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Lust de LYX - Träume der Sehnsucht (German Edition)

Lust de LYX - Träume der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Lust de LYX - Träume der Sehnsucht (German Edition)
Autoren: Nina Hunter
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auf den Mund.
    »Du hast gleich Grund zu fluchen«, murmelte Keith und warf sich auf Nolan. Mit einer geschmeidigen Bewegung richtete er sich auf, bis er rittlings auf ihm saß. Irgendwie hatte er es geschafft, den Löffel, der bei Nolans Aufspringen zu Boden gefallen war, in die Hand zu bekommen. Er bestand, wie das restliche Geschirr auch, aus Holz. Von ihm schien keine Gefahr auszugehen – was also wollte Keith damit?
    Der Hüne mit den grünen Augen sprach ein Wort in einer fremden Sprache. Die Silben klangen fremdartig, guttural und rau. Die Tätowierung auf Keiths Arm glühte smaragdgrün, und der Löffel in Keiths Hand leuchtete grell auf. Nolan erkannte Zeichen darauf, die tief ins Holz gebrannt zu sein schienen. Keith hielt den Löffel wie einen Dolch, der Bizeps unter seinem Shirt spannte sich an, und hilflos musste Nolan mit ansehen, wie die Stielspitze des Löffels auf ihn zuraste. Kurz vor dem Aufschlag kniff er die Augen zusammen, doch der erwartete Schmerz blieb aus. Vorsichtig öffnete er die Augen und blinzelte. Der Löffel war direkt vor seiner Nase. Nolan schielte unwillkürlich.
    Keith war noch immer über ihn gebeugt, sein Gesicht eine Maske aus Fassungslosigkeit und Verwunderung. Einige Strähnen seines hellen Haars waren ihm in die Stirn gerutscht, und er hatte jetzt wesentlich mehr Ähnlichkeit mit dem Mann, den Nolan in seinem Traum gesehen hatte.
    Polternd fiel der Löffel zu Boden, und Keith stand auf. Nolan setzte sich auf und griff nach dem Löffel; er bestand wieder nur aus grob geschnitztem, poliertem Holz. Kein Glühen, kein Leuchten, keine Zeichen.
    »Was war das?«, brachte er stammelnd hervor.
    »Nichts.«
    »Was soll das bedeuten?«
    »Das bedeutet, dass du die Wahrheit sagst, zumindest zum Teil.« Keith schnaubte abfällig und strich sich die Haare zurück. »Oder dass du glaubst, die Wahrheit zu sagen. Was genau davon zutrifft, werde ich noch herausfinden.«
    Keith verließ den Raum. Frustriert und ratlos blieb Nolan zurück.
    Die nächsten Stunden schienen sich endlos vor Nolan auszudehnen. Anfangs war er noch ziellos von einer Ecke der Zelle in die andere gelaufen, dann hatte er angefangen, die Wände abzugehen und dabei die Anzahl seiner Schritte zu zählen. Er begann, so oft im Kreis zu laufen und zu zählen, dass ihm irgendwann ganz schwindelig wurde.
    Irgendwann schob ihm Keith durch den Spalt der Tür ein weiteres Essentablett hin, doch auf Nolans Fragen schwieg er. Nolan rief ihm Flüche hinterher, doch das kümmerte den blonden Hünen ebenso wenig, daher wandte sich Nolan dem Tablett zu. Die Kost hatte sich seit dem Morgen nicht verändert: Brot, Suppe, Kaffee und Käse. Er gab es nur ungern zu, aber es schmeckte ihm. Er aß auf und stellte das Tablett auf den Boden. Dabei fiel sein Blick auf den Holzlöffel, der unter die Pritsche gerutscht war. Sorgsam nahm er ihn auf und setzte sich, um ihn näher zu untersuchen. Der Löffel war noch immer unscheinbar, aber offensichtlich handgefertigt. Keith würde doch wohl nicht selbst geschnitzt haben? Nein, er wäre nie …
    Der Gedanke verflüchtigte sich so schnell, wie er gekommen war. Nolan knirschte mit den Zähnen; wann immer er versuchte, sich zu erinnern, war es, als prallte er mit dem Gesicht voran gegen eine massive Steinmauer. Manchmal schien einer ihrer Steine einen winzigen Riss zu haben, aber sobald Nolan hindurchsehen wollte, verschloss er sich wieder vor seinen Augen.
    Er atmete tief ein und hob den Löffel noch einmal bis vor sein Gesicht. Was war es gewesen, was Keith mit dem Holzstück angefangen hatte? Und was sollte es bezwecken? Vielleicht konnte er es auch tun?
    Nolan setzte sich auf – allein die Möglichkeit, endlich etwas unternehmen zu können, versetzte ihn in Aufregung. Er räusperte sich und drehte den Löffel in der Hand, bis die Spitze unterhalb seines kleinen Fingers emporragte und wie ein Dolch aussah. Er versuchte, sich an das Wort zu erinnern, das Keith gerufen hatte. »Moegerin!« Anstelle von Keiths beeindruckendem Röhren kam nur heiseres Gestammel heraus. Das Wort klang nicht einmal im Ansatz wie das, das Keith gerufen hatte.
    Nolan fluchte und versuchte es noch einmal, doch auch dieser Versuch endete erfolglos. Er schüttelte den Kopf und beschloss, schlafen zu gehen.
    Es ist Nacht, doch es ist nicht still. In den angrenzenden Zimmern kann er die anderen hören. Einige schnarchen bereits, andere hören noch Musik oder sehen fern; die wohlverdiente Ruhe nach einem langen Tag. Sie haben
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