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Macabros 041: Tschinandoah - wo die Steine leben

Macabros 041: Tschinandoah - wo die Steine leben

Titel: Macabros 041: Tschinandoah - wo die Steine leben
Autoren: Dan Shocker
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Tamuur ist, beginnen die Qualen. Er foltert
jeden auf seine Weise, läßt jeden seine eigene Hölle
erleben…« Ihre Augen schimmerten feucht, als sie sich
umwandte.
    Sie konnte ihm nicht helfen. Sie konnte sich selbst nicht
helfen.
    Wortlos verschwand sie nach draußen.
    Da sagte Tamuur: »Oh, ich habe das Gefühl, du bekommst
Besuch.«
    Dabei sah er Rani an.
    Das scharlachrote Licht über dem Haupt des Magiers, der weder
Tier noch Pflanze, noch Mensch war, verstärkte sich.
    Im gleichen Augenblick geschah etwas Merkwürdiges.
    Das quadratische Fenster, das zum offenen Meer den Blick lenkte,
veränderte seine Konstellation. Es glitt über das
Mauerwerk, lautlos und unheimlich, als würde es über
unsichtbare Stangen rollen.
    Die Wand war an der Stelle verschlossen, wo eben noch das Fenster
zum Meer lag. Das Fenster befand sich jetzt gut drei Meter weiter
links, und Mahays Blick ging hinaus über die unheimlichen
Gärten hinüber zu der Mauer, die einen Teil dieses
Zaubergartens dort umspannte.
    Besuch!
    Er sah diesen Besuch und verstand, was Tamuur damit meinte.
    Vor der Mauer glitt geduckt auf Samtpfoten eine vierbeinige
Gestalt.
    Chitra!
     
    *
     
    Die Raubkatze strich auf und ab, immer an der Mauer entlang. Mit
glühenden Augen maß sie den Abstand – und sprang.
    Nicht hoch genug.
    Chitra lief weiter zurück, duckte sich diesmal tiefer und
spurtete dann los.
    Beim zweiten Anlauf schaffte sie es.
    Die Krallen hakten sich in das grobe Mauerwerk, und die Katze zog
sich kraftvoll auf die abgeplattete Oberfläche.
    Dort oben verweilte sie ein paar Sekunden, spähte aufmerksam
in die Tiefe – und sprang dann. Federnd kam sie auf, strich
geschmeidig und schnell zwischen den bizarren Bäumen und
Blüten entlang. Ein Dschungel tat sich vor ihr auf.
    Ein unheimlicher Dschungel! Ein Dschungel, wie er dem Hirn eines
Geschöpfes entsprossen war, der lebende Zellen brauchte, um
seine bizarren Geschöpfe zu schaffen.
    Chitra bestand aus lebenden Zellen!
    Und das Unheil nahm seinen Lauf.
    Lautlos schwangen aus der geisterhaften Düsternis des
unmenschlichen Gartens lange, klebrige Lianen, die den Umfang einer
ausgewachsenen Boa hatten.
    Schmatzende Geräusche traten auf, als sich schwarz-blaue,
lederartige Blütenkelche zwischen den schwammigen Stämmen
plötzlich öffneten.
    Es ging alles so schnell, daß die Raubkatze keine Chance
hatte.
    Das Tier flog wild brüllend herum.
    Klatschend legten sich die schmierigen Lianen um den geschmeidigen
Leib der Raubkatze. Die Lianen kamen den weit geöffneten Kelchen
entgegen, die sich als gierige blau-schwarze Rachen entpuppten.
    Chitra schlug um sich, mit aller Kraft und Wendigkeit, zu der sie
fähig war.
    Das Kreischen hallte entsetzlich langgezogen durch den
unheimlichen Zaubergarten.
    Mahay lief bei diesem furchtbaren Geräusch eine
Gänsehaut über den Rücken, und fassungslos starrte er
auf die ovale, von einem geisterhaft grünen Glühen
erfüllte Lichtung, auf der sich das Schicksal seines geliebten
Tigers erfüllte.
    Chitra hatte aus einem sicheren Versteck heraus seine Festnahme
beobachtet, hatte schließlich die Witterung aufgenommen und war
in ihrem angeschlagenen Zustand bis zu dem Schloß des
unbarmherzigen Magiers gekommen und suchte ihn nun.
    Namenloses Grauen schnürte Mahay die Kehle zu.
    Chitra verschwand in dem gierigen Schlund.
    Sekundenbruchteile später schon zirkulierten ihre
Lebenssäfte in dem geheimnisvollen Strom, der die bizarren,
wahnwitzigen Strukturen dort unten nährte.
    Die Blüte veränderte ihre Farbe und ihre Form.
    Sie war gestreift und pelzig wie ein bengalischer Tiger. In der
Mitte glühten zwei bernsteingelbe Augen, die anklagend in die
Nacht starrten…
     
    *
     
    Sekundenlang stand Rani Mahay da, als wäre alles Leben aus
seinem Körper gewichen, als hätte die lebensfeindliche
Magie Tamuurs auch ihn vollends in ihren Bann gezogen und er
könne sich nicht mehr daraus lösen.
    Ranis Augen brannten wie Feuer.
    Sein Hirn war taub vor Schmerz und Grauen, und er war unfähig
einen klaren Gedanken zu fassen. Wie in Trance nahm er das leise,
arrogante Lachen Tamuurs wahr; er sah, wie das Fenster langsam
seitwärts glitt, und den Blick in den Garten versperrte wieder
die massive Wand, die er bei Ankunft in dieser Zelle wahrgenommen
hatte.
    Nur eine Vision? Hatte Tamuur ihm etwas vorgegaukelt, um ihn zu
quälen?
    Das Fenster befand sich wieder an der Stelle, wo es anfangs
gewesen war.
    Blick zum Meer, Blick zu der Felsensäule, die
Fledermäuse
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