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Loge der Lust

Loge der Lust

Titel: Loge der Lust
Autoren: Henke Sandra
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ein vernünftiges Appartement vorzufinden. Der Gedanke, dass Monica Stew die Wohnungsvermittlung übernommen hatte, behagte ihr nicht. Aber Teena hatte keine Zeit gehabt, selbst in den Norden zu kommen und eine Bleibe zu suchen. Alles war so schnell gegangen.
    Sie bog nach rechts und suchte einen Anhaltspunkt, auf welcher Straße sie sich befand. Glücklicherweise hing an einem Hauseingang ein selbst gebasteltes Schild, vielleicht aus Treibholz gefertigt, auf das mit weißer Farbe „Sailor Lane 4“ gemalt war.
    „Hier bin ich falsch“, sagte Teena und fuhr in die Parallelstraße.
    Endlich fand sie die Shell Road. Die Straße war am weitesten von der Küste entfernt, was Teena nur recht war, denn dort wehte nicht ständig eine Brise. Nicht nur im Sommer ließ der kalte Wind, der fast permanent vom Meer ins Landesinnere blies, die Temperaturen milder erscheinen, sondern auch in der zweiten Jahreshälfte, und dadurch fühlte sich so mancher Herbsttag bereits frostig an. Das wusste Teena von den Urlauben bei ihrer Tante Beth im irischen East Cork.
    Glücklicherweise fand sie einen Parkplatz am Straßenrand gleich vor dem Haus Nummer 26. Es besaß zwei Stockwerke mit jeweils vier Wohnungen. Letzteres schloss sie aus den Klingelschildern. Sie besorgte sich den Schlüssel für ihr Appartement bei den Eigentümern Elisabeth und Timothy Desmond, die in einem kleinen Häuschen nebenan wohnten, und betrat ihr neues Zuhause. Die Koffer würde sie später holen. Ihre Wohnung befand sich in der obersten Etage. Sie war kleiner, als Teena gehofft hatte, aber zumindest sauber. Im Grunde war es nur ein großes Zimmer. Auf der rechten Seite stand gleich vor dem Fenster ein Sofa. Die Aussicht konnte man sicherlich nicht genießen, wenn man darauf saß, da die Balkonbrüstung den Blick versperrte. Aber zumindest gab es einen Balkon.
    Als sie am winzigen Badezimmer vorbeiging, das gleich vorne rechts lag und nicht einmal eine Badewanne besaß, bemerkte sie einen Kleiderschrank, der vor dem Sofa an der Wand zum Badezimmer stand. Man sah ihn nicht sofort, wenn man die Wohnung betrat.
    Was sollte dann der andere Schrank, der sich links hinter dem Bett befand? Neugierig schlenderte sie heran und öffnete die Türen.
    „Eine Küche. Und was für eine!“ Sie seufzte. Es war eine dieser putzigen Küchen, die von außen wie ein Schrank aussahen und nur zwei Kochplatten, ein winziges Spülbecken, einen einzigen Unter- und einen Hängeschrank hatten. Ein winziger Kühlschrank. Keine Spülmaschine. „Ich muss mich ab jetzt wohl ein wenig einschränken. Angeblich formt das ja den Charakter.“
    Die Blümchentapete wirkte genauso altmodisch wie der braune Cordbezug des Sofas. Immerhin hatte Elisabeth Desmond eine grüne Glasvase auf den Couchtisch gestellt. Ob Misses Desmond die Blumen eigenhändig auf der Wiese gepflückt hatte? Der Strauß sah wild aus. Die Stiele waren unterschiedlich lang, und die Blüten ließen die Köpfe hängen. Genauso wie Teena.
    Sie setzte sich auf das Bett, das zwischen Eingang und Schrankküche in das kleine Appartement gestopft worden war und von einem Plaid mit Rosenmuster bedeckt wurde.
    Das ist alles nicht so schlimm, wie es auf den ersten Blick erscheint, versuchte sie sich einzureden, aber es funktionierte nicht wirklich. So sah also ihre ersehnte Freiheit aus! Nicht gerade das, was Teena sich darunter vorgestellt hatte. Die Fahrt war lang und ermüdend gewesen, die neuen Kollegen hatten sich als verschrobene Kleinstädter entpuppt, und die Wohnung wirkte verstaubt und fade.
    Teena war das Glück wohl auf dem Weg nach Gardenrye abhanden gekommen, vielleicht auf dem Parkplatz, als sie masturbiert hatte. Und wo war ihre Euphorie geblieben?
    „Wo bist du?“, fragte sie laut, hob das Plaid an und schaute unter dem Bett nach.
    Dann ging sie zum Kleiderschrank und öffnete die Tür. „Hallo?“
    Sie schüttelte den Kopf, weil sie sich so albern benahm. Aber was war so schlimm an Galgenhumor? Er half, mit einer vertrackten Situation besser umgehen zu können.
    Sie lief zur Balkontür, öffnete sie und rief hinaus: „Bist du da?“
    Plötzlich lehnte sich eine Frau, die auf dem Nachbarbalkon stand, nach vorne und spähte um die Ecke. Die Balkone verliefen um das ganze Haus herum und waren durch verrostete Stahlwände voneinander getrennt. „Wen suchst du?“
    Ihre neue Nachbarin hatte große braune Augen und die appetitlichsten Lippen, die Teena je gesehen hatte, voll und dunkelrot geschminkt. Sie trank aus
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