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MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

Titel: MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten
Autoren: Andrea Schacht
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mitteilen?«
    Heftiges Kratzen am Ohr.
    »Wegen gestern vielleicht?«
    Kopfschütteln. Zurück zur Distel.
    »MacTiger, was ist nur los? Ist es, weil ich wegen Ken nervös bin?«
    Ohrenkratzen. Aha. Nun, einen Versuch war es wert.
    »Weißt du, wo er ist?«
    Ohrenkratzen.
    Mir kroch die Angst den Rücken hoch. Wenn der Geist sich schon bei mir einfand, um mir etwas von Kens Unternehmungen mitzuteilen, dann musste es wichtig sein.
    »Ist Ken in Gefahr?«, fragte ich und bekam kalte Hände.
    Kopfschütteln, Ohrenkratzen.
    »Nein, ja?«
    Verflixt, warum hatten wir uns nicht auf mehr Wörter verständigt! Ich überlegte. Nein, nicht in Gefahr, ja, doch in Gefahr?
    »Noch nicht, aber bald?«, versuchte ich.
    Erleichtertes Ohrenkratzen.
    Ich hingegen war nicht erleichtert.
    »Wo ist Ken?«
    MacTiger schwebte wieder zum Fenster und verschwand halb durch die Scheibe. Es sah unmöglich aus, aber es konnte nur eines bedeuten. Ken war da draußen. Im Nebel! Im Moor? Was immer ihn dazu getrieben hatte, er musste doch wissen, wie gefährlich das war.
    »MacTiger, das geht nicht. Es muss ihn jemand finden und zurückholen.«
    Ohrenkratzen.
    »Ich werde Arthur suchen.«
    Ohrenkratzen.
    Hastig zog ich mir feste Schuhe an und streifte einen weiteren Pullover und meine Jacke über. Dabei vergaß ich ganz die Brosche, die noch an meiner Bluse steckte. Dann lief ich nach unten, MacTiger als Nebelwölkchen in Gesichtshöhe vor mir her.
    In der Halle war niemand, auch die Rezeption war verwaist. Ich hatte keine Zeit, jemanden zu suchen, um zu hinterlassen, was ich vorhatte.
    Als ich die Tür öffnete, schlug mir die kalte Feuchtigkeit wie ein nasses Tuch entgegen. Das Nebelwölkchen MacTiger löste sich darin auf. Das Einzige, was noch an ihn erinnerte, waren die beiden roten Augen.
    Ich lief geradewegs zu Arthurs Haus. Hier war alles still, nichts rührte sich auf mein Klopfen. Arthur verschloss seine Tür nicht, also öffnete ich. Aber nur Silver lag in einem Sessel und putzte sich. Mir fiel ein, dass meine Tante sich mit ihm hatte treffen wollen. Wahrscheinlich waren die beiden unterwegs. Und jetzt? Ratlos machte ich die Tür hinter mir zu.
    Mir war unheimlich in den weißen Schwaden. Es war zwar nicht dunkel, man konnte eine blasse Sonne über dem undurchsichtigen Dunst erahnen. Milchig, wie opaleszierend, wirkte der Nebel. Und alle Geräusche schienen unwirklich. Nah oder fern, man konnte es nicht unterscheiden.
    »MacTiger? MacTiger, wo bist du? Ich kann dich nicht mehr sehen.«
    Die roten Augen tauchten nahe an meiner Nase auf.
    »MacTiger, kannst du in diesem Nebel etwas erkennen?«
    Ob sich der Nebel am Ohr kratzte oder nicht - es war nicht zu unterscheiden.
    »MacTiger, so geht das nicht. Ich kann nur deine Augen sehen, sonst nichts. Wenn du also ›ja‹ meinst, dann musst du mit einem Auge zwinkern. Und bei ›nein‹ mit beiden. Geht das?«
    Ein Auge verschwand. Wunderbar, ein Fortschritt. Ich wiederholte meine letzte Frage, und MacTiger gab mir zu verstehen, er könne den Nebel durchdringen. Wie auch immer Geister das machten.
    »Hilf mir, Ken zu finden, MacTiger. Bitte.«
    Ein Auge verschwand.
    »Gut, gib die Richtung an. Aber denk daran, ich kann nicht schweben, ich muss auf festen Wegen bleiben, um nicht im Moor zu versinken.«
    Ein Auge verschwand, dann setzte der kleine, hilfsbereite Geist sich in Bewegung. Ich folgte den beiden Lichtpunkten, die in regelmäßigen Abständen vor mir auftauchten. Die erste Wegstrecke schien mir noch vertraut. Wir gingen abwärts zum See, dorthin, wo der Fußweg begann. Hier waren noch keine Probleme mit dem Moor zu erwarten, und ich schritt zügig aus. Doch dann erreichten wir die Gabelung, wo er auf der einen Seite zum Bootssteg und dem Golfplatz führte und auf der anderen Seite zur Ruine.
    MacTiger schlug die Richtung zur Ruine ein und bestätigte damit meine schlimmsten Befürchtungen. Dort war das Moor.
    Was, um Himmels willen, hatte Ken dazu getrieben, allein hinauszugehen?
    Ein Rabe flog krächzend aus den Mauerresten der alten Kate auf. Ich zuckte zusammen. Es war unheimlich hier. Mit bangem Herzen folgte ich den roten Augen und achtete sorgfältig darauf, wohin ich meine Füße setzte. Hin und wieder blieb ich stehen und lauschte. Das Plätschern der kleinen Wellen des Sees war zu hören. Rascheln in den Zweigen, hoch oben das Brummen eines fernen Flugzeugs. Sonst nichts. Ob ich rufen sollte?
    »Ken!« Die Angst schien mir die Kehle zuzuschnüren, ich brachte nur ein heiseres
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