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Mädchen! - wie sie selbstbewusst und glücklich werden

Mädchen! - wie sie selbstbewusst und glücklich werden

Titel: Mädchen! - wie sie selbstbewusst und glücklich werden
Autoren: Heyne
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hatten, ihre Welt zu verstehen. In den folgenden Wochen besprachen ihre Mutter und ihr Vater zusammen mit dem Therapeuten, wie sie etwas zum Besseren ändern könnten. Die Probleme hatten sich über lange Jahre entwickelt und mussten behutsam, aber entschlossen in Angriff genommen werden.
    Kaycees Mutter betrieb mehrere Modegeschäfte. Schon als ihre Kinder klein waren, hatte ihr Beruf viel Zeit und Energie beansprucht – zu viel, wie sie jetzt feststellte. Ihre anderen Kinder waren jünger als Kaycee, und sie machte sich nun auch um die beiden Sorgen. Deshalb begann sie, ihr Leben umzuorganisieren, mit einem klaren Ziel: Wenn ihre Kinder aus der Schule kamen, wollte sie zu Hause sein, um so eine stärkere Bindung zu ihnen aufzubauen. Sie machte keine großen Versprechungen, aber sie bemühte sich darum und kam diesem Ziel Schritt für Schritt näher. Und das verbesserte das Lebensgefühl der ganzen Familie.
    (Einige von Ihnen werden jetzt vermutlich fragen, warum es wieder mal die Mutter sein musste, die berufliche Einschränkungen in Kauf nahm. Ich kann nur sagen, dass sie es so entschieden hatte. Das Leben ist nicht immer politisch korrekt.)
    Kaycees Vater Dave war womöglich noch verzweifelter als seine Frau. Er dachte daran, Anwälte einzuschalten, und wollte am liebsten jemandem den Schädel einschlagen. Aber nach und nach sah er ein, dass das der leichtere Weg wäre, nur ein Ventil für seine Wut. Was wirklich nötig war, würde viel schwieriger werden. Langsam und schmerzlich wurde ihm bewusst, dass er, zumindest auf persönlicher Ebene, ein miserabler Vater gewesen war. Also begann auch er nach Wegen zu suchen, im Leben seiner Kinder präsenter zu sein.
    Dave war beruflich viel unterwegs, und es ergab sich, dass eine Reise nach Cairns, im tropischen Norden des australischen Bundesstaats Queens, mit Kaycees Ferien zusammenfiel. Sie hätte vielleicht Lust, mit ihm zu kommen, und sie würden ein paar Tage Strandurlaub mit Schnorcheln anhängen können. Als er es vorschlug, erwartete er eigentlich, dass Kaycee ablehnte, weil mit einem alten Kerl wie ihm rumzuhängen vermutlich das Letzte war, was ihr vorschwebte. Deshalb war er sehr überrascht, als sie sofort Ja sagte und dabei ausgesprochen erfreut wirkte. Genau genommen sah sie auch ein bisschen ängstlich aus, als ob sie befürchtete, dass es vielleicht doch nicht klappen und ihr Vater in letzter Minute einen Rückzieher machen würde. Kaycee nahm ein Risiko auf sich. Sie beide fürchteten sich davor, dass es ein Reinfall werden könnte und sie nicht miteinander auskommen würden. So ist das mit echten Beziehungen – immer steht das Herz auf dem Spiel.
    Die Reise verlief gut. Während der drei Tage, die ihr Vater seinen Geschäften nachging, konnte Kaycee nach Herzenslust am Pool liegen und lesen oder an der Strandpromenade shoppen gehen. Außerdem hatte sie auch die Gelegenheit, ihren Vater einmal bei einem Geschäftstermin zu erleben. Sie merkte, dass das kein Zuckerschlecken war, dass er unter Druck stand und eine Menge Energie brauchte, um alles im Griff zu haben. Ihr wurde nicht nur klar, dass er das jeden Tag machen musste, um seine Familie versorgen zu können, sie sah auch, welche Begabungen und Fähigkeiten er hatte und wie er sie einsetzte – eine Seite an ihm, die ihr bisher verborgen geblieben war.
    Dann fuhren sie weiter nach Port Douglas, zum berühmten Great Barrier Reef im Korallenmeer vor der Nordostküste Australiens, wo, so war es geplant, der gemeinsame Urlaub stattfinden sollte. Doch am ersten Abend gab es einen kleinen Zwischenfall, irgendeine Verstimmung wegen des Aufräumens. Kaycee erinnerte sich nicht mehr genau, worum es ging, aber plötzlich begannen sie zu streiten, und alles kam hoch. (Sie haben das vermutlich auch schon erlebt: Irgendeine Kleinigkeit ist der Auslöser für eine große Explosion, bei der all der Groll und alle Verletzungen, die sich über Monate aufgestaut haben, aus einem hervorbrechen.)
    Kaycee ließ alles heraus. Zum Beispiel, dass sie in der 4. Klasse in einem Konzert den Solopart spielte, er versprochen hatte zu kommen und dann doch nicht erschienen war. Dass er einmal ihre Mutter so angeschrien hatte, dass alle furchtbare Angst bekamen. Aber vor allem warf sie ihm seine Abwesenheit vor, seine Zerstreutheit, wenn er zu Hause war, dass er sich lieber hinter seiner Zeitung verkroch, statt mit seinen
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