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Lukianenko Sergej

Lukianenko Sergej

Titel: Lukianenko Sergej
Autoren: Trix Solier 3445BAB7
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kleinen Rubinen, der
vermutlich einer der Hofdamen gehört hatte, und einen
winzigen Silberlöffel.
Er betrachtete nachdenklich, was ihm von den Familienschätzen geblieben war. Nein, er hatte weder auf den
Ring seines Vaters noch auf das Großsiegel gehofft. Aber
das! Jeder kleine Dieb stahl mit etwas Glück an einem
halben Tag mehr »Beweise« zusammen!
Trix stopfte den Kram zurück in den Beutel und legte
sich auf den Boden des Boots. Wenigstens leckte es
nicht. Er lebte und war frei. Er würde sich ins Fürstentum
Dillon durchschlagen und sich an den dortigen Herrscher
wenden. Wer regierte da zurzeit eigentlich? Jar Dillon
war vor zwei Jahren gestorben, also hatte seine Tochter
jetzt die Macht. Oder ein Regent? Weil die Tochter noch
zu jung war?
Genau, ein Regent. Trix erinnerte sich sogar an ihn,
ein hochgewachsener, hagerer Mann, gallig und immer
unzufrieden. Kurz nach dem Tod von Jar hatte er dem
Co-Herzogtum einen Besuch abgestattet und irgendeinen
Vertrag ausgehandelt. Sein Vater hatte noch gesagt, der
Regent habe in dem alten Streit um die Grenzgebiete
eingelenkt …
Wenn sich Trix an den Regenten erinnerte – warum
sollte das dann nicht auch umgekehrt der Fall sein?
Trix würde anbieten, ihm die Grenzgebiete zurückzugeben, ja ihm sogar noch ein paar der ehemaligen Gebiete
des Co-Herzogs Gris abtreten. Trix brauchte eine Armee,
und sei sie noch so klein. Wenn er erst einmal ins Land
der Soliers zurückgekehrt war, würde er die Steuern senken, Verbrecher begnadigen und den Soldaten hohen
Sold zahlen. Dann würde seine Armee rasch anwachsen.
So musste man die Sache anpacken!
Sator Gris würde es noch leidtun, dass …
Da schlief Trix ein.
In sämtlichen Chroniken und Balladen hätte er nun
von seinen Eltern geträumt, die gesund und munter waren und mit ihm auf einer grünen Wiese spielten. Oder
von seinen gramgebeugten, verratenen und toten Eltern,
die ihn zur Rache aufforderten. Oder wenigstens von
kommenden Schlachten und Kämpfen, vom brennenden
Palast des Co-Herzogs Gris und von den jubelnden Massen, die Trix’ Thronbesteigung feierten.
Trix jedoch schlief fest und traumlos, wie jeder gesunde,
aber hundemüde Junge.
    In historischen Chroniken und stimmungsvollen Balladen
fährt ein den Wellen überlassenes Boot stets glücklich
die Nacht hindurch. Bei Sonnenaufgang treibt es in eine
Bucht, wo sich Trauerweiden über das mit Seerosen gesprenkelte Wasser neigen. Genau in dem Moment nähert
sich eine junge und hübsche Prinzessin dem Boot.
Sogleich fällt ihr Blick auf den in Seidentücher gewickelten Säugling männlichen Geschlechts (hat irgendwer
einmal versucht, ein Baby in Seide zu windeln?) mit einem geheimnisvollen Amulett in dem kleinen Händchen
oder den verletzten Ritter mit einem vom edlen Blut
durchtränkten Seidenverband (Seide ist ein traditionelles
und quasi obligatorisches Attribut). Und nur wenn im
Boot friedlich ein Säugling weiblichen Geschlechts oder
eine in (genau, richtig geraten) Seide gewandete Prinzessin schläft, darf es ein Mann von edlem Stand finden.
    In Wirklichkeit passiert mit einem den nächtlichen
Wellen überlassenen Boot mitten auf einem breiten Fluss
allerdings Folgendes: Es kippt um, bleibt an einem untergegangenen Baumstamm hängen, zerschnellt an einem
Felsen oder läuft auf eine Sandbank auf. Außerdem kann
es einem anderen Boot begegnen, mit Menschen von gar
nicht edler Gesinnung, die sich allein für die Seide interessieren, nicht aber für den darin eingewickelten Säugling – denn Mäuler haben sie selbst genug zu stopfen.
    Von alldem ahnte Trix nicht das Geringste. Und so
wunderte er sich auch nicht, als er, von den ersten Sonnenstrahlen geweckt, feststellte, dass das Boot friedlich
dahintrieb.
    (In der Nacht war es übrigens zweimal gegen einen
Baumstumpf geprallt und hatte einmal eine halbe Stunde
auf einer Sandbank gestanden, von der es durch die Wellen eines Fischkutters hinuntergespült wurde, dessen Insassen den Inhalt des Boots derart dringend untersuchen
wollten, dass der Kutter an einem Fels kenterte und unterging.)
    Trix stand auf und nahm den völlig durchnässten Umhang ab.
Seide ist wirklich ein verdammt unpraktisches Material.
An beiden Ufern erstreckte sich eine idyllische Landschaft. Links lagen Felder mit niedrigem Weizen, der
gerade gelb wurde, rechts saftige grüne Wiesen. Sogar
feinen weißen Rauch machte Trix aus, der ihm verriet,
dass die Gegend bewohnt war. Menschen sah er jedoch
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