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Macabros 089: Rückkehr in den Totenbrunnen

Macabros 089: Rückkehr in den Totenbrunnen

Titel: Macabros 089: Rückkehr in den Totenbrunnen
Autoren: Dan Shocker
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In fünf Jahren konnte viel geschehen. Dies
galt nicht nur für sein abwechslungsreiches, abenteuerliches
Leben.
    Er verschaffte sich Gewißheit und klingelte.
    Es dauerte eine Weile, ehe eine Reaktion erfolgte.
    Sie kam anders, als von ihm erwartet.
    Nicht die Haustür wurde geöffnet, sondern das Fenster
zur Straße in der ersten Etage über ihm.
    »Hola, Senor?« rief eine schwache Stimme über
ihm.
    Björn hob den Blick.
    Aus dem Fenster schaute ein runzliges Gesicht, das von Wind und
Wetter gegerbt war wie Leder.
    Die Frau, die seinen Blick erwiderte, war uralt und hatte das
eisgraue Haar zu einem flachen Knoten zusammengebunden.
    »Wollen Sie zu mir, Senor? Wer sind Sie? Und was wollen
Sie?« setzte sie ihre Fragerei fort, noch ehe Björn darauf
eingehen konnte.
    »Entschuldigen Sie bitte, Senora«, rief er nach oben,
während Passanten an ihm vorbeiliefen, ohne auf dieses seltsame
Zwiegespräch überhaupt zu achten. »Ich hoffe, ich
hab’ mich nicht in der Tür geirrt. Ich habe aber allen
Grund anzunehmen, daß hier eine Evita Mochares
wohnt…«
    Die letzten Worte gingen unter im Lärm, den ein anfahrender
Bus verursachte, der nur wenige Schritte vom Haus entfernt gehalten
hatte, um neue Fahrgäste aufzunehmen.
    »Wie bitte, Senor?« Die alte Frau beugte sich weit aus
dem Fenster, so daß Björn schon befürchtete, sie
würde in die Tiefe stürzen.
    Zwei stachelige Kakteen auf der äußeren Fensterbank
waren so hoch, daß sie das vorgestreckte Kinn berührten
und die Frau mit einem leisen, spitzen Aufschrei zurückwich.
    »Was haben Sie gesagt?« klang es aus der Wohnung, ohne
daß die Ruferin noch zu sehen war. »Ich kann Sie schlecht
verstehen, Sie müssen lauter sprechen…«
    »Dann öffnen Sie mir doch, Senora«, Hellmark legte
die Hände wie einen Trichter an den Mund. Kein Mensch in seiner
Umgebung regte sich darüber auf, daß er brüllte.
    »Nein, ich lasse keinen Fremden herein. Wer sind Sie
denn?«
    »Mein Name ist Hellmark, und ich möchte zu Senorita
Evita…«
    »Evita Mochares?«
    »Si…«
    »Hoho, Senor! Sie wohnt nicht mehr hier. Ich lebe seit
über drei Jahren schon in dieser Wohnung…«
    »Und Evita?«
    »Weg…«
    »Wo befindet sie sich?«
    »Keine Ahnung. Man hat sie fortgebracht…«
    »Wieso…fortgebracht?«
    Es wurde immer mysteriöser.
    »Sie war sehr krank«, bekam er zu hören.
    »Wissen Sie etwas Näheres?«
    »Nein, Senor.«
    »Können Sie mir die Anschrift eines Bekannten oder
Verwandten geben?«
    »Leider nein… ich kenne niemand. Soviel mir bekannt ist,
hatte sie überhaupt keine Verwandten…«
    Das runzlige Gesicht zeigte sich wieder am Fenster. Die Frau
reckte den Hals empor, um nicht wieder Bekanntschaft mit dem
stacheligen Kaktus zu machen.
    Es war nicht herauszubekommen, was aus Evita Mochares geworden
war, ob sie sich noch in Mexiko-City aufhielt oder um welche
geheimnisvolle Krankheit es sich handelte, wegen der man sie abgeholt
hatte.
    Björn bedankte sich bei der alten Frau für die Auskunft
und winkte zum Abschied nach oben.
    »Wenn ich Ihnen noch etwas mitteilen kann, tu’ ich das
natürlich gern, Senor. Wenn Sie noch Fragen
haben…«
    Die hatte Hellmark, mehr als bei seiner Ankunft, aber sie konnten
von der runzligen Alten nicht beantwortet werden.
    Er ging die Straße entlang und schritt zielstrebig aus.
    Er hatte noch eine Hoffnung, um zu erfahren, wo Evita Mochares
sich aufhielt. Die Kollegen in der Redaktion der Zeitschrift,
für die sie lange Zeit tätig war, wußten vielleicht
mehr…
    Das Verlagsgebäude lag am anderen Ende der Stadt.
    Björn registrierte plötzlich, daß ein Fahrzeug
neben ihm hielt. Ein Taxi. Der braune Mann mit der grünen
Schildmütze sah ihn aus großen Augen an.
    »Taxi, Senor?« fragte er. »Darf ich Sie irgendwohin
bringen?«
    »Danke für das Angebot«, grinste Hellmark.
»Ich hab’s nicht weit, ’s ist nur ein
Katzensprung.«
    Ihm fehlte das nötige Kleingeld. Er hatte keinen Pfennig in
der Tasche. Aber ein Mann wie Björn Hellmark brauchte kein Geld,
um zu reisen.
    »Dann eben nicht«, sagte der Fahrer noch, zuckte die
Achseln und warf einen Blick in den Außenspiegel, um sich zu
vergewissern, ob die Straße hinter ihm frei war.
    Das Ganze währte nur zwei Sekunden.
    Dann warf der Fahrer nochmal einen Blick Richtung Bürgersteig
– und bekam Augen, groß und rund wie Untertassen.
    Der Mann, mit dem er eben noch gesprochen hatte, war
verschwunden!
    Dabei verlief die Avenida kerzengerade und war bestens
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