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Macabros 121: Höllenmarionetten

Macabros 121: Höllenmarionetten

Titel: Macabros 121: Höllenmarionetten
Autoren: Dan Shocker
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Großvater.
    Grandpa… einen Moment kamen Wehmut und Nostalgie auf.
    Der alte Mann mit dem schneeweißen Haupthaar und dem dichten
Vollbart, der das wettergegerbte Gesicht rahmte, war eine der
Personen in ihrem Leben, die sie besonders geliebt hatte. Mehr noch
als ihren Vater und ihre Mutter.
    »Grandpa Bill«, wie sie ihn stets zu nennen pflegte, war
eine Seele von Mensch gewesen.
    Wie kein Zweiter wußte er spannend und interessant aus
seinem abenteuerlichen Leben zu erzählen.
    Dieser große alte Mann, der die ganze Welt gesehen hatte und
mit dem sie auf zahllosen Fotos abgebildet war, gehörte mit zu
den schönsten Erinnerungen ihrer Kindheit.
    Im Alter von fünfundsiebzig Jahren entschloß er sich
nun, mit einem Einhandsegler die Welt zu umschiffen.
    Die letzte große Tat, bevor’s ins Grab geht, sagte er
damals, halb scherzend, halb im Ernst. Er war kerngesund und
kräftig, und keiner konnte ihn von seinem Tun abbringen. Der
Mann, der seine Tage in den Wäldern Kanadas bei Wind und Wetter
verbracht hatte, der den Spuren der Goldsucher nachgegangen und
jahrelang auf den unmöglichsten Frachtern die ganze Welt bereist
hatte, wollte ein letztes großes Abenteuer erleben…
    Genau dreiundzwanzig Jahre war das her. Susan Kelly war damals
sechzehn, als ihr Großvater die Reise antrat und nicht mehr
zurückkehrte.
    Drei Monate später entdeckte man sein Schiff nahe der
Bahamas. Leer… Von Grandpa Bill keine Spur.
    Sein Verschwinden blieb ungeklärt. Es stand fest, daß
er mit dem Wetter bis zu diesem Zeitpunkt großes Glück
hatte. Auf dem bisherigen Weg hatte es keine Schwierigkeiten
gegeben.
    Zwei Tage vor seinem spurlosen und rätselhaften Verschwinden
war von einer Küstenstation noch ein Funkspruch von ihm
aufgefangen worden. Bis zu diesem Zeitpunkt war alles noch in Ordnung
und der Einhandsegler offensichtlich bei bester Gesundheit.
    Doch in den nächsten achtundvierzig Stunden mußte dann
etwas passiert sein, was nie geklärt werden konnte. Die
offiziellen Vermutungen liefen darauf hinaus, daß es dem
Seefahrer schlecht geworden war und er einen Schwächeanfall
erlitten hatte. Dabei mußte er dann über Bord gefallen
sein.
    Auf dem Segelboot fand man alles unberührt. Nichts wies auf
einen Kampf hin. Alles war da. Nur Grandpa Bill fehlte…
    Er war also fünfundsiebzig, als er sich stillschweigend von
der Welt verabschiedete. Ein erfülltes Leben, würde manch
einer meinen. Nicht so für Grandpa Bill. Seine Kraft und sein
Elan hatten ihn jünger wirken lassen als manchen
Fünfziger.
    Seltsam, daß ihr jetzt diese Dinge durch den Kopf
gingen…
    Sie lagen schon so weit zurück, aber durch diese Bilder
wurden sie neu geweckt.
    Mechanisch und geistesabwesend begann Susan damit, Fotos und Alben
wieder einzuordnen.
    Dem ersten Unbehagen folgte die Vernunft.
    Die Frau war plötzlich überzeugt davon, daß sie
offensichtlich noch im Halbschlaf etwas mitbekommen hatte. Aber nicht
richtig.
    Die Alben und Bilder waren vielleicht von selbst ins Rutschen
geraten, und gerade das Gewicht hatte von innen gegen die
Schranktüren gedrückt. Die waren offensichtlich nicht
sorgfältig genug verschlossen, so daß sie sich unter dem
Druck öffneten.
    Eine andere Erklärung fand Susan Kelly einfach nicht.
    Sie seufzte und räumte weiter auf.
    Plötzlich sah sie die Fußspitzen vor sich.
    Mit einem Aufschrei warf sie den Kopf in die Höhe, denn sie
war nicht mehr allein im Zimmer!
     
    *
     
    Susan Kelly sprang empor, ihr Aufschrei verebbte und ging unter in
dumpfes, ungläubiges Stöhnen.
    Ein Mann stand vor ihr.
    »Aber… das kann nicht sein«, entrann es zitternd
ihren Lippen.
    Die Frau konnte nicht schreien und davonlaufen.
    Sie war schockiert und fasziniert zugleich.
    »Ich bin nicht… mehr normal«, hörte sie sich
weinerlich wispern. »Schlaflosigkeit ist Zeichen einer
beginnenden Krankheit… ich bin geisteskrank…«
    Der Mann vor ihr blickte nur stumm.
    Er war groß, kräftig, hatte schneeweißes Haar und
einen ebenso dichten Vollbart, der ein wettergegerbtes Gesicht
rahmte.
    »Grandpa… Bill«, sagte Susan Kelly, dann verdrehte
sie die Augen und fiel ohne einen weiteren Laut auf den Teppich neben
ihre Alben und noch nicht aufgeräumten Bilder.
     
    *
     
    Als sie erwachte, schien die Sonne durch die Vorhange.
    Susan Kelly blinzelte.
    Ich muß zur Arbeit, war ihr erster Gedanke… doch dann
fuhr sie zusammen. Ich habe verschlafen!
    Sie wollte sich aufrichten. Das ging nicht so schnell wie sonst.
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