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Löwe gut - alles gut

Löwe gut - alles gut

Titel: Löwe gut - alles gut
Autoren: Max Kruse
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Hoffentlich segelten die Teufel der Weltmeere nicht mit ihren Gefangenen auf Nimmerwiedersehen davon!
    Der Sultan und Löwe hockten, hockten und hockten inzwischen auf dem Felsen. Da hockten sie stundenlang. Und ihre Sorgen wurden von Minute zu Minute größer: eine dicke Sorgenwolke, die sich nach allen Seiten hin ausdehnte...
    Normalerweise ist es ja ein Vergnügen, bei schönem Wetter am Meer zu sitzen. Man kann in der Sonne vor sich hin dösen. Man kann über allerlei Tiefsinniges nachdenken, und man kann wundervolle Gespräche miteinander führen.
    Aber wenn man auf eine wichtige Nachricht wartet? Wenn die Freunde in Gefahr sind? Wenn die Zeit verstreicht, die Sonne den Zenit übersteigt und die Schatten unaufhaltsam länger werden?
    Gut hundertmal war der Sultan schon aufgesprungen, hin und her gelaufen, hatte die Hand über die Augen gelegt — und auch Löwe wurde immer unruhiger.
    Ka blieb verschwunden. Jeder Vogel, der herbei- und wieder vorbeiflog, weckte in ihnen neue Hoffnung, die alsbald in Enttäuschung umschlug.
    So würden sie also spätestens bei Einbruch der Dunkelheit selbst zur Leuchtturminsel hinüberfahren müssen, mochte daraus werden, was wollte!
    Da plötzlich rief Löwe: »O Sultan! Ich traue meinen Augen nicht! — Ist dieses viereckige Stück dort neben der weißen Wolke nun dein Teppich? Oder ist es eine neue Art Flugzeug?«
    Zum einhundertundeinsten Male sprang der Sultan auf, jetzt aber warf er jubelnd seine Arme hoch, riß sich den Turban vom Kopf und schwenkte ihn so wild, daß er aufging und als lange Seidenschlange herumwirbelte.
    Rasch näherte sich der Teppich. Sie erkannten seine Unterseite und die Fransen ganz deutlich. Und sie sahen einen Herrn im gelben Morgenrock an einem runden Tisch sitzen und einen schwarzgekleideten Herrn hinter seinem Stuhl stehen.
    Auch von oben hatte man sie erblickt.
    »Ist es möglich?« rief Lord Pampelmouse. »Sind Sie etwa der Sultan, dem dieser Teppich gehört? Der Sultan mit dem Löwen?«
    »Wir sind es!«
    »Wundervoll! Soeben haben wir das letzte Brötchen gegessen und den Tee ausgetrunken! Würden Sie dem Teppich bitte befehlen zu landen?«
    Der Sultan tat es nur zu gern. Sanft setzten Lord, Butler und Frühstückstisch auf der Mitternachtsinsel auf.
    »Ich hatte schon jede Hoffnung aufgegeben«, sagte Mylord, nachdem sie sich begrüßt hatten. »Wir waren nämlich schon bei den Eskimos, in Lappland und auf Sizilien! Und alles nur im Morgenrock! Der Wind trieb uns herum! Und der Teppich hatte anscheinend Schwierigkeiten, Sie zu finden! Aber nun ist ja alles gut — bis auf den Schnupfen, den ich mir geholt habe. Wie fühlst du dich, John?«
    »Danke, Mylord, etwas steif!«
    Dieses freudige Ereignis minderte ihre Sorge um Ka.
    Nun, da der Sultan sein unentbehrliches Luftfahrzeug wiederbekommen hatte, fühlte er sich schon bedeutend wohler.
    Sobald die Nacht gekommen war, wollte er zur Leuchtturminsel fliegen.

Gefahr

    Und die Nacht kam. Tiefe Dunkelheit umgab sie bald. Finsternis, die von keinem Lichtstrahl erhellt wurde. Vergeblich erwartete der Sultan das Aufflammen des Scheinwerfers.
    Statt dessen wurden am Horizont die goldenen Lichter eines großen Schiffes sichtbar. Fahrplanmäßig näherte sich der Luxus-Passagierdampfer »Columbus«.
    Der Kapitän suchte gerade auf der Kommandobrücke das Meer mit dem Fernglas ab. »Merkwürdig«, sagte er zu seinem Ersten Steuermann, »haben wir denn Verspätung? Eigentlich müßten wir doch schon bei der Leuchtturminsel sein. Aber ich sehe nichts! Wenn wir morgen nicht pünktlich ankommen, verpassen die Fahrgäste die Omnibusse für die Rundfahrt! Das darf nicht sein! Volle Kraft voraus!« Der mächtige Schiffskörper erzitterte. Die Maschinen stampften, und die Schrauben wühlten die See auf.
    So fuhr die »Columbus« in die tiefschwarze Nacht, näherte sich unaufhaltsam wie ein abgeschossener Torpedo, den niemand mehr zurückrufen kann, der Leuchtturminsel, auf deren flachen Strand sie nur zu bald auflaufen würde.
    Dann saß sie fest! Zuvor aber würden Stühle und Tische an Bord umkrachen, Lampen zerspringen, Fahrgäste aus den Betten fallen und, ohne sich erst noch anzukleiden, wie aufgescheuchte Hühner auf Deck hasten — es würde ein wildes Durcheinander geben, einige würden ins Wasser springen, andere in die Rettungsboote klettern — und niemand würde auf drei wieselflinke Kerle mit Stiefeln und Schlapphüten achten, die scheinbar damit beschäftigt waren, Kisten, Koffer, Schmuck und
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