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MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

Titel: MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten
Autoren: Andrea Schacht
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Dort, wo zwischen den Büschen und Gräsern zierliche Elfen tanzten.

Das Ende der Ballade
    Dann ging dieser Urlaub doch zu Ende. Tante Henrietta und ich beschlossen einmütig, nicht mit der Busreisegesellschaft zurückzufahren, sondern einen Flug zu buchen. Ein Zusammentreffen mit den bildungshungrigen Damen war etwas, das uns nach allem, was geschehen war, eine Gänsehaut über den Rücken laufen ließ.
    Überhaupt, Tante Henrietta wirkte wie ausgewechselt. Die harte Schale hatte nicht nur Risse bekommen. In den langen Gesprächen, die Arthur, sie und ich in den letzten drei Tagen geführt hatten, war sie in großen Stücken abgefallen. Ken hatte einige Unterredungen mit der Polizei führen müssen, aber wann immer er Zeit fand, gesellte er sich zu uns. Es waren wundervolle Tage, selbst das Wetter spielte mit. Kein Nebel, kein Regen, nur klare, warme Sonnentage, an denen ein frischer Wind manchmal eine Herde Wolkenschafe über den Himmel trieb und sie an den Berggipfeln versammelte.
    Dann, nachmittags am letzten Tag, bat mich Arthur - ich konnte mich nach sechsundzwanzig Jahren vaterlosen Zustands nicht an die familiäre Anrede gewöhnen, darum hatten wir uns darauf geeinigt, uns weiter beim Vornamen zu nennen - zu sich.
    »Schau, Kind, ich habe ihn fertiggestellt.«
    Der weiße Stein mit den silbrigen Adern war auf der abgeschrägten Seite geglättet, aber ansonsten unbearbeitet gelassen worden. Oben auf der ebenen Fläche war eine wunderschön ausgearbeitete Silberdistel zu sehen, darunter standen die Namen der drei MacIains und natürlich auch der von MacTiger.
    »Schön ist er geworden. Können wir ihn nicht heute noch aufstellen?«
    »Das hatte ich vor. Wir werden uns zum Sonnenuntergang im Garten treffen und ihn mit der gebührenden Feierlichkeit neben das alte Grab setzen. Es wird ein schöner Abschluss für euren Aufenthalt sein.«
    Ich nickte, und ein Hauch von Trauer flog mich an. Wie schade, dass wir nach Hause mussten. Ich wäre gerne geblieben. Hätte gerne die Heide blühen, das Laub sich verfärben, die Gipfel der Berge weiß von Schnee werden sehen. Aber die Pflicht rief.
    Dann, als ich zurückging und an dem duftenden Rosenbusch haltmachte, kam mir eine Idee.
    Um sie auszuführen, benötigte ich ein paar Kleinigkeiten. Ich suchte mir aus meinem Gepäck einen alten Jutebeutel heraus, in den ich meine Schuhe einzupacken pflegte, und entwendete Arthur eine Gartenschaufel, die er hinter dem Haus hatte liegen lassen. Mit diesen Utensilien machte ich mich auf den Weg. Vorbei an der verfallenen Kate, die im Sonnenschein nur romantisch und nicht bedrohlich wirkte, vorbei an dem hakeligen Brombeergestrüpp, dessen weiße Blüten zwischen dem dunkelgrünen, glänzenden Laub blinzelten, entlang der Steinmauer, hinter der das saftig grüne Gras die schwarze, morastige Tiefe des Moores bedeckte, vorbei an der Ruine von Blair Rath Castle, durch den stillen Eichenhain bis hin zu dem alten Ring der Steine.
    Die tanzenden Maiden standen schweigend in ihrem Rund.
    Ich hielt ein in meinem schnellen Schritt und ließ die Ruhe auf mich wirken. Die Schatten der Steine fielen auf weiches Moos und Waldgräser, der Wind wisperte im Laub der Eichen leise Zauberworte, es duftete nach sonnenwarmer Erde, Blüten, harzigem Holz. Ein Eichelhäher glitt blau blitzend in niedrigem Flug zwischen den Stämmen entlang, eine Lerche trillerte hoch oben im Himmelsblau ihr Lied.
    Es schien mir nur recht, ein paar Worte zum Gruß der Maiden zu sagen, bevor ich andächtig in ihren Kreis trat. Friede umfing mich, heiterer Friede und das Gefühl eines lang ersehnten Einsseins mit mir und der Welt. Ich wandte mich zur Mitte des Kreises.
    Sie war noch da, die Silberdistel. Ein gefallener Stern, beschützt von kratzigen, bizarr geformten Blättern. Sie war so schön, dass ich schwankend wurde in meinem Entschluss. Dieses kleine Wunderwerk konnte ich doch nicht einfach ausgraben und mitnehmen. Es gehörte hierhin, in das Zentrum des Henge. Ich kniete nieder und strich sacht über die silbrig-weißen Blütenblätter, versunken in ihre Schönheit.
    Ein dunkler Wolkenschatten fiel über mich und die Distel. Ich blickte auf - und zuckte erschrocken zusammen. In ihrem schwarzen Umhang wartete die Alte neben mir, gestützt auf ihren knorrigen Stab. Sie sah zu mir hinunter. Doch ihr Gesicht trug bei aller Strenge einen gütigen Ausdruck. Sie sprach kein Wort, doch sie machte einen Schritt von der Distel weg und deutete mit ihrem Stab auf den
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