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Maedchengrab

Maedchengrab

Titel: Maedchengrab
Autoren: Ian Rankin
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zurückreichten, darunter auch die der Lothian and Borders Police. Wenn die CCU erst einmal ihre Arbeit aufnahm, stand zwangsläufig die Frage im Raum, ob das kleinere Team in Edinburgh überhaupt noch gebraucht wurde. Geld war knapp. Es wurden bereits kritische Stimmen laut, die Beschäftigung mit alten ungelösten Fällen diene einzig und allein dazu, Mittel von aktuellen (und dringenderen) Ermittlungen in der Stadt und deren Umkreis abzuziehen.
    »Ein Resultat wäre schön«, wiederholte Cowan. Dann sprang er von seinem Schreibtisch auf, ging drum herum, pflückte einen Zeitungsausschnitt von der Wand und wedelte eindrucksvoll damit herum.
    »Cold Case Unit, England«, las er vor. »Verdächtiger wegen Mordes an einem Teenager vor beinahe fünfzig Jahren angeklagt.« Er hielt ihnen den Ausschnitt vor die Nasen. » DNA … Tatortanalyse … von ihrem Gewissen geplagte Zeugen. Wir wissen doch, wie so was funktioniert, also warum setzen wir es dann nicht um?«
    Er schien eine Antwort zu erwarten, doch es kam keine. Das Schweigen zog sich in die Länge, bis Robison entgegnete: » Wir haben nicht immer die Ressourcen. Von Beweisen will ich gar nicht erst anfangen. DNA -Tests lassen sich schlecht durchführen, wenn die Kleidung des Opfers nicht mehr auffindbar ist.«
    » Wir haben aber doch genug Fälle, in denen die Kleidung noch vorhanden ist, oder nicht?«
    »Dürfen wir dann auch alle Männer der Stadt um eine DNA -Probe bitten, um sie mit den Spuren abzugleichen?«, legte Bliss nach. »Und wie machen wir das mit denjenigen, die gestorben oder weggezogen sind?«
    »Gerade wegen Ihrer positiven Einstellung habe ich Sie so ins Herz geschlossen, Peter.« Cowan legte den Ausschnitt auf seinen Schreibtisch und verschränkte die Arme. »In Ihrem eigenen Interesse«, sagte er. »Nicht in meinem – ich bin fein raus –, in Ihrem Interesse.« Er machte eine Kunstpause. »In Ihrem Interessesollten wir Resultate erzielen.«
    Wieder herrschte Stille im Raum, unterbrochen nur von Bliss’ Schnaufen und Robisons Seufzen. Cowans Blick ruhte auf Rebus, aber dieser war damit beschäftigt, den letzten Tropfen Kaffee aus seinem Becher zu schlürfen.

III
    Auch Bert Jansch war schon tot. Rebus hatte im Lauf der Jahre einige Solokonzerte von ihm in Edinburgh gesehen. Jansch war in Glasgow geboren worden, hatte sich seinen Namen aber in London gemacht. An jenem Abend legte Rebus nach der Arbeit allein in seiner Wohnung ein paar Pentangle-Alben auf. Er war kein Experte, aber er konnte Janschs Gitarre von der des anderen Gitarristen in der Band, John Renbourn, unterscheiden. Soweit er wusste, lebte Renbourn noch – möglicherweise in Borders. Oder war das Robin Williamson? Er hatte seine Kollegin Siobhan Clarke einmal zu einem Konzert von Renbourn und Williamson mitgenommen, war mit ihr zum Biggar Folk Club gefahren, ohne ihr zu sagen, warum. Als die beiden Musiker die Bühne betraten – dabei aussahen, als hätten sie sich gerade eben erst aus zwei Sesseln vor einem lodernden Kaminfeuer erhoben –, hatte er sich zu ihr gebeugt.
    »Einer von den beiden ist in Woodstock aufgetreten«, hatte er geflüstert.
    Irgendwo hatte er noch die Einrittskarte vom Biggar-Konzert. So was hob er oft auf, obwohl er wusste, dass der ganze Kram weggeworfen werden musste, wenn er mal nicht mehr war. Neben seinem Plattenspieler lag ein Plektrum aus Plastik. Er hatte es vor Jahren gekauft, war in ein Musikaliengeschäft spaziert und hatte dem jungen Mann an der Kasse erklärt, wegen der Gitarre würde er vielleicht später noch mal wiederkommen. Der Verkäufer hatte erwähnt, dass das Plek trum von einem Hersteller namens Jim Dunlop stamme, einem Schotten, der auch Effektgeräte baue. In den Jahren danach hatte Rebus die komplette Schrift von dem Plektrum abgerieben, es aber nie an einer Gitarre ausprobiert.
    »Ich kann ja auch kein Flugzeug lenken«, sagte er sich.
    Er betrachtete die Zigarette, die er zwischen zwei Fingern hielt. Vor ein paar Monaten erst war er beim Gesundheitscheck gewesen und hatte die üblichen Ermahnungen zu hö ren bekommen. Auch sein Zahnarzt hielt ständig Ausschau nach den ersten Anzeichen für etwas Schlimmes. So weit, so gut.
    »Jede Glückssträhne ist irgendwann einmal vorbei, John«, hatte ihm sein Zahnarzt eingebläut. »Vertrau mir.«
    »Nimmst du darauf auch Wetten entgegen?«, hatte Rebus erwidert.
    Er machte die Zigarette im Aschenbecher aus und zählte nach, wie viele noch im Päckchen waren. Acht, was bedeutete, dass
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