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Loge der Lust

Loge der Lust

Titel: Loge der Lust
Autoren: Henke Sandra
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Innenhof der Schule beaufsichtigen. Erst im letzten Jahr haben wir einen neuen Parcours auf den Boden gemalt. Das gehört ebenso zu deinen Aufgaben wie die Lizenzen der Fischer zu überprüfen. Bei uns ticken die Uhren langsamer. Kein Vergleich zur Metropole London.“
    Teena zitterte leicht und schlang die Arme um den Körper. Ihre Augen wurden feucht. Sie kam sich so dumm vor. Die drei Männer starrten sie an. Monica lauschte vermutlich und ging gewiss davon aus, dass Teena jeden Moment aus dem Polizeirevier stürmen würde, um nach Hause zu flüchten. Doch diesen Gefallen würde Teena ihr nicht tun.
    „Du kommst aus London?“, fragte Joshua. Sein Blick hellte sich auf. „Kein Wunder, dass du irritiert bist. Es muss ein Kulturschock für dich sein.“
    Er verzieh ihr? Teena schluckte die Tränen hinunter. Auf keinen Fall wollte sie heulen!
    „Meine Tante Kathy wohnt in Chelsea. Immer wenn ich sie besuche, habe ich nach kurzer Zeit Ohrenschmerzen und kann kaum atmen. Zu viele Autos, Einwohner und Touristen, zu viel Smog und Lärm.“ Joshua rückte die Brille zurecht. „Dir geht es bestimmt ähnlich, nur dass du denkst, du wärest am Allerwertesten der Welt gelandet.“
    Eigentlich zog sie es vor zu schweigen, doch da alle auf eine Antwort warteten, räusperte sie sich und sprach: „Nun, Gardenrye ist anders.“
    „Diplomatisch ausgedrückt.“ Joshua zwinkerte. Dann wurde er ernst. „Ich glaube nicht, dass du dich an unsere Kleinstadt gewöhnen wirst. Die Unterschiede sind zu groß. Es stinkt an allen Ecken nach Fisch. Das nächste Theater ist in Newcastle, auch das nächste Schwimmbad, denn ich kann dir nicht empfehlen, im Meer zu baden. Deine helle Haut sieht viel zu zart und empfindlich für das brackige Wasser aus. Das Motoröl der Fischerboote bildet einen Schmierfilm auf der Oberfläche.“
    Wollte er sie freundschaftlich warnen oder abschrecken? Aufmüpfig antwortete sie: „Ich werde herausfinden, ob ich hier glücklich werden kann. Auf einen Versuch lasse ich es ankommen.“
    Matthew schlug die Handflächen gegeneinander und stand dynamisch auf. „Fabelhaft! Dann sehen wir uns morgen um neun Uhr“, sagte er und ging in den Korridor hinaus. Über die Schulter hinweg rief er ihr zu: „Zieh dir etwas Robusteres an. Das Wetter an der Küste ist launisch.“
    „Und das Klima rau“, fügte Lewis hinzu und drückte seine Dunhill kräftiger im Aschenbecher aus, als es nötig gewesen wäre.
    Teena quälte zum Abschied ein Lächeln hervor und verließ das Besprechungszimmer. Ihre Muskeln schmerzten. Erst jetzt merkte sie, wie angespannt sie war. Sie hatte die ganze Zeit über die Fingernägel in die Handballen gedrückt, sodass ihre Hände nun wehtaten. Erschöpft schleppte sie sich zum Empfang.
    „Bis morgen, Monica“, sagte sie enthusiastischer, als ihr zumute war, reckte ihr Kinn in die Luft und nahm ihren Koffer. Ohne auf eine Antwort zu warten, verließ sie das Gebäude. Zum Glück hatte es aufgehört zu regnen. Die feuchte Luft roch frisch und salzig. Vögel saßen in Scharen auf den Oberleitungen und zwitscherten laut. Ein Bus, der voll besetzt mit Schulkindern war, fuhr am Parkplatz vorüber. Einige Mädchen winkten Teena zu. Glücklich über jedes bisschen Freundlichkeit ließ sie ihr Gepäck los und winkte zurück. Dann bemerkte sie, dass sie den Koffer in eine Pfütze gestellt hatte, und hob ihn entgeistert an. Warum musste immer ihr so etwas passieren? Sie blickte zu den Fenstern der Bezirksdienststelle und meinte ein Gesicht hinter einer Gardine auszumachen, aber das konnte auch Einbildung sein.
    Eilig verstaute Teena den Koffer und stieg in den Landrover. Die Reifen drehten durch, weil sie zu schnell anfuhr und der Asphalt nass und rutschig war. Sie brauste vom Parkplatz und stellte sich vor, wie die reizenden neuen Kollegen hinter den Vorhängen standen und über ihren protzigen Discovery lästerten. Es schien fast so, als hätte sie alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte. Gardenrye kam ihr vor wie eine andere Welt. Auf den ersten Blick machten Leute und Umgebung einen „einfachen“ Eindruck, aber in Wahrheit waren sie kompliziert. Teena hatte schon gehört, dass Zugezogene in ländlichen Gegenden nur schwer akzeptiert wurden. Doch Gardenrye war kein Dorf, sondern eine Kleinstadt.
    Teena fuhr langsam durch die Nebenstraßen. Sie suchte nach Straßenschildern, aber einige fehlten schlichtweg. Darum sollte sich die hiesige Polizei kümmern!
    Sie hoffte inständig, wenigstens
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