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Maenner in Freilandhaltung

Maenner in Freilandhaltung

Titel: Maenner in Freilandhaltung
Autoren: Michaela Thewes
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»Das habe ich, du Witzbold, etwa hundert Mal. Nur ist bei euch leider niemand ans Telefon gegangen.«
    »Nicht schon wieder!« Daniel seufzte und schüttelte in gespielter Verzweiflung den Kopf. »Dann war das Telefon bestimmt nicht eingestöpselt. Wir predigen den Jungs täglich, dass sie das Telefonkabel nicht als Feuerwehrschlauch benutzen sollen. Aber du weißt ja, wie kleine Kinder sind.«
    Nein, das wusste ich nicht, aber ich hatte genug Fantasie, um es mir vorzustellen.
    Während ich noch versuchte, mir aus Daniels merkwürdigem Verhalten einen Reim zu machen, winkte dieser seiner Nachbarin zu, die immer noch ihren üppig blühenden Margeritenstrauch malträtierte. Hut ab! Offenbar hatte die Frau wirklich ein Händchen für Blumen. Ein Händchen, mit dem sie blind ertasten konnte, welche Blüten bereits verwelkt waren, denn sie gaffte während der Arbeit ununterbrochen zu uns herüber.
    »Hallo, Hannah! Alles klar bei euch?«, rief Daniel quer über die Straße.
    »Hallo, Daniel. Ja, danke. Alles bestens. Bei dem traumhaften Wetter!«
    Na sieh mal einer an, wenn sie wollte, konnte sie sogar lächeln.
    »Wann kommt Nina denn zurück?«, fragte ich Daniel, als er mir wieder seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte. Bestimmt war meine Schwester nur mal eben auf einen Sprung zu einer Freundin oder kurz in den Ort gegangen, um vor ihrer Abreise noch eine Tube Zahnpasta oder Ähnliches zu besorgen.
    »Äh ... das weiß ich nicht so genau ... Vermutlich nicht so bald.« Sichtlich unbehaglich trat Daniel von einem Fuß auf den anderen. »Kann es sein, dass ihr schon länger nicht mehr miteinander gesprochen habt?«
    Warum ließ er mich nicht endlich rein?! Was sollte das ganze Affentheater? Entweder stellte er sich absichtlich dumm, oder er hatte keine Ahnung, warum ich hier war. Verflixt, Nina musste Daniel meinen Besuch doch angekündigt haben. Es sei denn, zwischen den beiden herrschte absolute Funkstille ... Am liebsten hätte ich meinen Schwager einfach zur Seite geschubst, um ins Haus zu gelangen. Nach der Zugfahrt und dem unfreiwilligen Fußmarsch sehnte ich mich nach einer erfrischenden Dusche, denn ich hatte das Gefühl, wie ein Iltis zu stinken.
    Die Nachbarin von gegenüber verfolgte die Szene weiter interessiert. Na, dann wollte ich mal nicht so sein! Da nicht zwingend davon auszugehen war, dass sie die hohe Kunst des Lippenlesens beherrschte, sprach ich nun absichtlich laut. »Nina hat mich gestern angerufen und gebeten zu kommen. Ich soll auf die Jungs aufpassen, während sie weg ist.« Dass ich auf den größten der Jungs ein besonderes Augenmerk richten sollte, behielt ich lieber für mich. Das ging weder Daniel noch die neugierige Nachbarin etwas an.
    »Oh.« Daniels Begeisterung über meine spontane Hilfsaktion hielt sich offenbar in Grenzen. Aber immerhin trat er einen Schritt zur Seite, um mich passieren zu lassen. »Na, dann komm erst mal rein.«
    »Zu gütig. Ich dachte schon, du wolltest mich hier draußen übernachten lassen.«
    Erneut schulterte ich meine schwere Reisetasche, denn Daniel machte keine Anstalten, mir mit meinem Gepäck behilflich zu sein. Eine herzliche Begrüßung stellte ich mir irgendwie anders vor.
    »Deine Schwester ist heute Morgen bereits abgereist«, geruhte Daniel mich endlich aufzuklären, während er ins Haus voranging.
    Das verschlug mir glatt die Sprache. Meine Güte, Nina hatte es aber eilig gehabt! Natürlich war ich davon ausgegangen, dass sie bei meiner Ankunft noch da sein würde, um mir den richtigen Umgang mit der Waschmaschine und den Kindern zu erklären und mir noch ein paar Insiderinformationen für meinen Spezialauftrag zu geben. Nina konnte mich doch nicht einfach so ins kalte Wasser schubsen! Na, die war vielleicht lustig! Solange ich nichts Genaues über ihre Nebenbuhlerin wusste, war jede Frau in Daniels Nähe per se verdächtig.
    Bevor ich die Haustür hinter mir schloss, drehte ich mich noch einmal kurz um. Die Rothaarige starrte immer noch herüber. Als sich unsere Blicke trafen, winkte ich ihr zu. Peinlich berührt schaute sie zur Seite.
    Das Erste, was mir im Inneren des Hauses ins Auge stach, war eine Garderobe, die unter der Last unzähliger Jacken in den verschiedensten Farben und Größen fast zusammenbrach. Hier durchzusteigen würde in den nächsten Tagen wohl noch das kleinste Problem werden, nahm ich an. Ich folgte Daniel einen großzügigen, mit Einbauschränken gesäumten Flur entlang, von dem aus eine breite Holztreppe in die erste
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