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Machtkampf

Machtkampf

Titel: Machtkampf
Autoren: Manfred Bomm
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durchzuckte es Kugler.

2
    »So ganz gefällt mir die Sache nicht«, stellte der junge Kriminalist Mike Linkohr fest, der an diesem Abend für den Kriminaldauerdienst eingeteilt war. Er saß in der Kriminalaußenstelle des kleinen Städtchens Geislingen an der Steige am Rande der Schwäbischen Alb und blickte auf die Notizen, die ihm die Kollegen nach dem Einsatz am Hochsitz bei Böhmenkirch hinterlassen hatten. Sein Gegenüber – eine überaus hübsche Absolventin der Polizeifachhochschule – stimmte ihm zu. Sie war am frühen Abend selbst vor Ort gewesen, als Kollegen wie immer in solchen Fällen die Umstände überprüfen mussten. »War kein schöner Anblick, sag ich dir, Mike«, berichtete sie. »Er hat sich sein Jagdgewehr unters Kinn gehalten.« Sie deutete es mit einer Handbewegung an.
    Linkohr, der trotz seiner erst 34 Jahre schon viel Schreckliches erlebt hatte »Kann ich mir vorstellen. An so was wirst du dich aber gewöhnen.«
    Vanessa warf ihre zu einem Pferdeschwanz gebundenen Haare über die Schulter und runzelte ihre glatte Stirn. »Ich weiß, dass ich mich dran gewöhnen muss. Ich werd es versuchen, aber ob ich’s kann, weiß ich noch nicht.«
    »Das ist unser Job, Vanessa. Wir sind genau dort, wo Gutes und Böses dicht beieinanderstehen. Sozusagen an der Schnittstelle.« Als er dies sagte, wurde ihm unangenehm bewusst, dass er zwar schon auf wertvolle Berufserfahrung zurückblicken konnte, dies aber gleichzeitig auch mit dem Älterwerden verbunden war. Es fiel ihm schwer, sich beim Anblick von Vanessa auf die schriftlichen Feststellungen der Kollegen zu konzentrieren. »Zwar ist nach Lage der Dinge davon auszugehen, dass er die Waffe gegen sich selbst gerichtet hat«, fuhr er fort. »Aber zwei Punkte machen mich stutzig.«
    »Ich weiß, was du meinst.« Vanessa nickte eifrig, sodass ihr Pferdeschwanz neckisch auf und ab hüpfte.
    »Da sind zunächst mal diese Schmutzantragungen, die an der Leiter gefunden wurden. Ganz frische Erde. Klebte wohl an den Schuhen, als da jemand hinaufgestiegen ist. Es hat heute Nachmittag geregnet, sodass dieser Dreck an den Schuhen von irgendjemandem hängen geblieben ist und beim Hochsteigen abgestreift wurde.«
    »Aber nicht von denen des Toten«, stellte die junge Polizistin eifrig fest. »Seine sind sauber. Und nicht einmal im Profil der Sohle finden sich frische Erdantragungen.«
    »Eben«, lobte Linkohr ihren großen Eifer. »Und oben in der Aussichtskanzel – wenn ich das mal so nennen darf –, da ist der Bretterboden ebenfalls mit frischer feuchter Erde verschmutzt.«
    »Daraus ergibt sich also«, konstatierte Vanessa, »der Max Hartmann ist – weil er saubere Schuhe hat – noch vor dem Regen zu seinem Hochsitz hochgeklettert und hat entweder während oder nach dem Regen Besuch gekriegt.«
    »Ja – und zwar Besuch von jemandem, der möglicherweise einen Knopf verloren hat.« Linkohr hob eine kleine durchsichtige Plastiktüte hoch, in der sich ein silbern-metallener Gegenstand befand. »Das Ding stammt nicht von Hartmanns Kleidung, könnte natürlich auch schon längere Zeit dort oben gelegen sein.«
    Vanessa nahm den Beutel in die Hand, um den Inhalt genauer untersuchen zu können. »Sieht aus, als wär’s von einem Arbeitskittel oder einer Arbeitshose.«
    »Also kein seltenes Stück, befürchte ich mal«, entgegnete Linkohr, »wahrscheinlich gibt’s in diesen Albdörfern jede Menge Personen, die so ein Kleidungsstück tragen.«
    Vanessa legte das Beweismittel wieder auf Linkohrs Schreibtisch zurück. »Na ja«, schmunzelte sie, »so ein Ding könnte aber genauso gut an einer Damenjeanshose oder an einem Jeansrock dran gewesen sein.«
    Linkohr stellte sich für einen kurzen Moment vor, wie Vanessa mit ihrer schlanken, hochgewachsenen Figur in einem sommerlich-kurzen Jeansrock aussehen würde.
    »Du meinst«, sammelte er sich wieder, »er könnte dort oben nicht nur vierbeinige Rehlein gejagt haben?«
    »Das hast du jetzt gesagt«, konterte Vanessa kess. »Aber es ist tatsächlich so: Ich hab mich mal unter den Feuerwehrleuten umgehört, die die Leiche geborgen haben. Auch wenn sie nicht so richtig mit der Sprache heraus wollten, so hab ich doch einige abenteuerliche Geschichten zu hören bekommen.«
    »Kein Wunder natürlich, wenn man sich einen Jägersitz baut, der eigentlich ein richtiges Baumhaus ist.« Linkohr nahm ein Foto aus den Akten. »2.50 Meter lang und 1.90 Meter breit. Und der Fußboden 5.30 Meter vom Erdboden entfernt«, las er
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