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Lord Stonevilles Geheimnis

Lord Stonevilles Geheimnis

Titel: Lord Stonevilles Geheimnis
Autoren: Sabrina Jeffries
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nicht richtig zugehört? »Ich dachte, ihr solltet wissen, dass ich daran schuld bin, dass …«
      »Du bist an gar nichts schuld!«, rief Minerva und sprang auf. »Du warst einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort.«
      »Wenn irgendjemand die Schuld trägt«, meldete sich die Großmutter zu Wort, »dann bin ich es!«
      Oliver wendete sich ihr zu. Auch sie weinte, und ihre runzeligen Wangen waren feucht von Tränen.
      Sie sah ihn reuevoll an. »Ich hätte auf dich hören müssen, als du darauf gedrängt hast, dass ich ihnen nachreite. Das halte ich mir bis zum heutigen Tag vor. Wenn ich doch nur gewusst hätte …«
      Er legte ihr die Hand auf die Schulter. »Du kannst nichts dafür. Ich habe mich zu sehr geschämt, um dir zu sagen, weshalb Mutter und ich uns gestritten hatten.«
      »Das kann ich dir nicht verübeln, alter Knabe«, warf Gabe mit belegter Stimme ein. » Ich hätte Großmutter so etwas niemals erzählt. Wenn ich mir vorstelle, Mutter wäre bei mir hereingeplatzt, während ich … Das ist doch der Albtraum eines jeden Mannes!«
      Die anderen konnten Gabe nur beipflichten.
      »Wisst ihr was?«, sagte Celia und tupfte sich die Augen mit ihrem Taschentuch trocken. »Mrs Rawdon hat Mutter vorher bestimmt irgendetwas erzählt, um sie dazu zu bringen, genau zum richtigen Zeitpunkt in Olivers Zimmer zu gehen.« Die anderen sahen sie erstaunt an. »Nun ja, es kommt mir einfach sehr ungewöhnlich vor, dass Mutter das Zimmer ohne anzuklopfen betreten hat.«
      »Leider werden wir es nie erfahren«, sagte Oliver. »Ich wollte Lilith immer fragen, aber die Rawdons haben England vor langer Zeit verlassen.«
      Die anderen stellten zunächst einige Spekulationen über Mrs Rawdons Motive an, dann unterhielten sie sich über ihre Mutter und darüber, wie streng sie manchmal gewesen war. Und schon bald lachten sie herzlich über Gabe, der die Geschichte zum Besten gab, wie die Mutter ihm einmal den Hintern versohlt hatte, weil er mit fünf Jahren splitternackt über den Hof gelaufen war.
      Als Oliver Maria verdutzt ansah, zog sie ihn auf den freien Platz neben sich. »Lass sie sich ruhig amüsieren«, sagte sie leise. »Es hilft ihnen, damit zurechtzukommen. Schließlich ist es ein harter Brocken für sie, dass deine Mutter deinen Vater vorsätzlich getötet hat. Sie brauchen Zeit, um es zu verarbeiten und herauszufinden, was es für sie bedeutet. Im Augenblick können sie nur lachen oder weiter weinen, und sie wollen dir nicht noch mehr wehtun, indem du ihre Tränen mitansehen musst.«
      »Aber sie sollten mich zur Verantwortung ziehen. Warum tun sie es nicht?«
      »Weil sie nicht dumm sind«, entgegnete Maria mit einem liebevollen Lächeln. »Sie geben den Richtigen die Schuld, nämlich Mrs Rawdon und deiner Mutter. Und deinem Vater, weil er so ein herzloser Wüstling war.«
      Die Großmutter legte ihre Hand auf seine. »Deine Mutter war immer sehr verständnisvoll – zu verständnisvoll, wenn du mich fragst. Ich wäre schon mit dem Schürhaken auf deinen Vater losgegangen, wenn er eine andere Frau auch nur angesehen hätte.« Sie tätschelte Oliver die Hand. »Du weißt es vielleicht nicht, aber dein Großvater war zu seiner Zeit auch ein rechter Filou. Nach unserer Hochzeit hat er sich jedoch sehr gebessert.«
      »Du hast ihm vermutlich keine große Wahl gelassen«, entgegnete Oliver.
      »Da hast du recht.« Sie tupfte sich die Augen mit ihrem Taschentuch ab. »Du meine Güte, ich vermisse ihn immer noch! Manchmal erinnerst du mich an ihn. Er gab eine sehr flotte Figur ab. Und was war er für ein Tänzer! Gott, wir haben ganze Nächte durchtanzt.«
      »Ich habe es dir doch gesagt«, sagte Maria zu Oliver. »Du schlägst nach der mütterlichen Seite, nicht nach deinem Vater.«
      Allmählich glaubte er, dass sie recht hatte. Seit Maria in sein Leben getreten war, hatte er kein Interesse mehr an anderen Frauen. Seine Pflichten auf Halstead Hall hielten ihn derart auf Trab, dass er sich schon häufig gefragt hatte, wie es seinem Vater überhaupt gelungen war, eine Ehefrau, die Verwaltung eines Guts und diverse Gespielinnen unter einen Hut zu bringen.
      »Sind wir jetzt fertig?«, fragte Minerva und riss ihn aus seinen Gedanken. »Oder hast du noch mehr solche erstaunlichen Enthüllungen für uns? Denn wenn nichts mehr anliegt, würde ich gern schreiben gehen.«
      Als Oliver in die Runde blickte, merkte er, dass seine Familie eine Antwort von ihm erwartete. Da er jedoch mit
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