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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse
Autoren: Jack Vance
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auf das Dach und ging zu Carfilhiot. Gleich darauf kam ein zweiter Mann vom Tac Tor herüber. Gemeinsam zogen sie Carfilhiot auf das Dach, wo sie ihm die Arme und Beine mit einem Strick fesselten. Dann wandten sie sich Glyneth und Dhrun zu. Der kleinere der beiden Männer sprach: »Ich bin Yane, das ist Cargus. Wir sind Freunde deines Vaters.« Die letzten Worte waren an Dhrun gerichtet.
    »Meines Vaters?«
    »Dort steht er, neben Shimrod.«
    Ein Mann nach dem anderen kam jetzt an dem Seil heruntergeglitten. Carfilhiots Soldaten versuchten von unten, mit Pfeilen nach ihnen zu schießen, aber die Schießscharten lagen in ungünstigem Winkel, und die Pfeile verfehlten ihr Ziel bei weitem.
     
    Tintzin Fyral war erobert. Seine Verteidiger waren tot: gefallen durch das Schwert, erstickt in ausgeräucherten Tunneln, gerichtet von der Hand des Scharfrichters. Robnet, der Hauptmann der Garde, war auf die Mauer gestiegen, die den Paradeplatz umgab. Breitbeinig stand er da, mit wehendem grauem Haar. Mit seiner gewaltigen, dröhnenden Stimme brüllte er: »Kommt her! Wer wagt es, mir entgegenzutreten, mit dem Schwert in der Hand? Wo sind eure tapferen Recken, eure Helden, eure edlen Ritter? Kommt! Kreuzt euren Stahl mit meinem!«
    Einen Augenblick lang standen die troicischen Kämpen unschlüssig und schauten zu ihm hinauf. Da rief Sir Cargus: »Komm herunter, alter Mann! Die Axt erwartet dich.«
    »Dann komm herauf, und hol mich, wenn du kannst! Komm und erprobe deine Klinge an meiner!«
    Cargus gab den Bogenschützen einen Wink. Robnet fiel, durchbohrt von sechs Pfeilen, die ihm aus Hals, Brust und Auge ragten.
    Das Vogelhaus bereitete Probleme besonderer Art. Einige der Gefangenen stoben flatternd und sich dukkend vor denen davon, die gekommen waren, sie freizulassen. Der verrückte König Deuel kletterte auf den höchsten Ast und versuchte einen eleganten Flug quer durch den Käfig, aber seine Flügel versagten ihm den Dienst. Er stürzte ab und brach sich den Hals.
    Die Kerker lieferten denen, die sie erforschten, Stoff genug für lebenslange Alpträume. Die Folterknechte wurden schreiend und zappelnd hinaus auf den Paradeplatz gezerrt. Die Ulfländer forderten lautstark, sie sollten gepfählt werden, aber König Aillas von Troicinet und Süd-Ulfland hatte die Folter geächtet, und so starben sie unter dem Beil des Scharfrichters.
    Carfilhiot harrte seiner Strafe in einem Käfig auf dem Paradeplatz entgegen. Ein großer Galgen wurde errichtet, sechzig Fuß über der Erde. Am Mittag eines naßkalten, düsteren Tages, an welchem der Wind eigenartigerweise von Osten her blies, ward Carfilhiot zum Galgen geschleppt. Und wieder wurden empörte Stimmen laut. »Er kommt zu leicht davon!« Aillas ließ sich nicht beirren. »Hängt ihn auf.«
    Der Henker band Carfilhiot die Hände hinter dem Rücken zusammen, legte ihm die Schlinge um den Hals, und dann wurde Carfilhiot emporgezogen. Zuckend und strampelnd baumelte er da, ein grotesker schwarzer Schatten am grauen Himmel.
    Die Pfähle, auf die Carfilhiot einst seine Gefangenen gespießt hatte, wurden zerbrochen, die Bruchstücke verbrannt. Carfilhiots Leiche wurde ins Feuer geworfen, wo sie zuckte und zappelte, gleich als stürbe sie ein zweites Mal. Den Flammen entstieg ein ekliger blasser, grüner Rauch, der vom Wind hinunter ins Tal und auf das Meer hinaus geweht wurde. Doch statt sich aufzulösen, ballte sich die Rauchwolke zu einem Klumpen zusammen und verdichtete sich zu einem Gebilde, das aussah wie eine große grüne Perle, die ins Meer fiel, wo sie von einem Steinbutt verschluckt wurde.
    Shimrod verstaute seine wiedererlangten magischen Apparate und auch einige andere Dinge in Kisten. Die Kisten lud er auf einen Wagen und fuhr, Glyneth neben sich auf dem Bock, durch das Tal hinunter in die alte Stadt Ys. Aillas und Dhrun begleiteten sie zu Pferde. In Ys angekommen, lud Shimrod die Kisten auf das Schiff, das sie zurück nach Troicinet bringen würde.
    Eine Stunde vor der Abfahrt stieg Shimrod aus einer plötzlichen Laune heraus auf sein Pferd und ritt entlang dem Strande nach Norden, einen Weg, den er schon vor langer Zeit im Traum geritten war. Er näherte sich dem flachen Palast am Meer und fand Melancthe auf der Terrasse stehend, fast als hätte sie ihn erwartet.
    Zwanzig Fuß vor Melancthe zügelte Shimrod sein Pferd. Im Sattel sitzend, betrachtete er sie. Sie sagte nichts, und auch er schwieg. Gleich darauf machte er kehrt und ritt langsam über den Strand zurück
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