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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße
Autoren: Gwen Bristow
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dröhnte der alte Upjohn weiter. »Alles ungleich verteilt in diesem Lande! Der ganze Staat Louisiana ist nicht in Ordnung. Oder denkt ihr etwa, ich nähme das Maul zu voll? Du glaubst das wohl, Gambrell, was? Machst so 'n hochnäsiges Gesicht!«
    »Gar nicht, ganz und gar nicht, Upjohn!« beteuerte Mr. Gambrell eilig. »Ungerechtigkeit gibt's überall auf der Welt und hierherum ganz besonders, das stimmt schon!«
    »Ungerechtigkeit? Und ob! So wahr ich geboren bin! Wem gehört denn zum Beispiel das Land, auf dem wir alle wohnen. Euch doch nicht! Kein Fatz davon! Den St. Clairs gehört es! Und wohnen die etwa hier? Ganz gewiß nicht! Die brauchen mehr Land, da an der Straße am Fluß, damit sie darauf wohnen können. Ich habe gerade ein Buch gelesen. Ich weiß, was ich rede. Wem gehört denn das ganze Land hier im Süden? Ich will's euch sagen. Achtzig Prozent des Landes gehören einem Prozent der Bewohner!«
    »Hm, hm, hm. Das müßte abgeändert werden! Das müßte es!« brummelte Mr. Kelby. Er drehte sich voll versteckter Hoffnung seiner eigenen Behausung zu; gab es denn immer noch kein Abendbrot? Enttäuscht schnitt er sich einen Brocken Kautabak herunter und ließ den alten Upjohn weiterräsonieren.
    »Wieviel Negersklaven haben wir in diesem Lande, weiß das einer?« donnerte der alte Upjohn fort. »Vier Millionen! Vier Millionen Sklaven hier im Süden! Und gehört dir vielleicht einer davon, Gambrell? Oder dir, Kelby? Kein einziger! Kein Nigger, kein einziger, der euch bei der Arbeit hilft. Und wem gehören alle die Nigger? Dreihunderttausend Leuten! In allen Südstaaten zusammen gibt es vier Millionen Nigger und sieben Millionen Weiße; aber die vier Millionen Nigger gehören nicht allen Weißen, sondern nur dreihunderttausend davon. Und das soll gerecht sein? Wir sind genauso weiß wie die Dreihunderttausend! Haben wir nicht genauso verdient, daß Nigger für uns arbeiten wie für die protzigen Leute von der Straße am Fluß? Das kommt alles bloß davon, daß …«
    »Ach, Papa, um Himmels willen!« fiel Corrie May ihm ins Wort. Sie hatte ein Weilchen zugehört; jetzt konnte sie sein Gebelfer nicht länger ertragen. Uferlos schwatzte er da – und es gab doch zu tun genug, was getan werden mußte. »Hast du das Holz gehauen? Mama sagte dir doch, daß du Holz hauen solltest«, sagte sie.
    Der alte Upjohn hüstelte verlegen in die vorgehaltene Hand: »Ach, es geht mir nicht besonders, Corrie May!« brummelte er. »Mir tut mein Bein weh!« Er streckte und reckte sein Bein und stöhnte dabei. »Hier hinten schmerzt es!«
    »Wenn man sich schon auf dich verläßt –!« sagte Corrie May verächtlich.
    »Wo bist du überhaupt gewesen?« ging ihr Vater zum Gegenangriff über, »'rumscharwenzelt mit irgendeinem jungen Bengel, was, anstatt deiner armen alten Mama in der Küche zu helfen?«
    Na, dachte Corrie May, wenn alle so wären wie du, dann gäbe es nicht viel in der Küche zu kochen und zu helfen. Sie warf ihren Kopf zurück und verteidigte sich: »Ich bin mit Budge Foster unterwegs gewesen. Er hatte am Hafen zu tun und fragte mich, ob ich nicht mitkommen wollte, es wäre so heiß.«
    »Mach nun aber, daß du hineinkommst, und hilf Mama!« sagte ihr Vater.
    »Ich geh' schon!« antwortete Corrie May und blickte zu dem Fosterschen Haus hinüber. Budge kam gerade wieder zum Vorschein, winkte ihr und sprang die wenigen Schritte herüber. Er kümmerte sich nicht weiter um die Männer, die da versammelt standen, und trat mit Corrie May ins Haus.
    »Was hat denn dein Vater schon wieder zu reden?« wollte Budge wissen.
    »Ach, wie immer!« sagte Corrie May, als sie in die Küche gingen. »Politik und Regierung, und wie alles verkehrt gemacht wird!«
    Budge zuckte die Schultern: »Na ja, die den Mund vollnehmen mit Reden, die haben nichts Besseres hineinzustopfen.«
    Mrs. Upjohn blickte hoch, sie zu begrüßen. Auf dem Herd brodelte das Abendessen. Die Frau beugte sich über ein Waschfaß in der Herdecke, wrang ein paar Hemden aus und hängte sie auf eine Leine nicht weit vom Ofen, damit sie bis zum nächsten Morgen trockneten. Der Wrasen machte die Küche heiß und stickig. Die Düfte des schmutzigen Seifenwassers und die des schmorenden Abendbrotes versuchten, sich zu übertrumpfen.
    »Na, wie geht's, Budge?« fragte Mrs. Upjohn gastfreundlich.
    »Kann mich nicht beklagen, Frau Upjohn!« antwortete er.
    Budge bewunderte Corrie Mays Mutter. Sie war eine gute Frau, wenn auch nicht besonders fraulich anzuschauen. Ihre
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