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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos
Autoren: Alex Berg
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aufgenommen worden«, sagte Mayer.
    Valerie schwieg. Aber es war ein anderes Schweigen als zuvor. Nachdenklichkeit hatte die Wut abgelöst. Lange war es still in dem Raum.
    »Ich nehme an, Sie wissen, dass es sich bei diesem Mann um Mahir Barakat handelt, aber Sie wussten nichts von dem Treffen der beiden in Kopenhagen.«
    Er deutete ihr beharrliches Schweigen als Zustimmung.
    Mayer zog ein weiteres Foto aus dem Ordner. Es zeigte Mahir Barakat und zwei Männer von arabischem Äußeren in einem Restaurant. Mayer tippte auf einen von ihnen. »Dieser Mann ist einer der drei Attentäter von Kopenhagen.«
    Alle Farbe wich aus Valerie Weymanns Gesicht. Sie schluckte. »Wo ist Noor?«, fragte sie dann so unerwartet, dass Mayer überrascht aufsah.
    »Wie bitte?«
    »Wo ist Noor al-Almawi?«, wiederholte Valerie ihre Frage. »Wohin haben Ihre Leute sie gebracht?«
    Mayer beugte sich vor und fixierte Valerie. »Sie kennen diese Männer«, sagte er, ohne auf ihre Frage einzugehen.
    »Nein«, erwiderte sie ruhig. »Ich kenne sie nicht.«
    Mayer stand auf und trat ans Fenster, wohlwissend, dass er so nicht weiterkam. Sie saßen bereits seit mehr als drei Stunden zusammen. Die Luft im Raum war stickig, und es verlangte ihn danach, rauszugehen und den Wind zu spüren, der immer durch die Straßen dieser Stadt blies. Der Innenhof lag bereits im Grau der ersten Dämmerung. Lichter brannten in den Fenstern rundherum. Bei ihrem Anblick dachte er unwillkürlich an sein nichtssagendes Hotelzimmer, dessen einziger Lichtblick die Aussicht über die Weite der Alster war. Mit einem Ruck wandte er sich ab und maß Valerie kühl. »Sie spielen mit dem Feuer, Frau Weymann. Ich kann Sie nicht schützen, wenn es außer Kontrolle gerät.«
    Sie richtete sich auf ihrem Stuhl auf. »Drohen Sie mir etwa?«
    »Nein, ich warne Sie.«
    »Wovor?«
    »Ich denke, das wissen Sie.«
    Valerie senkte den Blick. Sie hatte Angst vor dem Amerikaner. Ahnte etwas. Was wusste sie wirklich?
    Jetzt war sie es, die aufstand und langsam im Raum auf und ab ging. Ihr dunkelgrauer Hosenanzug war zerknittert, ihr Haar hatte sie im Nacken zu einem Zopf zusammengefasst, dessen Ende sie zwischen ihren Fingern drehte. Schließlich blieb sie stehen und sah ihn an. »Ich kenne diese Männer nicht. Ich habe mit alldem nichts zu tun. Bitte, lassen Sie mich gehen. Ich möchte nach Hause zu meiner Familie.«
    Er wünschte, er könnte ihr glauben. Ob ihre Töchter dieselben auffällig grauen Augen hatten wie sie? Er hatte auch von ihnen Fotos gesehen und in unbeschwerte lachende Kindergesichter geblickt. Aber die Auflösung war nicht scharf genug gewesen, um ihre Augenfarbe zu erkennen.
    Ich kenne diese Männer nicht.
    Er wusste, dass sie nicht die Wahrheit sagte. Erneut öffnete er den Ordner und zog seinen letzten Trumpf. Legte ihn wortlos auf den Tisch. Die Fotografie zeigte Valerie Weymann zusammen mit Noor al-Almawi, Mahir Barakat und dem Attentäter von Kopenhagen in Hamburg an der Alster. Im Hintergrund waren die Kaufmannshäuser am Jungfernstieg und der Turm des Rathauses zu erkennen. Valeries Lippen wurden schmal, und in ihren Augen lag ein wütendes Funkeln, als sie zu ihm aufsah. »Das ist eine Frechheit.« Sie packte das Foto und machte einen Schritt auf ihn zu, hielt es ihm unter die Nase. »Was soll das, was wollen Sie mir anhängen? Ich bin nie mit diesen Männern und Noor al-Almawi an der Alster gewesen.« Sie knüllte das Bild zusammen und warf es ihm vor die Füße. »Das ist eine Fotomontage.«
    Mayer bückte sich nicht danach. Starrte nur darauf und vermied den Blick auf die Digitalkamera, die auf dem Fensterbrett stand. Das kleine grüne Licht über dem Objektiv zeigte, dass sie arbeitete.
     
    War Valerie Weymanns Empörung echt, oder war sie gespielt? Er wusste nicht, wie oft er sich die Sequenz auf dem Film bereits angesehen hatte. Jede Regung, jedes Zucken ihres Gesichts war ihm inzwischen bekannt und vertraut. Jede Nuance ihrer Stimme. Wieder und wieder hatte er die Aufnahme abgespielt und war doch zu keinem befriedigenden Ergebnis gekommen. Er hatte einen Fototechniker an die Auswertung der Fotografie gesetzt. »Wenn es eine Montage ist, dann ist sie zu professionell gemacht, um es zu erkennen«, hatte dieser ihm nach Abschluss seiner Arbeit mitgeteilt. Mayer fragte nicht, ob das möglich war. Es war möglich, das wusste er.
    Er konfrontierte schließlich Burroughs mit den Aufnahmen. Der Amerikaner nahm die Sache ernster, als er erwartet hatte. Stirnrunzelnd
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