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Macabros 029: Marabur - Herr der Wahnsinnshallen

Macabros 029: Marabur - Herr der Wahnsinnshallen

Titel: Macabros 029: Marabur - Herr der Wahnsinnshallen
Autoren: Dan Shocker
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Durchblutungsstörung
vielleicht? Die akuten Symptome können ebensogut auf eine
latente Veranlagung zurückgehen, das Krankheitsbild besteht
möglicherweise schon eine ganze Zeit, befand sich
gewissermaßen im Ruhezustand, und ist jetzt sichtbar
geworden.«
    Scoota leuchtete Slayton in die Augen. »Nicht mal die Pupille
verengt sich. Merkwürdig! Ich habe so etwas noch nie
erlebt.«
    »Er scheint durch uns hindurchzusehen«, schaltete sich
Sanders wieder ein. »Was mag er jetzt sehen? Irgend etwas
muß er doch wahrnehmen? Es ist, als ob er etwas registriere,
was wir nicht wahrnehmen können – gegen das er sich
wehrt!«
    »Schon möglich. Mister Sanders. Dann würde seine
Reaktion auch verständlich – für uns
verständlich. Trugbilder, Wahnvorstellungen führen zu
solchen Reaktionen. Er fühlt sich bedroht. Durch Menschen, durch
Gegenstände. Alles scheint nur zu existieren, um ihn zu
vernichten. Verständlicherweise muß er dagegen
ankämpfen. Sein Blick für die Wirklichkeit ist
getrübt.«
    Gil Sanders kramte umständlich und gedankenverloren eine
Zigarette aus einer verknüllten Packung. Dabei wandte er den
Blick nicht von dem Verrückten.
    »Mich interessiert dieser Fall. Doc«, sagte er
unvermittelt. »Sie müssen wissen, warum: ich arbeite seit
Monaten an einer Artikelserie, die unter dem Arbeitstitel ›Genie
und Wahnsinn‹ steht. Ich gehe dabei zunächst allen
berühmten Fällen von geistiger Umnachtung und Wahnsinn
nach. Was ging in van Gogh, dem berühmten Maler vor? Wie hat er
sich und seine Umwelt gesehen. Was passierte mit Maupassant, mit
Edgar Allan Poe? Warum verloren diese Menschen den Verstand, ohne
daß eine organische Erkrankung die Ursache war. Warum
reagierten sie mit einem Mal anders, normal? Waren sie vielleicht gar
nicht verrückt – sahen wirklich nur mit anderen, feiner
empfindlichen Augen, reagierten sie mit Sinnen, die man – im
übertragenen Sinn vielleicht – als Antennen für das
Übersinnliche bezeichnen kann? Genie und Wahnsinn – ist es
nicht die gleiche Erscheinungsform, die wir nur in zwei verschiedene
Begriffe gekleidet haben?«
    Dr. Scoota schüttelte sich leicht. »Es ist interessant,
Ihnen zuzuhören. Sie werfen erstaunliche Fragen auf. Ich
bewundere Sie, Mister Sanders. Was Sie sich da vorgenommen haben, ist
allerhand. Da liegt verdammt viel Kleinarbeit vor ihnen.«
    »Es sollen nicht nur die ›großen Köpfe‹
unter die Lupe genommen werden. Ich führe noch mehr im Sinn. Um
das Phänomen des Wahnsinns zu begreifen und darstellbar zu
machen, ist es notwendig, auch mit Wahnsinnigen zu sprechen. Ich habe
das schon getan. Ich habe in den letzten Wochen sehr viele Kliniken
und auch private Heime aufgesucht, mit den ›Kranken‹
gesprochen. Sind es wirklich ›Kranke‹, Doktor?«
    »Nach dem derzeitigen Stand der Medizin ist das mit einem
klaren ›Ja‹ zu beantworten. Sie sehen es wahrscheinlich
anders.«
    »Ja. Doc. Und jetzt – nach diesem Ereignis – noch
mehr als zuvor. Das hat mir überhaupt den Mut gegeben, jetzt von
diesen Dingen in dieser Form zu sprechen.«
    »Was ist an diesem Ereignis besonderes für Sie, Mister
Sanders? Ich könnte es mir nur so erklären: Sie wurden zum
ersten Mal Zeuge, wie ein Mensch, den Sie kennen…«
    »Ich weiß, was Sie sagen wollen. Nein, das ist es
nicht«, fiel der Reporter dem Arzt ins Wort, der seine Tasche
zusammenpackte, und noch einen letzten Blick auf Slayton warf. Der
stierte unverändert vor sich hin, verspannte sich, schnitt
Grimassen und sprach dauernd das eine Wort, unter dem niemand sich
etwas vorstellen konnte. »Marubur.«
    »Sie sprechen es aus, als wüßten Sie, was er damit
sagen will.«
    »Ich spreche es aus, als hätte ich es schon mal
gehört. Ich habe es schon mal gehört. Bei einem anderen,
der den Verstand verloren hat. Ein Abenteurer, der die ganze Welt
bereist hat, ein fremder Mann, der seit einem halben Jahr in einer
geschlossenen Anstalt lebt. Er hat – wie Thomas R. Slayton jetzt
– auch von Marubur gesprochen!«
    »Ungewöhnlich«, bemerkte Scoota. »Haben Sie
sich da wirklich nicht verhört?«
    »Nein.«
    Der Arzt ging auf Mills zu, um sich vom Hausherrn zu verabschieden
und ihm noch ein paar Ratschläge zu geben. Nach Möglichkeit
sollte das verletzte Mädchen, das bereits wieder einen guten
Eindruck machte, nicht transportiert werden. In den nächsten
Stunden könne sich ihr Zustand weiter bessern. Sie hatte die
Begegnung mit dem Wahnsinnigen offenbar doch besser verkraftet, als
Scoota
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