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Love and Disaster

Love and Disaster

Titel: Love and Disaster
Autoren: Anna Graf
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unbeobachtet fühlte. Er wäre doch der perfekte Mann für mich, ich müsste ihr nur Bescheid sagen und sie würde sich für mich bei ihm ins Zeug legen.
    Meine heißgeliebte Schwester und ihre ständigen Sticheleien über Männer …
Marie- Luise Sänger, genannt Mary, war ein Jahr älter als ich und das ganze Gegenteil von mir. Ich war Zeit meines Lebens die langweilige Schwester, ich hatte ein ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis und ging nicht gern Risiken ein. Mary hingegen flatterte durchs Leben wie ein bunter Schmetterling.
Sie hatte sich nach ihrem sechzehnten Lebensjahr praktisch über Nacht von einem großen, dürren, sommersprossigen Mädchen mit komischen roten Krisselhaaren in einen männermordenden Vamp mit blasser Haut und kupferroter Wallemähne entwickelt.
Ich war und blieb Caro mit den braunen, schulterlangen Haaren und der zu groß geratenen Nase. Die Nase war das Erbteil unseres Vaters, Mary hatte sie auch abbekommen, allerdings wirkte sie bei ihr edel, mir war sie einfach nur zu groß.
Ich wurde mit Leib und Seele Lehrerin, saß meist zu Hause und schrieb nebenher Romane, Mary spielte seit ihrer Kindheit Theater, machte Kleinkunst und Musik und lebte in einer mehr oder weniger chaotischen Künstler- WG.
Ich war nach sieben Jahren Beziehung verlassen worden, Mary hatte ständig kurze, heftige Affären und verliebte sich im Vierteljahrestakt neu.
Wir waren grundverschieden, aber wir ergänzten uns. Einerseits war ich ihr Ruhepol, andererseits trat sie mich regelmäßig in den Hintern, damit ich nicht im stillen Kämmerchen versauerte. Sie war nicht nur meine Schwester, sondern schon immer auch meine beste Freundin.
    Sie hatte ja recht, männertechnisch gesehen war ich eine Niete. Meine Eroberungen entpuppten sich früher oder später immer als absolute Reinfälle. Mary riss die tollsten Kerle auf, aber ich? Reden wir lieber nicht weiter darüber.  
Allerdings gab es auch nicht übermäßig viele Männer in meinem Leben, ich war einfach nicht geschaffen für One- Night- Stands und schnelle Affären. Ich wusste das aus Erfahrung, denn ich hatte es ausprobiert, als ich über meine erste ernsthafte Beziehung hinweg war.
Die endete am Silvesterabend 1999 mit einem Paukenschlag. Ich hatte mir damals tatsächlich eingebildet, mit Anfang zwanzig den „Mann fürs Leben“ gefunden zu haben.
Marco und ich hatten uns während des Studiums kennengelernt. Ich studierte auf Lehramt, er wollte Architekt werden und stand damals kurz vor dem Diplom. Zwischen uns funkte es sofort und er zog schon nach kurzer Zeit zu mir in meine kleine Studentenbude. Er war wunderbar. Von seinem italienischen Vater hatte er eine volle Ladung südländischen Charme und das gute Aussehen mitbekommen. Und er trug mich auf Händen. Dachte ich jedenfalls.
Wie sich später herausstellte, trug er neben mir noch andere Frauen auf Händen. Marco war ein Traummann- gut aussehend, sexy und ein ziemlicher Schweinehund.
    Wahrscheinlich war ich auf Egoisten gepolt. Manchmal dachte ich, dass mir das groß und breit auf der Stirn geschrieben stand, denn ich zog solche Typen magisch an. Oder warum landete ich ein paar Jahre später ausgerechnet bei Clemens?
Clemens Brendel war gerade in die Stadt gezogen, als wir uns bei gemeinsamen Bekannten über den Weg liefen. Er war Journalist und hatte einen Job bei einer renommierten Tageszeitung ergattert. Er war es, der mein Schreibtalent ausgrub und mich zum Schreiben ermutigte.
Und um den Spruch zu wiederholen- er war wunderbar.
Unsere Beziehung war vier Jahre alt, als er zum Chefredakteur befördert wurde. Daraufhin machte er mir einen Heiratsantrag und ich bekam die Traumhochzeit auf Hawaii, die ich mir seit meinen Kleinmädchentagen zusammengesponnen hatte.
Allerdings tat der Karrieresprung seinem Charakter nicht gut. Der tolerante, verständnisvolle Mann mutierte nach ein paar Monaten zum Monster. Es nervte ihn, wenn ich abends am Schreibtisch saß, meinen Unterricht vorbereitete oder Klausuren korrigierte und ihm nicht postwendend meine ungeteilte Aufmerksamkeit zuteil wurde. Es gefiel ihm nicht, wenn ich mit meinen Gymnasialkursen unterwegs und ein paar Tage nicht zu Hause war. Das Thema eigene Kinder war gleich ganz abgehakt. Und schließlich war ihm urplötzlich meine Schriftstellerei ein Dorn im Auge.
Es kam, wie es kommen musste, er verlangte eines schönen Tages, dass ich mein Lehramt für Deutsch und Geschichte aufgeben sollte um ausschließlich die Ehefrau des geplagten Herrn Chefredakteurs
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