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Lockruf Der Leidenschaft

Lockruf Der Leidenschaft

Titel: Lockruf Der Leidenschaft
Autoren: authors_sort
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gefrorenen Rasen und ließen die zarten Muster der mit einer dünnen Eisschicht überzogenen Pfützen platzen. Pollys Herz raste mit geradezu Übelkeit erregender Geschwindigkeit. Der Schweiß brach ihr auf der Stirn aus, rieselte dann ihren Rücken hinab und durchfeuchtete schließlich trotz des pfeifend kalten Windes, der ihre Nasenspitze taub werden und ihre Augen tränen ließ, ihr Hemd.
    Als sie die Pferdegruppe erreichten, zügelte Polly die Stute, wobei sie trotz ihrer angstvollen Eile so behutsam wie immer vorging, um nicht Tinys empfindliches Maul zu verletzen. Anschließend schwang sie sich vom Rücken der Stute und verknotete die Zügel über deren Hals, damit sie sich nicht mit den Hufen darin verfangen konnte, wenn sie den Kopf senkte, um zu grasen.
    Als Polly hinter Sulayman hervortrat, legte sie ihm vorsichtig eine Hand auf den Rumpf, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. Mit einem Zeichen des Erkennens wandte er den Kopf zu ihr um. Er war, ebenso wie seine sechs Genossen, mit einem Haltestrick an einen Ast angebunden worden. Nick hatte seinen Umhang über Sulaymans Sattel gelegt, und in der Tasche war, wie Polly erwartet hatte, die Ausbuchtung von Nicholas' Pistole zu erkennen.
    Polly zog die Pistole aus der Tasche. Sie war schussfertig, denn Nick vertrat die Ansicht, dass es sinnlos war, eine Feuerwaffe bei sich zu tragen, die nicht ohne größere Vorbereitung genutzt werden konnte, wenn man eines rasches Schutzes vor Wegelagerern, Straßenräubern oder einem anderen Schurken bedurfte, die die öffentlichen Straßen belagerten.
    Behutsam die Pistole haltend, ging Polly weiter, für den Augenblick noch hinter den Pferden verborgen, bis sie freie Sicht auf das Feld hatte. Sechs Männer in Reithosen und Hemdsärmeln bewegten sich über die weite Fläche, fast wie Tanzpaare in einem kunstvollen, doch tödlichen Ballett. An der Seite stand der siebte Mann, dessen Atem dampfend in die frostkalte Luft aufstieg. Die bauchige Ledertasche zu seinen Füßen verriet seinen Beruf. Buckingham und Kincaid waren Polly am nächsten. Sie trugen ihr Haar im Nacken zusammengebunden, die Gesichter ausdruckslos, die Blicke auf die wirbelnden Klingen gerichtet, die Lippen in grimmiger Anspannung aufeinander gepresst. Die Degen prallten aufeinander, schwangen wieder rückwärts, und mit jedem stählernen Klirren raste Pollys Herz nur noch schneller, bis sie über das Rauschen in ihren Ohren hinweg kaum noch etwas hören konnte. Langsam hob sie die Pistole und blickte mit zusammengekniffenen Augen am Lauf entlang. Durch die Waffe wollte beim besten Willen in ihren zitternden Händen nicht ruhig liegen bleiben. Sie hatte noch nie zuvor eine Pistole benutzt, aber es konnte doch nicht allzu schwierig sein. Man musste einfach nur den Abzug betätigen, und das Ziel war ja nun auch alles andere als klein.
    Polly glaubte nicht, dass sie Buckingham töten könnte. Wer den Favoriten des Königs und damit eines der wichtigsten Mitglieder des britischen Hochadels tötete, den erwartete ein höchst unerfreuliches Schicksal. Außerdem würde dies erfolgreich ihre Liebesbeziehung zu Nick wieder beenden, was angesichts der gegenwärtigen Umstände jedoch eine recht sinnlose Erwägung war. Aber wohin sollte man zielen, wenn man jemanden lediglich außer Gefecht setzen wollte? Falls man überhaupt zielen konnte.
    Für einen kurzen Augenblick hatte Buckingham sich ihr halb zugewandt, und sein Schwertarm parierte den Ausfall seines Gegners. Polly richtete den Blick fest auf sein Schultergelenk und drückte ab, noch bevor sie einen weiteren Gedanken fassen konnte.
    Die Explosion und das Aufblitzen des Feuers zerrissen jäh die unheimliche, konzentrierte Stille. Buckinghams Degen fiel zu Boden. Langsam sank er auf ein Knie, die Hand auf seine verletzte Schulter gepresst. Das hellrote Blut, das zwischen seinen Fingern hervorquoll, hob sich erschreckend farbenfroh von seinem weißen Hemd ab. Für einen Augenblick, der ihr jedoch wie eine Ewigkeit erschien, glich das Szenario einem Stillleben, ehe es wieder zum Leben erwachte. Der Arzt eilte zu dem Mann am Boden hinüber, dicht gefolgt von den Sekundanten. Aufgeregte Stimmen drangen durch die klare Luft. Polly trat zwischen den Pferden hervor, bewegte sich wie in Trance auf den Kreis der Männer zu, die noch immer rauchende Pistole von ihrer Hand herabbaumelnd. »Ich hoffe, ich habe ihn nicht getötet«, sagte sie mit ausdrucksloser Stimme. »Ich hielt es für keine gute Idee, obwohl ich es am
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