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Macabros 021: Abraxas Fluch des Magiers

Macabros 021: Abraxas Fluch des Magiers

Titel: Macabros 021: Abraxas Fluch des Magiers
Autoren: Dan Shocker
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fuhr.
    Langsam wurde er ruhiger. Er brauchte diese Viertelstunde der Ruhe
und Sammlung, ehe er den zweiten Teil seiner Vorführung folgen
ließ.
    Er setzte sich aufrecht. Neben ihm auf einem flachen Tisch standen
eine Karaffe mit Wasser und ein frisches Glas. Er schenkte es voll
und trank in tiefen Zügen.
    Die dunklen Augen des Mannes mit dem Mephistogesicht waren auf
einen imaginären Punkt gerichtet.
    Seine Spannkraft kehrte wieder, die Haut, die faltig und grau
gewirkt hatte, wurde wieder glatt, und Glanz kehrte in die Augen
zurück.
    Ein tiefer Atemzug hob und senkte die Brust des Magiers.
    Er wandte den Blick. Erst jetzt nahm er den Mann wahr, der auf
einem Sessel in der Ecke des halbdunklen Zimmers saß, die Beine
auf einem Tisch und um die Lippen ein zynisches Lächeln.
    Abraxas schluckte. Dieser Gast war ihm kein Unbekannter. Er war
immer bei ihm.
    Gablisczek!
    »Fühlen Sie sich wieder besser?« fragte er mit
dumpfer Stimme.
    Abraxas antwortete nicht. Er starrte vor sich hin und hatte noch
nicht wieder seinen alten Zustand erreicht.
    Er deutete auf das Telefon. »Würden Sie es mir bitte mal
herüberreichen?« fragte er matt. »Ich möchte im
Hotel anrufen. Meine Tochter hat sich heute abend nicht so wohl
gefühlt. Ich möchte wissen, wie es ihr geht.«
    »Ich bin nicht Ihr Diener«, war die Entgegnung aus der
dunklen Ecke. »Ich habe den Auftrag, Sie zu bewachen. Das ist
etwas anderes.«
    Der Magier stemmte sich in die Höhe, ging zwei Schritte und
stand am Telefon. Er wählte, und schon nach dem ersten
Klingelzeichen meldete sich der Portier des Huston Hotels.
    »Misses Stokanova, bitte«, sagte er leise.
    »Sofort, Sir.«
    Es klickte. Gleich darauf war eine andere Stimme in der Leitung.
»Ja?«
    »Hallo, Jutta! Ich möchte gern wissen, wie es unserem
Sonnenschein geht. War der Arzt schon da?«
    »Ich erwarte ihn jede Minute, Karel. Ruchena hat
Fieber.«
    »Sehr hoch?«
    »Unverändert, ja.«
    »Hoffentlich ist es nichts Ernstes.«
    »Sie ist trotz allem recht munter, und ich mußte sie
überreden, im Bett zu bleiben. Wir werden bald mehr
wissen.«
    Er wechselte mit seiner Frau noch ein paar Worte, und gab an,
daß er gegen Mitternacht im Hotel sei.
    Es lag nicht weit entfernt vom »Exclusive-Theatre«. Ein
Fußweg von drei Minuten. Er hätte dort bequem seine Pause
einlegen können, aber nach dem Auftritt brauchte er jede Minute
Ruhe.
    Abraxas legte auf. Er nahm wortlos seinen Platz auf der Liege
wieder ein.
    Er genehmigte sich ein zweites Glas Wasser, trank es aber nicht
sofort. Aus einer verschlossenen Ledertasche nahm er einen flachen
Metallbehälter, in dem mehrere getrocknete Pflanzenstengel
lagen.
    Er holte einen heraus und schwenkte ihn im kühlen Wasser, das
sich sofort trübte. Ein grünlicher, wolkiger Nebel
verbreitete sich darin.
    Den feuchten Pflanzenstengel legte Abraxas wieder wie ein
zerbrechliches, kostbares Etwas in die Metallschachtel zurück.
Dann trank er die Brühe und verzog das Gesicht. Das Wasser
schmeckte bitter wie Galle. Tapfer schluckte er.
    Das Glas auf die Tischplatte zurückstellend warf er einen
Blick auf seine Uhr.
    Noch fünf Minuten hatte er, Zeit genug, letzte Kräfte zu
schöpfen.
    Seine Gesichtshaut nahm wieder eine frische Farbe an. Das
geheimnisvolle Elixier, das er getrunken hatte, wirkte in
Sekunden.
    Die Viertelstunde war um, und Abraxas verließ die Garderobe
wieder mit dem elastischen Schritt wie zu Beginn des ersten
Teils.
    Gablisczek sah, wie er mit harter Hand die Tür hinter sich
zuzog.
    »Er baut ab«, murmelte er. »Und er merkt es nicht.
Abraxas, der Welt größter Magier, ist nur eine Marionette.
Und niemand weiß es…«
     
    *
     
    Jutta Stokanova trat vom Fenster zurück. Endlich fuhr der
Wagen vor. Der Arzt kam. Es war auch höchste Zeit. Seit einer
Stunde wartete sie auf ihn.
    Sie bedauerte es, bei diesen Dingen trotz der besonderen
Fähigkeiten ihres Mannes immer wieder auf andere Hilfe
angewiesen zu sein. Karel war ein ungewöhnlicher Mensch, und sie
wußte, daß er wirklich über
außergewöhnliche Kräfte verfügte, die
außer ihm niemand besaß. Aber er war kein
Wunderheiler.
    Das hieß: Ein einziges Mal hatte er sich als solcher
erwiesen, aber nur ein einziges Mal – und da hatte er sie vorm
sicheren Tod bewahrt.
    Die Frau des Magiers ging an die Tür, als es klopfte.
    Karel hatte ihr eingeschärft, immer vorsichtig zu sein. Auch
in dieser Situation erinnerte sie sich an seine Worte und hielt die
Gewohnheit bei. Karel Stokan fürchtete,
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