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Madita

Madita

Titel: Madita
Autoren: Astrid Lindgren
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Plätzchen für jemand, der seine Schwester als Sklavin verkauft hat? Vielleicht bei Linus-lda? Linus-lda ist so gut, bestimmt wird sie Madita bei sich verstecken und sie wie einen Hund auf dem Fußboden
    schlafen lassen und ihr trocken Brot zu essen geben... egal, wenn sie nur nicht vogelfrei im Wald leben muß.
    Ja, Linus-lda ist ihre einzige Hoffnung.
    Linus-lda schrickt zusammen, als Madita stoßweise schluchzend zu ihr hereingestürzt kommt.
    »Ich sag’s ja, ich sag’s ja, du kommst angesaust, als war die Polizei hinter dir her«, sagt Linus-lda. »Was ist denn bloß los?«
    Madita starrt sie wild an. Die Polizei, hat Linus-lda gesagt! Ja, 161
    bestimmt wird es bestraft, wenn man Sklaven verkauft, be-
    stimmt kommt die Polizei und nimmt sie mit, wenn heraus-
    kommt, was sie getan hat!
    Mit einem erstickten Schrei wirft sich Madita vor Linus-lda auf den Fußboden und umfaßt ihre Beine mit den Armen.
    »Bitte, bitte, liebe Ida«, schluchzt sie, »darf ich nicht hier bei dir auf dem Fußboden schlafen und nur trocken Brot essen?«
    »Trocken Brot essen? Du liebe Zeit, warum denn bloß?« fragt Linus-lda verblüfft. »Was ist denn los, Kindchen? Ist was Trauriges passiert auf Birkenlund?«
    Was Trauriges auf Birkenlund! Madita schluchzt herzzerrei-
    ßend. Oh, wenn Linus-lda nur wüßte, dann würde sie begreifen, daß es auf Birkenlund von jetzt an nur noch traurig sein kann!
    »Na, nu erzähl doch mal«, sagt Linus-lda.
    Madita schämt sich grenzenlos über ihren Sklavenhandel und bringt es nicht fertig, Linus-lda alles zu gestehen, aber nach vielen Fragen lockt Linus-lda doch aus ihr heraus, daß es sich um etwas Grauenvolles, etwas so Entsetzliches handelt, daß Madita nie mehr nach Hause zurückgehen kann.
    Linus-lda schüttelt bekümmert den Kopf.
    »Ich sag’s ja, ich sag’s ja, egal, was du gemacht hast, deshalb brauchst du noch lange nicht auf dem Fußboden zu schlafen und trocken Brot zu essen.«
    Sie hebt Madita hoch, legt sie auf ihr Bett und deckt sie mit einer Wolldecke zu.
    »Nu schlaf erst mal ein bißchen«, sagt Linus-lda, »das hilft fast immer.«
    Und kaum hat sie das gesagt, ist Madita auch schon einge-
    schlafen. Sklavenhandel macht eben müde. Da liegt sie nun und hat das Gesicht noch voller Tränenspuren.
    162

    »Armes, kleines Ding«, murmelt Linus-lda. »Schlaf du nur, ich lauf inzwischen mal rasch nach Birkenlund rüber.«
    Ein kurzes Weilchen schläft Madita. Dann erwacht sie mit
    einem Ruck. Zuerst weiß sie nicht, wo sie ist, aber dann sieht sie an der Wand über dem Bett das Bild mit dem Branntweinfluß und das mit dem feuerspeienden Berg. Da weiß sie wieder, wo sie ist und weshalb sie hier ist. Oh, warum mußte sie überhaupt aufwachen! Und wo ist Linus-lda? Ihr kommt ein
    schrecklicher Verdacht – wenn Linus-lda nun zur Polizei gegangen ist? Vielleicht wird man bestraft, wenn man Verbrecher bei sich versteckt. Linus-lda ist bestimmt lieb und gut, 163
    aber natürlich will sie wegen Madita nicht ins Gefängnis kommen, bestimmt ist sie zur Polizei gelaufen! Und jetzt kommen sie, um sie abzuholen... Madita hört Schritte auf dem Flur, und sie hört Linus-lda mit jemand sprechen.
    »Nur reinspaziert«, sagt Linus-lda.
    Mit verweinten Augen starrt Madita auf die Tür... Hilfe, Mama, Hilfe!... Ach, aber von Mama kann sie ja keine Hilfe mehr erwarten und von Vati auch nicht, denn wer ihre Lisabet als Sklavin verkauft hat, den kann die Polizei ruhig abholen. Und jetzt kommen sie, jetzt!
    Die Tür geht auf, es kommt jemand herein, jemand steht auf der Türschwelle. Kein baumlanger Polizist, nein, nur ein winziges Persönchen. Lisabet! Madita starrt sie an wie ein Ge-
    spenst. O Lisabet, ist es denn wirklich und wahrhaftig wahr?
    Aufschluchzend streckt Madita ihr die Hände entgegen, sie möchte Lisabet befühlen, sie anfassen, sich vergewissern, daß sie es wirklich ist. Sie möchte sie an sich drücken – oh, wie furchtbar lieb hat sie Lisabet.
    Voller Sehnsucht und Reue und Liebe breitet sie die Arme aus, und Lisabet stürzt sich auch hinein. Aber kaum ist sie bei Madita, versetzt sie ihr einen energischen Knuff.
    »Rutsch mal ’n bißchen, ich will mir auch den Branntweinfluß angucken, du hast ihn dir jetzt lange genug angeguckt!«
    Flink krabbelt Lisabet auf das Bett. Sie hockt dort auf den Knien und sieht sich den Branntweinfluß und den feuerspeienden Berg an. Aber Madita sieht nur Lisabet an, einzig und allein nur Lisabet.
    »Bist du dem Sklavenhändler ausgerissen?« fragt
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