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London Road - Geheime Leidenschaft

London Road - Geheime Leidenschaft

Titel: London Road - Geheime Leidenschaft
Autoren: Samantha Young
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niederließ, wo es vor dem Fernseher seine Comiczeichnungen ausgebreitet hatte.
    Cole hatte mich schon vor Jahren einmal gebeten, mit dem Rauchen aufzuhören, gleich nachdem er erfahren hatte, dass Zigaretten ungesund waren. Damals hatte ich es nicht getan, weil er nicht weiter nachgehakt hatte. Er war erst sieben gewesen und mehr an Iron Man interessiert als an meinen schlechten Angewohnheiten.
    Vor einigen Monaten jedoch hatte er im Biounterricht in einem ziemlich ekligen Film über die gesundheitlichen Folgen des Rauchens – unter anderem Lungenkrebs – Bilder einer nikotingeschädigten Lunge gesehen. Cole war ein schlaues Kerlchen. Natürlich hatte er vorher schon gewusst, dass Rauchen tödlich sein konnte. Da auf jeder Zigarettenschachtel unübersehbar RAUCHEN KANN TÖDLICH SEIN geschrieben steht, wäre ich auch ziemlich besorgt gewesen, wenn er es nicht gewusst hätte.
    Trotzdem war ihm wohl bis zu diesem Zeitpunkt nicht in den Sinn gekommen, dass Rauchen auch für mich tödlich sein könnte. Er war in gereizter Stimmung nach Hause gekommen und hatte alle meine Kippen im Klo runtergespült. Ich hatte ihn noch nie so aufgewühlt erlebt. Seine Wangen waren feuerrot, und seine Augen hatten geglänzt. Er hatte mir befohlen, sofort aufzuhören. Mehr musste er nicht sagen, der Rest stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    Du darfst nicht sterben, Jo. Ich will dich nicht verlieren.
    Also hatte ich aufgehört.
    Ich hatte mir Pflaster und Kaugummis besorgt und wie ein Hund unter den Entzugserscheinungen gelitten. Nun, da ich keine Hilfsmittel mehr brauchte, sparte ich einiges an Geld, vor allem, da Zigaretten ständig teurer wurden. Überhaupt schien Rauchen kaum noch gesellschaftsfähig zu sein. Joss war schier aus dem Häuschen gewesen vor Freude, als ich ihr mitgeteilt hatte, dass ich aufhören wollte, und ich muss zugeben, dass es sehr angenehm war, wenn sie nicht jedes Mal die Nase rümpfte, weil ich nach Qualm stinkend aus der Pause kam.
    »Mir geht’s gut«, versicherte ich Cole.
    Er zeichnete weiter an einer Seite des Comics, den er gerade in Arbeit hatte. Mein Bruder war schwer talentiert. »Und warum schimpfst du dann so?«
    »Der Strompreis ist gestiegen.«
    Cole schnaubte. »Welche Preise sind denn nicht gestiegen?«
    Tja, er musste es wissen. Er schaute seit seinem vierten Lebensjahr täglich die Nachrichten. »Da hast du auch wieder recht.«
    »Musst du dich nicht langsam mal für die Arbeit fertigmachen?«
    Ich lachte. »Okay, Dad.«
    Das brachte mir ein weiteres Schulterzucken ein, bevor er sich wieder über seinen Zeichenblock beugte – das Signal, dass er mich endgültig ausgeblendet hatte. Die rotblonden Haare fielen ihm in die Stirn, und ich musste gegen den Drang ankämpfen, sie zurückzustreichen. Sie wurden allmählich zu lang, aber er weigerte sich hartnäckig, mit mir zum Frisör zu gehen.
    »Sind deine Hausaufgaben fertig?«
    »Mmm-hmm.«
    Blöde Frage.
    Ich sah zur Uhr auf dem Kaminsims. Cole hatte recht. Ich musste mich für meine Schicht im Club 39 fertigmachen. Heute war Joss mit mir eingeteilt, es würde also nicht allzu schlimm werden. Es hatte Vorteile, mit der besten Freundin zusammenzuarbeiten. »Du hast recht, ich mach mich mal besser …«
    Krach! »Verdammte Scheiße noch mal!«
    Der Knall und das darauffolgende Gezeter waren in der ganzen Wohnung zu hören, und ich war heilfroh, dass der Nachbar unter uns ausgezogen war. Ich fürchtete mich schon vor dem Tag, an dem ein neuer Mieter einziehen würde. »Jooooo!«, schrie sie hilflos. »Johannaaaaa!«
    Cole sah mich an. Ich las den Schmerz in seinem kindlichen Gesicht, aber gleichzeitig funkelte aus seinen Augen der Trotz. »Lass sie doch einfach, Jo.«
    Ich schüttelte den Kopf. In meinem Magen grummelte es. »Ich kümmere mich schnell um sie, dann musst du dir heute Abend keine Gedanken mehr um sie machen.«
    »JOOOOOO!«
    »Komme ja schon!«, brüllte ich zurück. Ich straffte die Schultern und ging los, um ihr zu helfen.
    Ich stieß die Tür zum Schlafzimmer auf und war nicht überrascht, als ich meine Mum neben dem Bett am Boden liegen sah. Sie krallte die Finger in die Laken und versuchte vergeblich, sich daran hochzuziehen. Auf ihrem Nachttisch war eine Flasche Gin umgekippt und zu Bruch gegangen, einige der Scherben waren neben ihr auf den Boden gefallen. Ich sah, wie ihre Hand sich ihnen näherte, stürzte hin und riss ihren Arm weg. »Nicht«, sagte ich leise. »Da sind Scherben.«
    »Jo. Ich bin rausgefallen«, jammerte
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