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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster
Autoren: Karin Wahlberg
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medizinische Verantwortung getragen. Sie hatte nur assistiert. Er hatte ihr gestattet, unter strenger Aufsicht des Oberarztes ein paar einfachere Schritte des langen Eingriffs durchzuführen. Es hatte sich um eine Krebsoperation gehandelt, etliche große Darmabschnitte waren entfernt und nach einem komplizierten System neu miteinander verbunden worden. Sie konnte sich immer noch daran erinnern, wie schwierig es gewesen war, die einzelnen Abschnitte der Operation zu rekapitulieren. Aber sie hatte nicht gewagt zu fragen. Außerdem war ihr nach der ungewohnten Anspannung schwindlig gewesen.
    Einige Tage später hatte sie den Operationsbericht in ihrem Postfach gefunden. Der Oberarzt hatte ihn wortlos zurückgelegt. Fast der gesamte Text war mit Rotstift korrigiert gewesen. Sie hätte im Erdboden versinken mögen.
    An der Sprache hatte er nichts auszusetzen gehabt, sondern an der mangelhaften Beschreibung der eigentlichen Operation. Die Anatomie, das Material für die Nähte, die Technik, welche Abschnitte entfernt worden waren, welche man wieder zusammengefügt hatte und in welcher Reihenfolge. All das musste genau erklärt werden, da es sich bei dem Operationsbericht um das Dokument handelte, in dem der eigentliche Eingriff beschrieben wurde. Falls später etwas schiefgehen und der Operateur angezeigt und zur Rechenschaft gezogen werden sollte.
    Sie hatte seither einiges dazugelernt. Unter anderem, nicht zu zögern, um Hilfe zu bitten. Schließlich kam es immer auf das Ergebnis an.
    Mittlerweile sprudelte alles förmlich aus ihr heraus. Erst das Datum, dann der Name, die Art der Operation, daraufhin die Indikation. Die gängigen hatte sie im Kopf. Dann begann die eigentliche Beschreibung.
    »Diktat von Veronika Lundborg«, begann sie. Sie sprach mit leiser Stimme ins Mikrofon.
    »Du heißt also jetzt nicht Claesson?«, hatte einer ihrer Kollegen wissen wollen.
    Vor einigen Jahren hatte sie sich von ihrem zweiten Nachnamen Westman getrennt, den sie aus sentimentalen Gründen immer behalten hatte, obwohl sie sich bereits hatte scheiden lassen, als Cecilia ein paar Jahre alt gewesen war. Sie hatte sich von Westman getrennt, nachdem Cecilia ausgezogen war. Damit hatte sie sozusagen einen neuen Lebensabschnitt eingeleitet. Sie war wieder sie selbst gewesen und sonst niemand.
    Bei ihrer Heirat vor zwei Monaten hatte sie nicht das Bedürfnis verspürt, sich den Namen Claesson zuzulegen. Es waren ganz andere Bande, die Claes und sie verbanden. Sie wollte die bleiben, die sie war, und daran hatte Claes auch nichts auszusetzen.
    Ihre Töchter hießen Cecilia Westman und Klara Claesson. Jetzt stellte sich die Frage, wie das nächste Kind heißen sollte. Mit einem Mal fiel ihr auf, dass es in ihrem Körper ungewohnt still war. Ob sie noch wuchsen? Der Embryo und die Gebärmutter? Ihre Gedanken wanderten bauchabwärts, während sie weiterdiktierte. Sie hatte nicht geblutet, es gab also keine Anzeichen für eine Fehlgeburt. Sie spürte natürlich keine Bewegungen des Embryos, dafür war es noch zu früh. Was sie nachdenklich stimmte, war die Tatsache, dass es ihr so leicht fiel, die lähmende Müdigkeit zu ignorieren, die ihre früheren Schwangerschaften zu Beginn immer begleitet hatte und die auf der Hormonumstellung beruht hatte. War das wirklich normal? Zwar war ihr etwas flau im Magen, und sie hatte den Geschmack von Papier im Mund, aber es war ihr nicht regelrecht übel. Sie hatte auch nicht dauernd das Bedürfnis, etwas zu essen. Sie hatte schon eine Weile nichts mehr gegessen, aber sie verspürte trotzdem keinen Hunger.
    Sie hatte sich in der Mütterklinik im zentral gelegenen alten Lazarett einen Termin beim Gynäkologen geben lassen. Außerdem hatte sie ihre ehemalige Mitstudentin Christina Löfgren verständigt, die in der Frauenklinik in Lund arbeitete. Sie hatten sich jahrelang nicht mehr gesehen und waren sich dann zufällig in dem großen Krankenhaus im August wiederbegegnet, als sie an Cecilias Krankenbett gesessen hatte. Christina hatte eine Plazentaprobe empfohlen, da sie bereits 46 Jahre alt war. Veronika hatte vor, die Frage mit dem Frauenarzt zu diskutieren. Dann würde sie sich eine Überweisung nach Linköping geben und die Untersuchung dort durchführen lassen.
    Sie war am Schluss der Operation angekommen: »Danach wurde die Bauchhöhle mit einer fortlaufenden Loop-Naht verschlossen und die Haut mit Ethilon. Vor dem Eingriff erhielt die Patientin 1,5 g Clont und 1,5 g Zinacef. Während der Operation wurde
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