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Lovesong

Titel: Lovesong
Autoren: authors_sort
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nahegehen wird. Ich habe noch nie im Leben eine Frau geschlagen, aber für einen kurzen Moment bin ich drauf und dran, dieser Vanessa die Fresse zu polieren. Dann kann sie wenigstens ansatzweise den Schmerz erahnen, den sie da so unbeschwert beschreibt. Doch ich reiße mich zusammen, während sie völlig unbekümmert weiterspricht. »Wo wir schon von Märchen reden, stimmt es, dass ihr – also Bryn Shraeder und du – ein Baby bekommt? Man liest im Moment ja ständig Gerüchte darüber in den Klatschspalten der Boulevardblätter.«
    »Nein«, gebe ich zurück. »Nicht, dass ich wüsste.« Ich bin mir absolut sicher, dass Vanessa genau weiß, dass das Thema Bryn tabu ist, aber wenn ein Gespräch über Bryns angebliche Schwangerschaft sie ablenkt, dann lass ich mich gern darauf ein.
    » Nicht, dass du wüsstest? Ihr seid aber schon noch zusammen, oder?«
    Gütiger Gott, diese Gier in ihren Augen. Dieser Mist – von wegen, sie würde das ultimative Porträt schreiben! Und auch wenn man ihr journalistisches Geschick nachsagt, so ist sie doch nicht viel anders als all die anderen Schmierfinken und Paparazzi. Sie alle wollen die Ersten sein, wenn es darum geht, eine Topstory zu veröffentlichen. Einerseits, wenn es ums Kinderkriegen geht: Bekommen Adam und Bryn Zwillinge? Aber auch, wenn es um Skandale geht: Bryn und ihr Wilde Man: »Es ist aus!« Keine dieser Geschichten ist wahr, aber es gibt Zeiten, da liest man Skandalnachrichten und Klatschmeldungen wie diese auf den Titelseiten der Schundblätter.
    Ich denke an das Haus in L. A., in dem Bryn und ich zusammen wohnen. Oder besser gesagt, das wir uns teilen. Denn ich kann mich nicht erinnern, wann wir beide das letzte Mal länger als eine Woche gemeinsam dort verbracht hätten. Sie dreht im Jahr ungefähr zwei bis drei Filme, und erst kürzlich ist sie mit ihrer eigenen Produktionsfirma an den Start gegangen. Sie ist also entweder bei Filmdrehs oder promotet ihre Filme, oder sie ist auf der Suche nach Locations für Produktionen, und ich bin entweder im Studio oder auf Tour. Unsere Terminpläne decken sich also äußerst selten.
    »Jep, Bryn und ich sind nach wie vor zusammen«, erkläre ich Vanessa. »Und sie ist nicht schwanger. Sie steht bloß auf diese weiten Hippie-Oberteile, und deshalb nimmt immer gleich jeder an, sie könnte schwanger sein und einen Babybauch darunter verstecken. Aber dem ist nicht so.«
    Um die Wahrheit zu sagen, ich frage mich manchmal insgeheim, ob Bryn diese Oberteile vielleicht sogar mit einer bestimmten Absicht trägt: nicht nur, um der Boulevardpresse einen Gefallen zu tun, sondern auch, um das Schicksal herauszufordern. Denn sie will ernsthaft ein Kind. Bryn ist nämlich, obwohl sie offiziell immer behauptet, erst vierundzwanzig zu sein, in Wirklichkeit schon achtundzwanzig, und jetzt behauptet sie ständig, ihre biologische Uhr würde ticken und so. Aber ich bin ja erst einundzwanzig, und wir sind erst seit einem Jahr ein Paar. Mir egal, dass Bryn mich immer damit aufzieht, meine Seele sei schon uralt, und ich hätte schon so viel hinter mir wie andere in ihrem ganzen Leben nicht. Selbst wenn ich einundvierzig wäre und Bryn und ich schon seit zwanzig Jahren zusammenlebten, würde ich mit ihr kein Kind haben wollen.
    »Wird sie dich auf der Tour begleiten?«
    Als sie die Tour nur erwähnt, schnürt sich mir die Kehle zusammen. Die Tour dauert genau siebenundsechzig Nächte. Siebenundsechzig. Im Geiste taste ich nach meiner Pillendose, und allein das Wissen, dass sie da ist, beruhigt mich. Aber so blöd, vor Vanessas Augen eine einzuwerfen, bin ich nicht.
    »Hä?«, frage ich.
    »Wird Bryn dich irgendwann während der Tour besuchen kommen?«
    Ich stelle mir vor, wie Bryn mit auf Tour geht, ihren Stylisten, den Pilatestrainer und ihre neueste Rohkostdiät im Gepäck. »Schon möglich.«
    »Lebst du eigentlich gern in Los Angeles?«, erkundigt Vanessa sich nun. »Du scheinst mir nicht der typische Südkalifornier zu sein.«
    »Trockene Hitze da«, erwidere ich.
    »Wie bitte?«
    »Nichts. Nur ein Insiderjoke.«
    »Ach so, ja.« Vanessa beäugt mich misstrauisch. Ich lese ja mittlerweile keines der Interviews mehr, aber früher, als ich das noch tat, fielen häufig Ausdrücke wie unnahbar . Und arrogant . Nehmen mich die Leute denn allen Ernstes so wahr?
    Zum Glück ist die Stunde gleich vorbei. Sie klappt ihr Notizbuch zu und verlangt die Rechnung. Ich begegne Aldous’ Blick, aus dem Erleichterung spricht, und signalisiere ihm, dass
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