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Lockruf Der Nacht

Lockruf Der Nacht

Titel: Lockruf Der Nacht
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wahnsinnig reich, dafür aber eine sehr einsame und traurige Frau ist.
    »Ich habe damals in einem italienischen Restaurant gearbeitet, als Sam mit ein paar Geschäftsleuten hereinkam.«
    Ich höre das erste Mal den Namen Sam. Anscheinend hieß so ihr Mann. Ich frage nicht weiter nach.
    »Es war Liebe auf den ersten Blick. Und nach drei Monaten waren wir verheiratet.«
    »Nach drei Monaten?« Ich spiele die Erstaunte, obwohl ich es nicht bin. Viele, gerade hier in Amerika, lassen sich im taumelnden Liebesglück zu so einer Tat hinreißen und sind nach ein paar Wochen wieder geschieden. Kann mir nicht passieren.
    Der Kellner entkorkt mit geübten Handgriffen die Weinflasche vor unseren Augen - eine Empfehlung des Hauses - und schenkt Ms. Sheldon zuerst ein. Sie nippt und nickt mit einem gekonnten Augenaufschlag.
    Sie erzählt weiter von ihrem Sam, seinen zahlreichen Geliebten und den Depressionen, die sie in ihrer Ehe erlebt hat. Irgendwie nimmt sie mir die Illusion, jemals den Deckel für mich zu finden.
    Drei Männer betreten das Restaurant und kommen an unserem Tisch vorbei. Die Stimme des ersten lässt mich hochsehen. Dunkelbraune, etwas längere Haare, ein schönes Profil und eine gute Figur. Ich denke an den Mann in meinen Träumen. Hoffnung keimt auf. Habe ich vielleicht eine Art Zukunftsvision gehabt? Sie nehmen zwei Tische weiter Platz. Leider sitzt der, der mein Interesse geweckt hat, mit dem Rücken zu mir. Wo sind die Toiletten? Leider in der anderen Richtung. Es gibt also keinen Grund an diesem Tisch vorbeizugehen. Ich muss mir also etwas anderes einfallen lassen, um die Aufmerksamkeit der Herrschaften auf mich zu ziehen.
    »Was sagen Sie dazu?«, fragt Ms. Sheldon und sieht mich mit großen Augen an.
    Ich nehme einen kräftigen Schluck Wein und überlege, was sie wohl meinen könnte. Und dann passiert es. Ich verschlucke mich, und zwar so schlimm, dass ich kaum noch Luft bekomme. Ich will etwas sagen, doch heraus kommt nur ein Quietschen wie bei einer Ratte, der man auf den Schwanz getreten ist. Ich springe auf, reiße die Arme nach oben und mache ihr mit fuchtelnden Armen Zeichen, mir auf den Rücken zu klopfen. Aber sie scheint nicht zu kapieren, was ich von ihr will.
    In Nullkommanichts habe ich ungewollt die Aufmerksamkeit aller Gäste, einschließlich des Personals auf mich gelenkt. Mein Kopf ist so rot wie das Innere einer Wassermelone. Kurz vor dem Exitus klopft mir endlich jemand mit kräftigen Schlägen auf den Rücken und ich spüre Erleichterung in meinen Atemwegen.
    »Geht´s wieder?«
    Ich nicke und drehe mich um. Es ist der Mann, der zwei Tische weiter gesessen hat. Er sieht mich besorgt an.
    »Danke. Sie haben mich gerade vor dem Erstickungstod gerettet.« Ich schaue ihm in die Augen. Fehlanzeige. Sie sind braun, aber auch schön.
    »Ja, war knapp davor.« Er lacht und geht zurück zu seinen Freunden, während ich mich wieder zu Ms. Sheldon an den Tisch setze. Zumindest brauche ich jetzt nicht mehr auf ihre letzte Frage zu antworten, denn sie wechselt das Thema. »Hm … Netter junger Mann. Das sind die Situationen, in denen man plötzlich den Mann seiner Träume kennenlernt.« Während sie redet, sehe ich ab und zu rüber zu meinem Retter, aber er ist, im Gegensatz zu mir, in sein Gespräch vertieft und hat mich schon wieder vergessen.
    Am frühen Abend erreiche ich meinen Chef. Er gratuliert mir zu dem erfolgreichen Verkauf, verspricht mir einen Extrabonus, der meinen nächsten Abenteuerurlaub in ein fernes Land sichert, und schickt mich ins Wochenende.
     

5.
    Gut gelaunt erscheine ich gegen neun Uhr mit meiner Kamera auf der Vernissage. Immerhin habe ich heute eine gute Stange Geld verdient. An den Wänden hängen Bilder, mit denen ich nichts anfangen kann. Wildes Gekritzel, das sich die High Society an die Wand hängen wird, weil Mister Puhvogel ihnen einredet, dass genau dieser Künstler der nächste Hit der Saison ist.
    Ich habe nur ein paar selbst gemalte große Leinwandbilder in meinem Apartment hängen, die die nackten, hohen Steinwände schmücken. Ich hatte immer Phasen im Leben, in denen ich meine Talente ausgetestet habe. Malen gehörte definitiv nicht dazu, dafür aber die Fotografie.
    Zwischen den Gästen suche ich Lilith, während ich schon mal ein paar Fotos schieße und einigen bekannten Gesichtern Hallo sage. Ein helles Lachen verrät mir sofort ihren Standort in der zweihundert Quadratmeter großen Halle. Wie nicht anders erwartet, steht sie zwischen ein paar Männern
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