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love sheriffs

love sheriffs

Titel: love sheriffs
Autoren: Martina Paura
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meiner Mutter und scheuche ihn mitsamt seiner Pfeffermühle wieder zurück über die Alpen. Außerdem hat mein Freund ebenfalls schwarzes, lockiges Haar und obendrein sogar noch azurblaue Augen, Pfeffermühle sowieso. Wozu brauche ich da einen Italiener?
    »Wie wär‘s mit Pizza?«, rufe ich der Leinwand zu.
    »Fünf Jahre«, höre ich meinen Freund brummen.
    »Nichts da!«, protestiere ich. »Vorhin sagtest du noch eine Stunde.«
    Max tritt wieder neben das Bild und betrachtet mich kopfschüttelnd. »Fünf Jahre. Man könnte meinen, du wärst fünf Jahre alt.«
    »Tja, das kommt von meiner Feuchtigkeitslotion und der gesunden Ernährung. Was ist jetzt mit der Pizza?«
    Bevor mein Freund mir eine Nettigkeit oder einen Farbtopf an den Kopf werfen kann, klingelt es an der Haustür.
    »Mist! Ausgerechnet jetzt«, schimpft Max. »Wer kann das sein?«
    »Bestimmt wieder dein idiotischer Bruder«, murre ich mürrisch. In Anbetracht meines schmerzenden Arms ist mürrisches Murren noch ganz schön freundlich von mir, finde ich. »Dauernd vergisst er seinen blöden Schlüssel. Bestimmt schon hunderttausend Mal, seit wir ...«
    »Das ist nicht Crocks.«
    »Dauernd muss ich ihm die Tür aufmachen. Als wäre ich sein bescheuertes Dienstmädchen, oder so.«
    »Das ist nicht mein Bruder. Crocks wollte heute Abend zu Hause bleiben.«
    »Nur weil der Herr zu dämlich ist, Haustür- und Autoschlüssel an einen Bund zu hängen. Ich habe nämlich auch noch anderes zu tun, als deinem Bruder ständig die Tür ...«
    »Ich mache auf«, unterbricht mich Max, legt seinen Pinsel ab und läuft Richtung Ausgang. Bevor er das Atelier verlässt, dreht er sich noch einmal um und sagt: »Und bleib so liegen, Pia! Ich bin sofort zurück. Versuch so lange, deine Position und die Spannung zu halten. Und nicht das Bild anschauen! Es bringt Unglück, wenn du es anschaust, bevor es fertig ist. Also: Liegen bleiben! Okay? Okay, Pia?«
    Ich verdrehe die Augen und seufze. »Du hast fünf Minuten.«
    Kaum ist er weg, steige ich vom Tisch und gebe meinen Armen und Beinen die Freiheit zurück. Schwingt, ihr Arme! Lauft, ihr Beine! Und zwar am besten hinter die Staffelei, damit ich mir das Bild ansehen kann. Wenn Max glaubt, er könne mich mit seinen selbst gestrickten Unglücksregeln beeindrucken, hat er Pech gehabt. Für mein Unglück sorge ich schon alleine, vielen Dank.
    Als ich das Bild betrachte, nehme ich erleichtert zwei Dinge zur Kenntnis: Erstens scheint es tatsächlich nur noch wenige Pinselstriche von der Signatur entfernt zu sein, und zweitens hat es unverkennbar mich als Motiv. Wenn ich nach all den unbequemen Stunden des Nacktliegens jetzt nur irgendwelche bunten Rechtecke und Kreise zu sehen bekommen hätte, wäre ich auf der Stelle vor Wut explodiert und Max hätte nur noch meine Fettpölsterchen über das Atelier verteilt vorgefunden, so als hätte Joseph Beuys aus dem Jenseits einen letzten Nachschlag in die Welt gebuttert. Ganz schön ekliger Gedanke.
    Zum Glück finde ich mich bildlich gelungen. Na ja, vielleicht nicht gerade gelungen, dafür bin ich zu unschlank, unblond und unüppig verbust. Aber ich finde mich getroffen. Max hat mich getroffen: Schlammhaar, Schwammkörper - eindeutig ich. Wenn jemand das Bild sieht, also frühestens zwanzig Jahre nach meinem Tod, wird er sagen: Ach ja, die liebe Pia - nur gut, dass sie diesen scheußlichen Körper jetzt los ist.
    Vielleicht hätte ich mich lieber nicht als Modell zur Verfügung stellen sollen. Aber Max wollte einen Frauenakt malen und ein professionelles Nacktmodell, das nicht mindestens genau so viele Falten hat wie die Tuchdrapierung, kommt mir nicht auf den Tisch. Mein Freund hatte die Wahl zwischen mir und Miss Kukident. Er hat sich für mich entschieden, der Gute. Bestimmt hat er seine Wahl schon gründlich bereut. Bevor er noch einmal mich als Modell nimmt, schneidet er sich bestimmt lieber ein Ohr ab und malt Sonnenblumen.
    Doch abgesehen von der nackten Frau gefällt mir das Bild wirklich gut. Der Tisch - einwandfrei. Das Seidentuch - ein Traum. Und dann ist es so schön groß, mit ein paar Handgriffen lässt es sich vielleicht sogar zur Tischtennisplatte umfunktionieren.
    Ich massiere meinen abgestorbenen Arm und überlege, dass dieses Bild in fünfhundert Jahren womöglich total berühmt ist. Ich stelle mir vor, wie es dann neben der Mona Lisa im Louvre hängt und wie Scharen von Menschen davor stehen und sich fragen, wer wohl diese unglaublich faszinierende Frau da auf dem
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