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Lovesong

Titel: Lovesong
Autoren: authors_sort
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habe, bis wir unseren Sound gefunden, bis wir unsere Songs geschrieben hatten. Mittlerweile aber sind wir groß genug, dass unsere PR-Leute eine Liste an Fragen an die Presse rausgeben können, die absolut tabu sind: die Beziehung zwischen Liz und Sarah, die zwischen Bryn und mir, Mikes frühere Drogenabhängigkeit – und eben das »schwarze Loch« von Shooting Star. Vanessa allerdings scheint dieses Infoblatt nie bekommen zu haben. Ich werfe einen hilfesuchenden Blick rüber zu Aldous, doch der ist in ein angeregtes Gespräch mit dem Barkeeper vertieft. So viel also zum Thema Beistand.
    »Der Titel bezieht sich auf den Krieg«, erkläre ich. »Das haben wir ja bereits in früheren Interviews erklärt.«
    »Stimmt«, sagt sie und verdreht die Augen. »Weil eure Texte ja so was von politisch sind.«
    Vanessa sieht mich aus ihren riesigen babyblauen Augen an. Die typische Journalistenmasche: Sorge für einen Moment betretenen Schweigens, und warte dann darauf, dass das Opfer es mit hemmungslosem Gebrabbel zu füllen sucht. Aber bei mir kommt sie damit nicht durch. Ich kann mein Maul halten, wenn ich will.
    Plötzlich wird Vanessas Blick ganz hart und eisig. Mit einem Schlag legt sie ihre freche, kokette Maske ab und wirkt auf einmal knallhart und ehrgeizig. Sie sieht hungrig aus, aber irgendwie ist mir das viel lieber, denn wenigstens ist sie jetzt ganz sie selbst. »Was ist geschehen, Adam? Ich weiß , dass da irgendeine Geschichte dahintersteckt, und zwar die Geschichte von Shooting Star, und ich werde diejenige sein, die als Erste darüber berichtet. Was war der Auslöser dafür, dass aus eurer Indie-Pop-Band ein richtiges Rock-Phänomen wurde?«
    Ich spüre, wie sich mir eine eiskalte Faust hart in den Magen rammt. »Das Leben kam uns dazwischen. Und dann brauchten wir eine Weile, bis wir das neue Material fertig hatten …«
    » Du hast eine Weile gebraucht«, unterbricht Vanessa mich. »Du hast doch die Songs für die beiden letzten Alben geschrieben.«
    Ich zucke nur müde mit der Schulter.
    »Komm schon, Adam! Collateral Damage ist dein Album. Es ist ein Meisterwerk. Du solltest stolz darauf sein. Und ich weiß, dass die Geschichte, die dahintersteckt, die hinter dem Erfolg deiner Band steckt, auch und vor allem deine Geschichte ist. Ein so krasser Entwicklungssprung vom kleinen, unbekannten Indie-Quartett zum Emo-Punk-Powerhouse in Starbesetzung – das ist alles allein dir zu verdanken. Immerhin hast du bei der Grammy-Verleihung als Einziger von euch den Preis für den besten Song entgegengenommen. Was war das denn für ein Gefühl?«
    Total beschissen. »Falls du es vergessen haben solltest: Alle in der Band haben den Preis für die beste Newcomerband gewonnen. Und das ist schon über ein Jahr her.«
    Sie nickt. »Sieh mal, ich will doch hier keinen bloßstellen oder in alten Wunden rumstochern. Ich will ja nur verstehen, wie es zu dem Wandel kam. In eurem Sound. Euren Texten. Wie die einzelnen Bandmitglieder zueinanderstehen.« Sie wirft mir einen wissenden Blick zu. »Und alles deutet darauf hin, dass du der Katalysator für alles warst.«
    »Es gab keinen bestimmten Auslöser. Wir haben einfach ein bisschen an unserem Sound rumgetüftelt. Das passiert doch andauernd. Das ist so, als ob Dylan plötzlich einen auf Elektronik macht. Oder wenn Liz Phair auf einmal nur noch kommerzielle Scheiße produziert. Aber komischerweise flippen die Leute immer gleich aus, wenn irgendwas nicht so läuft, wie sie es erwartet haben.«
    »Ich weiß ganz einfach, dass da mehr dahintersteckt«, beharrt Vanessa und rückt näher an den Tisch heran, und zwar so fest, dass sie mir die Tischkante in die Magengrube rammt und ich nicht anders kann, als ihn zurückzuschieben.
    »Nun, offensichtlich hast du deine Story schon. Also lass dich nicht abhalten; eine gute Story ist immer besser als die Wahrheit.«
    Kurz funkelt sie mich wütend an, und ich befürchte schon, ich hätte sie verärgert, doch dann hebt sie die Hände, so als würde sie kapitulieren. Ihre Nägel sind total abgekaut. »Willst du denn meine Theorie gar nicht hören?«, meint sie nun gedehnt.
    Nicht unbedingt. »Na, dann rück mal raus mit der Sprache.«
    »Ich hab mit ein paar Leuten gesprochen, mit denen du an der Highschool warst.«
    Ich merke, wie mein Körper zu Eis gefriert, alles an mir wird bleischwer. Es kostet mich höchste Konzentration, das Glas an die Lippen zu heben und so zu tun, als würde ich einen Schluck trinken.
    »Ich wusste gar nicht, dass
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