Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
macht weiter

macht weiter

Titel: macht weiter
Autoren: Dorothy Gilman
Vom Netzwerk:
verschiedenen
Knöpfen zu drehen. Es handelte sich offenbar um ein
Tonbandgerät. Court setzte sich plötzlich auf und rief einer
Dame zu, die über den Kiesweg kam: »Oh, Lady Palisbury...« Sie blieb stehen. Als sie Court entdeckte, erhellten sich ihre
Züge. »Oh, hallo«, sagte sie und kam über den Rasen auf sie zu.
»Ich war in der Schlucht.« Unter einem großen Sonnenhut sah
man zwei lustige und sehr kluge Augen.
»Was ich Sie fragen wollte: Haben Sie Ihren Brillantring
schon gefunden?«
Lady Palisbury schüttelte den Kopf. »Nein, meine Liebe, aber
er wird bestimmt wieder auftauchen.«
»Ich hätte Sie beinahe schon beim Essen gefragt, aber Ihr
Mann...«
»Das war sehr vernünftig von Ihnen, meine Liebe. Nein, ich
will ihm keinen Schrecken einjagen, sonst steigt sein Blutdruck.
John ist ein sehr impulsiver Mann«, bemerkte sie vielsagend. »Darf ich bekannt machen, Lady Palisbury? Das ist Mrs. Pollifax, Mister Burke-Jones.«
Sie nickte freundlich. »Ich setze mich aber nicht zu Ihnen, so verlockend es auch wäre. Ich muß meinen Mann aufwecken. Er hat um vier Uhr Massage.«
Lady Palisbury entfernte sich. Als sie an Hafez vorbeikam, klemmte dieser sich das Tonbandgerät unter den Arm, hielt ihr das kleine Mikrofon vors Gesicht und sagte etwas auf Französisch zu ihr. Lady Palisbury lächelte, ging auf seine Bitte ein und sagte ein paar Worte. Dann ging sie ins Haus. »Kümmert sich seine Großmutter denn nicht um ihm?« sagte Mrs. Pollifax mit einem Blick auf Hafez, der bereits wieder in eine andere Richtung stürmte.
»Wußte gar nicht, daß er eine hat«, meinte Burke-Jones. »Es muß doch furchtbar langweilig für ihn sein«, sagte Court.
Sie setzte sich auf. »Wie alt kann er sein? Zehn Jahre? Oder elf?«
»Er ist so klein, daß sich das schwer schätzen läßt. Mir hat er erzählt, daß er mit seiner Großmutter gekommen ist, die hier behandelt wird.«
»Er dürfte außerordentlich intelligent sein«, sagte Court nachdenklich. »Wann er eigentlich schläft, weiß ich nicht - ein richtiges Nervenbündel, nicht wahr? Wenn ich nämlich morgens
zum Wandern aufgebrochen bin habe ich ihn regelmäßig getroffen. In aller Früh um sechs schon!«
»Sonderbar«, sagte Mrs. Pollifax und beobachtete den Jungen, der sich gerade an den General heranmachte.
Auch der General erfüllte seine Bitte. Er sprach ins Mikrofon, und Hafez lachte. Es war ein helles, kurzes Lachen. Mrs. Pollifax verfolgte die Szene aufmerksam.
»Jetzt hat er erreicht, daß der General sagt: »Ici la police sortez, les mains en l'air!« erklärte Court. »Das he ißt: Hier ist die Polizei - Hände hoch und kommen Sie raus! Der General
war früher nämlich Chef der Sûreté.«
Robin schien betroffen. »Ich dachte, er wäre bloß beim Heer gewesen.«
»Auch - im Zweiten Weltkrieg unter de Gaulle. Später wurde er dann Chef der Sûreté.«
»Wieso wissen Sie über alle Gäste so gut Bescheid, und von mir wollen Sie gar nichts wissen, Miß van Roelen?« fragte er gekränkt.
Court lächelte ihm zu, und das war eine große Ausnahme:
»Ich war schon letzten Sommer hier, und es hat mir gefallen.
Der General war auch hier. Er ist sehr alt und sehr einsam und wird wohl nicht mehr sehr lange zu leben haben.«
Hafez stand plötzlich vor ihnen, lief ungeduldig von einem
zum andern und hielt das Mikrofon hin. Robin ging auf das
Spiel ein und rief: »Hände hoch, ergebt euch - das Spiel ist aus!« Mrs. Pollifax sah dem Jungen zu. Sein Benehmen gab ihr Rätsel auf. In seinem Blick lag etwas, das wie ein Blitz
aufleuchtete. Und die hastigen, nervösen Bewegungen konnten nicht ganz unmotiviert sein. Vielleicht weiß er wirklich nicht, was er tut, dachte sie, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Und es ist ihm auch egal, Hauptsache, er ist in Bewegung. Ihr Blick fiel auf seine Hände, als er das Mikrofon in den Kassettenrecorder legte, und sie sah, daß sie zitterten. Da begriff sie, daß der
Knirps unter einem unerträglichen seelischen Druck stand. »Ein lästiger Bengel«, sagte Robin, nachdem Hafez fortgerannt war, um weitere Stimmen zu sammeln.
»Überfunktion der Schilddrüse?« meinte Court.
»Nein«, sagte Mrs. Pollifax langsam. »Dahinter steckt mehr.
Ich glaube, er hat Angst.« Sie staunte selbst über ihre
Feststellung.
»Wovor sollte sich ein Kind hier fürchten?« fragte Court
zweifelnd.
»Offen gestanden ist er es, der mir einen Schrecken einjagt«,
sagte Robin grinsend.
Mrs. Pollifax schüttelte nur den Kopf, nachdem sie den
seelischen Zustand des Jungen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher