit einer vagen Geste. »Die Männer sind sehr physisch.« Welch merkwürdiger Ausdruck. Woher er ihn nur hatte? Charleys Auge, das falsche, schien alle Arbeit zu leisten. Flehentlich sah er mich damit an, sah dann wieder Harry an, dem er sagte: »Der Boß hat so viele Verpflichtungen. Manchmal verliert er dann den Kontakt mit dem Haufen.«
    »So?«
    »Und ich, ich gehör’ auch zum Haufen.« (Es war ein schlecht gewähltes Wort.) »Ich bin für Wollust empfindlich.«
    »Daran zweifle ich nicht.«
    »Ich hab’ spanisches Blut.« (Einen Tropfen von zehn, dachte ich, der Rest ist indianisch.) »Und was die Männer betrifft, so halt’ ich meine Finger an ihren Puls.«
    »Haben sie sich beklagt?«
    »Nein, das nicht. Sie achten Sie, lieben Sie.«
    »Wie schön!«
    »Aber sie reden.«
    »Charley, was kann ich tun, damit du nicht mehr redest? Wenn du deinen Mund nicht hältst, sitze ich noch in der Nacht hier und arbeite.«
    »In diesem Camp hier ist es sehr einsam.«
    »Wir suchen Erdöl. Das fließt nicht von selbst.«
    Charley seufzte. »Manchmal glaub’ ich, Gott traf nicht immer eine glückliche Wahl, als er Erdöl in den Boden senkte.« Und um Gott nicht zu lästern, fuhr seine Hand hastig nach dem silbernen Anhängsel, das er um den Hals trug.
    »Jedes Camp ist einsam«, meinte Harry.
    »Aber nirgends ist es so wie hier. Anderswo gab es immer noch Caracas, Mexico-City, Tripolis, so kräftige, gesunde Männer die … die …«-- diesmal glückte Charley kein zutreffender Ausdruck, er entschied sich daher für: »… die Beine ausstrecken.«
     
    »Dort ist die Tür, Charley!«
    »Senhor Harry!«
    »Du gehst jetzt! Mein Gott, wie du einem auf die Nerven fallen kannst!«
    »Hab’ ich Sie verärgert?«
    »Für mich ist’s auch einsam hier.«
    »Es wäre auch leichter für Sie, wenn sich’s einrichten ließe …«
    »Was?«
    »Was ich vorschlage: daß wir weibliche Gesellschaft herbekommen.«
    »Nein.«
    »Könnten wir nicht darüber sprechen?«
    »Nein.«
    »Werden Sie wenigstens
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